Kurzbeitrag : Aus den aktuellen Berichten und Informationen der Aufsichtsbehörden (52): Einzelaspekte der Verarbeitungen von Beschäftigtendaten in Kap. 8 des TB 2020 der LfDI Berlin : aus der RDV 5/2021, Seite 264 bis 265
Zusammengestellt und kommentiert von Prof. Peter Gola*
I. 360-Grad-Feedback am Arbeitsplatz
1. Zulässigkeitsbedingungen
In sog. 360-Grad-Feedbacks wird die Arbeitsleistung von Beschäftigten durch mehrere Personen bewertet. Die BlnLfDI, sieht hier die Gefahr, dass der möglicherweise genaueren Einschätzung der Arbeitsleistung die Gefahr einer unzulässigen Ausweitung der Datenverarbeitung gegenüber steht: Ergänzend zu der Einschätzung durch Vorgesetzte wird eine Selbsteinschätzung abverlangt; zudem geben Mitarbeiter auch aus anderen Teilen des Unternehmens eine Beurteilung zu der jeweiligen Person ab. Abhängig von den angewandten Methoden könne so ein sehr umfassendes Bild der Tätigkeit der Beschäftigten entstehen.
Die LfDI sieht bei Führungskräften diese Art der Leistungsbeurteilung gleich wohl als grundsätzlich zulässig an. Sie hat Bedenken, wenn dieses Konzept auch bei Beschäftigten ohne oder mit nur untergeordneten Führungsaufgaben praktiziert wird: „So vorteilhaft solche Verfahren auf der einen Seite bei der beständigen Entwicklung von Organisationen sein können, so problematisch kann auf der anderen Seite die Bewertung durch mehrere Personen für die einzelnen Beschäftigten sein. Anders gesagt: Eine beschäftigte Person muss im Zweifel nicht nur bei Begegnungen mit der Chefin oder dem Chef jederzeit damit rechnen, dass ihr Verhalten das nächste Zeugnis beeinflusst, sondern auch bei jeder Begegnung mit einer anderen Person des Unternehmens, da auch diese Begegnungen Auswirkungen auf die nächste Beurteilung und damit auch auf das weitere Berufsleben haben könnten. Die Folge kann ein permanenter Überwachungsdruck und Stress sein, der sich aus der Sorge um das berufliche Fortkommen ergibt.“
Gleichwohl sieht die LfDI ein 360-Grad-Feedback auch hier nicht grundsätzlich als unzulässig an, sofern datenschutzrechtliche Vorgaben eingehalten werden.
Das heißt vor allem, dass am Arbeitsplatz kein dauerhafter Überwachungsdruck entstehen darf, dass auf den Grundsatz der Datenminimierung geachtet wird und dass die klassischen Betroffenenrechte, wie z.B. das Recht auf Auskunft, sichergestellt sein müssen.
Um einem permanenten Überwachungsdruck der Beschäftigten entgegenzuwirken und die Datenverarbeitung einzuschränken, genüge eine Bewertung durch drei Personen, mit denen der Bewertete einverstanden sein müsse. Zudem dürfe jeweils nur noch auf die Bewertungen des vorangegangenen Zyklus zurückgegriffen werden, um Entwicklungen und Unstimmigkeiten ggf. nachvollziehen zu können. Hiervon ausgenommen ist das Endergebnis: Dieses darf wie ein reguläres Arbeitszeugnis zur Personalakte genommen und für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gespeichert werden.
2. Auskunftsrecht der Beschäftigten
Als klärungsbedürftig sah es die LfDI an, wie hier mit Auskunftsersuchen der Beschäftigten umzugehen sei. Das Unternehmen hielt es für problematisch, dass Bewertete Einsicht in alle erstellten Bewertungen und ggf. auch in die Kommentare der am Ende beratenden Gremien erhalten. Eine Sorge war, dass sich die Bewertenden bei einem umfassenden Auskunftsrecht unter Umständen nicht mehr trauen würden, die Bewertung ehrlich zu formulieren. Befürchtet wurden auch unliebsame Auswirkungen auf die Persönlichkeitsrechte der Bewertenden.
