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Kurzbeitrag : Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts : aus der RDV 4/2014, Seite 206 bis 208

Bonn*LL.MRAin Yvette REIF
Lesezeit 6 Min.

Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD verständigt, Rechtsgrundlagen dafür schaffen, dass die Verbraucherverbände datenschutzrechtliche Verstöße abmahnen und Unterlassungsklage erheben können. Anfang Juni hat nunmehr das zuständige Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt.

In einer Zeit, in der Unternehmer aufgrund der Fortschritte der Informationstechnik immer mehr Daten von Verbrauchern für ihre geschäftlichen Zwecke erheben, verarbeiten und nutzen, werde wirksamer Verbraucherdatenschutz immer wichtiger, so die Gesetzesbegründung. Auch die besten datenschutzrechtlichen Regelungen nützten jedoch wenig, wenn sie nicht wirksam durchgesetzt werden könnten. Die Datenschutzaufsichtsbehörden könnten zwar Verstöße bei der Erhebung und Verwendung von personenbezogenen Daten mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen nach § 38 Abs. 5 BDSG beenden und bei bestimmten Verstößen auch Bußgelder verhängen. Eine flächendeckende Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden scheide aber schon aufgrund der Zahl der Unternehmer und des stetig zunehmenden Umfangs ihres Datenumgangs aus. Häufig würden die Datenschutzaufsichtsbehörden deshalb erst tätig, wenn ihnen Verstöße gegen Datenschutzgesetze mitgeteilt würden. Die Verbraucher selbst scheuten häufig die Kosten und Mühen, die notwendig seien, um Ansprüche auf Löschung, Berichtigung oder Sperrung (§ 35 BDSG) oder ggf. auch Unterlassung (§ 1004 BGB analog) und Schadensersatz (§ 7 BDSG, § 823 Abs. 1 BGB) durchzusetzen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die einzelnen Verbraucher nur in geringem Umfang betroffen sind. Zum besseren Schutz der Verbraucherrechte sollen deswegen neben den betroffenen Verbrauchern und den Datenschutzaufsichtsbehörden auch Verbände und Kammern gegen die unzulässige Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Verbraucherdaten durch Unternehmer vorgehen können, so die Begründung des Referentenentwurfs.

Kern der vorgesehenen Neuregelung ist die Erweiterung des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG). Nach diesem Gesetz können näher spezifizierte Stellen, zu denen insbesondere registrierte Verbraucherschutzverbände, aber auch Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen (z.B. Rechtsanwalts- oder Ärztekammern oder Innungen) und die Industrie- und Handels- bzw. Handwerkskammern zählen, Unternehmen im Wege der sog. Verbandsklage in Anspruch nehmen.

Ein Klagerecht auf Unterlassung beziehungsweise Widerruf besteht aktuell vor allem bei:

  • Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die nach der Inhaltskontrolle (§§ 307- 309 BGB) unwirksam sind (§ 1 UKlaG)
  • Zuwiderhandlungen gegen Verbraucherschutzgesetze (z.B. Vorschriften zu Verbrauchsgüterkauf, Haustürgeschäften, Reiseverträgen, Fernabsatzverträgen) (§ 2 UKlaG)

Durch Anfügen einer neuen Ziffer 11 in den Katalog der Verbraucherschutzgesetze nach § 2 Abs. 2 UKlaG sollen sämtliche „Vorschriften, die für die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten eines Verbrauchers durch einen Unternehmer gelten“, künftig bei Verstoß in gleichem Maße abmahnfähig sein wie die anderen Verbraucherschutzgesetze im Sinne der Vorschrift.

Hintergrund der vorgesehenen Neuregelung ist, dass Datenschutzverstöße nach heutigem Recht nur dann nach dem UKlaG abmahnfähig sind, sofern die verletzten datenschutzrechtlichen Vorschriften, welche im Katalog der Verbraucherschutzgesetze in § 2 Abs. 2 UKlaG bislang nicht ausdrücklich aufgeführt sind, als sonstige Verbraucherschutzgesetze im Sinne der Vorschrift eingeordnet werden. Die zuständigen Zivilgerichte haben datenschutzrechtliche Vorschriften aber bislang überwiegend nicht als Verbraucherschutzgesetze angesehen. Nur ausnahmsweise, etwa wenn eine Allgemeine Geschäftsbedingung auch den Datenschutz regelte, konnten Verbraucherschutzorganisationen eine zu beanstandende Klausel abmahnen und gerichtlich prüfen lassen, so z.B. im Fall vzbv gegen Google, als der vzbv zahlreiche Klauseln aus den Datenschutzbestimmungen beanstandet hatte, in denen sich das Unternehmen sehr weitgehende Nutzungsrechte im Hinblick auf die Daten der Verbraucher einräumte. Die vorgeschlagene Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 11 UKlaG-E hätte hier klarstellende Funktion, indem sie den Datenschutzgesetzen ganz allgemein Verbraucherschutzcharakter zuspricht und so die Klagebefugnis der Verbraucherschutzorganisationen verbindlich festlegt. Vorgegangen werden kann dann durch die klageberechtigten Stellen nicht mehr nur gegen den Verbraucher unangemessen benachteiligende Datenschutzklauseln, sondern auch gegen Datenschutzverstöße in Form reiner Realakte, wie z.B. eine unzulässige Verwendung personenbezogener Daten zu Werbezwecken.