Da die bewertenden Personen jedoch eine Aufgabe des Arbeitgebers wahrnehmen, indem sie Vorarbeiten zu einem Arbeitszeugnis leisten, können ihre Rechte nach Ansicht der LfDI nicht pauschal überwiegen. Jedoch sieht sie zwei Einschränkungen als zulässig an: Zum einen sei es möglich, eine vollständige Auskunft erst nach Abschluss des Bewertungszyklus zu erteilen, damit der Bewertungsprozess nicht beeinflusst werde. Zum anderen müsse keine Auskunft über die Bewertungen untergeordneter Personen gegeben werden, da diese sonst Bedenken haben könnten, eine solche Aufgabe zu übernehmen.
Da im übrigen Beschäftigte, die nicht an dem Bewertungssystem teilnehmen wollen, keine Nachteile zu befürchten haben, hielt die BlnLfDI das Verfahrens unter diesen Vorgaben für zulässig.
II. Begrenzt das Datenschutzrecht die Kollektivrechte von Beschäftigten?
Keine Bedenken hat die BlnLfDI, dass wenn in einer Betriebsvereinbarung zusätzlich zu den gesetzlich normierten Personalvertretungsgremien die Position einer Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten geschaffen wird, diese gemäß der ihr zugewiesenen Aufgaben personenbezogene Daten wie bspw. Bewerbungsunterlagen erhalten dürfe. Aus dem Datenschutzrecht würden sich weder Begrenzungen für die aufgabenbezogenen Datenverarbeitungen von Beschäftigtenvertretungen noch Beschränkungen auf gesetzlich oder kollektivrechtlich vorgeschriebene Gremien ergeben.
III. Welcome-Back-Gespräche
Sog. „Welcome Back-Gespräche“, die auf der Basis einer Betriebsvereinbarung mit aus krankheitsbedingter Abwesenheit zurückgekehrten Arbeitnehmern auf freiwilliger Basis geführt werden, sind nach Ansicht der BlnLfDI im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zulässig, wenn es Zweck der Gespräche ist, die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten und den Arbeitsplatz langfristig zu sichern und deshalb Gegenstand der Gespräche nicht die Krankheit sind, sondern ausschließlich die Arbeitssituation, die Arbeitstätigkeit und das Betriebsklima eine Rolle spielen.
Dabei seien zwei Arten von Gesprächen zulässig:
Bei einer Abwesenheit von bis zu sieben Tagen begrüßen die Vorgesetzten die Beschäftigten und erkundigen sich nach dem Befinden.
Der zweite Gesprächstyp wird bei einer Abwesenheit von mehr als sieben Tagen angeboten und innerhalb der ersten fünf Tage nach Rückkehr geführt. Thema ist hier, ob betriebsbedingte Gründe für die Ausfallzeiten verantwortlich sind. Solche Gründe werden ggf. dokumentiert. Ohne betriebsbedingte Krankheitsgründe wird das Gespräch nicht weitergeführt und auch nicht dokumentiert. Sollten betriebsbedingte Gründe vorliegen, sollen die Vorgesetzten versuchen, diese möglichst zu beseitigen. Die LfDI akzeptierte dieses Verfahren, da ein Arbeitgeber i.d.R. befugt sei, sich nach dem allgemeinen Befinden der Beschäftigten in Bezug auf das Arbeitsverhältnis zu erkundigen und – dies jedoch nur unter hier eingehaltenen engen Voraussetzungen – dabei Gesundheitsdaten zu erheben.
IV. Offenlegung der Gründe für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses
Die LfDI nahm ferner Stellung dazu, wann Arbeitgeber die Gründe für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Dritten, d.h. der Belegschaft oder Kunden, mitteilen dürfen. Im konkreten Fall wollte der Arbeitgeber mit der Information den Betriebsfrieden wiederherstellen und Zweifel darüber ausräumen, ob die im Betrieb diskutierte Kündigung berechtigt war. Daten von Beschäftigten dürfen nur verarbeitet werden, sofern dies für die Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Nach der BlnLfDI ist es zwar ggf. notwendig, andere Personen über das Ausscheiden von Beschäftigten zu informieren, nicht jedoch über deren Gründe. In aller Regel sei die Information, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet wurde, das Einzige, was ggf. den Beschäftigten mitzuteilen sei.
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* Der Autor ist Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V., Bonn.