Die Gesetzesbegründung betont allerdings explizit, dass auch bei einem Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften, die Verbraucherschutzgesetze nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 UKlaG-E sind, sich Ansprüche nach § 2 Abs. 1 UKlaG nur dann ergeben können, wenn der jeweilige Verstoß die Kollektivinteressen von Verbrauchern berührt (vgl. § 2 Abs. 1 UKlaG: „im Interesse des Verbraucherschutzes“). Dies sei nur der Fall, wenn die Datenschutzverletzung ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach über den Einzelfall hinausreiche und eine generelle Klärung geboten erscheinen lasse. Letzteres sei vor allem dann gegeben, wenn Unternehmer die Daten vieler Verbraucher zu kommerziellen Zwecken in gleicher Weise erheben, verarbeiten oder nutzen.

Ein Unterlassungsanspruch kann darüber hinaus nicht geltend gemacht werden, wenn die Geltendmachung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen (§ 2 Abs. 3 UKlaG). Um einem Missbrauch der Ansprüche nach dem UKlaG besser vorzubeugen, soll der Anwendungsbereich dieser Missbrauchsregelung erweitert werden. Hierzu soll sie in einen neuen § 2b UKlaG-E („Missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen“) überführt werden, welcher anders als bisher § 2 Abs. 3 UKlaG auch für die Ansprüche nach § 1 UKlaG gilt. Der Inhalt der Missbrauchsregelung soll zudem an den der Missbrauchsregelung in § 8 Abs. 4 UWG angepasst werden. Wie in § 8 Abs. 4 Satz 2 UWG soll ein besonderer Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten vorgesehen werden. Dieser Anspruch soll jedem zustehen, gegen den rechtsmissbräuchlich nach dem Unterlassungsklagengesetz vorgegangen wird.

Um wirksamen Rechtsschutz gegen datenschutzrechtliche Verstöße gewährleisten zu können, ist zudem vorgesehen, den Anspruch nach § 2 UKlaG um einen Anspruch auf Beseitigung zu ergänzen. Datenschutzverstößen könne allein durch einen Unterlassungsanspruch nicht immer wirksam begegnet werden, so die Entwurfsbegründung. Sofern ein Unternehmer Daten unzulässig gespeichert hat, reiche es nicht aus, dass er das Speichern künftig unterlasse. Er müsse auch verpflichtet werden können, die betreffenden Informationen zu löschen bzw. zu sperren.

Weitere Regelungen des Gesetzentwurfs betreffen die Anpassung der Anspruchsberechtigung der Verbraucherverbände und Kammern nach dem UKlaG und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Auch sollen die Voraussetzungen, die Verbände für die Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen erfüllen müssen (§ 4 Abs. 2 UKlaG), präzisiert werden. Durch Änderung des § 4 Abs. 1 UKlaG soll das Bundesamt für Justiz außerdem gesetzlich verpflichtet werden, die Liste der qualifizierten Einrichtungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Damit soll gewährleistet werden, dass auf der Internetseite des Bundesamtes für Justiz immer die aktuelle Liste der qualifizierten Einrichtungen zu finden ist.

Neben dem UKlaG kommt als Rechtsgrundlage für ein Klagerecht der Verbraucherschutzverbände etc. bei Datenschutzverstößen auch das UWG in Betracht (§ 8 Abs. 3). Dies setzt allerdings voraus, dass sich die Datenschutz- zugleich auch als eine Wettbewerbsverletzung darstellt. Nach § 4 Nr. 11 UWG liegt unlauteres Handeln u.a. dann vor, wenn einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt wird, „die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln“ (sog. Vorsprung durch Rechtsbruch). Die Rechtsprechung zu der Frage, inwiefern Datenschutzbestimmungen als Marktverhaltensregeln anzusehen sind, ist aber ebenfalls uneinheitlich.

Zusätzlich zu den auf das Verbandsklagerecht bezogenen Änderungen soll schließlich mit dem geplanten Gesetz eine Änderung des AGB-Rechts herbeigeführt werden. § 309 Nr. 13 BGB soll dergestalt geändert werden, dass durch AGB-Bestimmungen künftig keine strengere Form als die Textform (bisher: Schriftform) für Erklärungen und Anzeigen, die gegenüber dem Verwender der AGB oder einem Dritten abzugeben sind, vereinbart werden kann. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass insbesondere auch die Beendigung von Verträgen für Verbraucher nicht unnötig erschwert wird und diese immer einfach feststellen können, wie die vereinbarte Form zu erfüllen ist. Klargestellt werden sollen darüber hinaus die sFormanforderungen im Zusammenhang mit Informationspflichten zu Standardgeschäften (§ 675a BGB). Auch hier soll eine Information in Textform ausreichen.

* Die Autorin ist stellvertretende Geschäftsführerin der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V., Bonn.