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Urteil : Grenzen der arbeitsrechtlich zulässigen Einsichtnahme in auch privat genutzte E-Mail- und WhatsApp-Verläufe : aus der RDV 5/2023 Seite 320 bis 323

(LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Januar 2023 – 12 Sa 56/21 –)

Rechtsprechung
Lesezeit 11 Min.

Relevanz für die Praxis

Das LAG Baden-Württemberg zeigt in der vorliegenden Entscheidung einmal mehr auf, dass der richtige Umgang mit Kommunikationsmitteln im Unternehmen nicht zu unterschätzen ist. Im Rahmen der Prüfung eines Sachvortragsverwertungsverbotes führt das LAG aus, dass die Einsichtnahme in dienstliche Kommunikationsmittel, die erlaubterweise privat genutzt werden, einer verschärften Verhältnismäßigkeitskontrolle unterliegt. Eine verdachtsunabhängige Überprüfung durch den Arbeitgeber darf dann in aller Regel nicht verdeckt erfolgen. Kontrollmaßnahmen des Arbeitgebers sind im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung als einheitlicher Vorgang zu beurteilen. Eine Differenzierung nach einzelnen Daten ist nicht zulässig, da der Arbeitgeber andernfalls „ins Blaue hinein“ Einsicht in auch privat genutzte Kommunikationskanäle nehmen und im Einzelfall zulässig erhobene Daten verwerten könnte.

Spannend ist die Entscheidung auch mit Blick auf die Zulässigkeit der privaten Nutzung dienstlicher Kommunikationskanäle: Hat der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten, ist diese im Zweifel zulässig. Arbeitgeber sollten daher darauf achten, den Umgang mit dienstlichen Kommunikationsmitteln klar zu regeln.

  1. Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot we‑ gen einer Verletzung des gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs.  1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Partei kann sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts ergeben. […]
  2. Bei erlaubter Privatnutzung eines dienstlichen E-MailAccounts darf eine verdachtsunabhängige Überprüfung durch den Arbeitgeber in aller Regel nicht verdeckt erfolgen. Vielmehr muss dem Arbeitnehmer angekündigt werden, dass und aus welchem Grund eine Verarbeitung von E-Mails stattfinden soll. Es muss ihm die Gelegenheit gegeben werden, private Nachrichten in einem ge‑ sonderten Ordner zu speichern, auf den kein Zugriff erfolgt. […]
  3. Gegenstand der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung ist ein Verarbeitungsvorgang in seiner Gesamtheit. Eine Atomisierung eines einheitlichen Kontrollvorgangs dahingehend, dass betreffend jedes ausgewertete Datum (z.B. jede E-Mail) gesondert eine Prüfung anhand von § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG zu erfolgen hat, ist unzulässig.

Aus den Gründen:

aa) Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot wegen einer Verletzung des gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Partei (vgl. auch Art.  8 Abs.  1 EMRK) kann sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts – etwa von §  138 Abs. 3, § 286, § 331 Abs. 1 S. 1 ZPO – ergeben. Wegen der nach Art. 1 Abs. 3 GG bestehenden Bindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte und der Verpflichtung zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung hat das Gericht zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist. Das Grundrecht schützt neben der Privat- und Intimsphäre und seiner speziellen Ausprägung als Recht am eigenen Bild auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BAG 27. Juli 2017 – 2 AZR 681/16 – Rn. 16). […]

Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. […]

War die fragliche Maßnahme nach den Bestimmungen des BDSG […] nicht erlaubt, folgt hieraus regelmäßig ein Verbot der Verwertung der unzulässig beschafften Daten und Erkenntnisse. […]

bb) Unter Anwendung dieser Maßstäbe besteht ein umfassendes Verwertungsverbot bezüglich der E-Mails und WhatsApp-Nachrichten. […]

(2) Sowohl die Weitergabe der E-Mails von der Beklagten an den Gesellschafter K1 als auch das Lesen der E-Mails und WhatsApp-Nachrichten des Klägers stellen eine Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten dar, die an § 26 Abs. 1 BDSG zu messen ist. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die Privatnutzung dienstlicher Kommunikationsmittel erlaubt war oder nicht. Auch bei einem Verbot der Privatnutzung muss eine Verarbeitung nach zutreffender und auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellter Ansicht den Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 BDSG entsprechen (statt aller Akkilic NZA 2020, 623, 625; Maschmann NZA-Beilage 2018, 115, 122; Wybitul NJW 2014, 3605, 3606; Kramer PersLex, E-MailNutzung, beck-online).

Gleichwohl spielt die Frage nach der Zulässigkeit einer erfolgten Privatnutzung für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung eine wichtige Rolle (Maschmann a.a.O. m.w.N.). Hat der Arbeitgeber nur eine dienstliche Nutzung von E-Mails bzw. anderen betrieblichen Kommunikationsmitteln erlaubt, gehen seine Einsichtsmöglichkeiten erheblich weiter als bei einer erlaubten Privatnutzung (Akkilic a.a.O.; Wybitul a.a.O.). Hat der Arbeitgeber den Privatgebrauch kraft Weisungsrechts generell untersagt, sind Kontrollen grundsätzlich zulässig, schon um die Einhaltung des Verbots zu überprüfen. Grenzen für die Überwachung zieht „nur“ § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG und der dort verankerte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. […]

(3) Hat der Arbeitgeber die private Nutzung ausdrücklich gestattet oder sie zumindest widerspruchlos geduldet, wird in der Literatur vielfach die Ansicht vertreten, dass der Arbeitgeber dann als Anbieter von Telekommunikationsdiensten i.S.d. § 3 Nr. 6 TKG a.F. bzw. von Telemedien i.S.d. § 2 Nr. 1, § 11 TMG a.F. gilt mit der Folge der Anwendbarkeit des Fernmeldegeheimnisses nach § 88 TKG a.F., § 206 StGB (Brink/Schwab ArbRAktuell 2018, 111, 112; Maschmann a.a.O. S. 122 f; Akkilic a.a.O.; A.A. Fokken NZA 2020, 629 ff). Befinden sich auf dem Endgerät eines Mitarbeiters sowohl dienstliche als auch private E-Mails, die unter den Schutz des Fernmeldegeheimnisses fallen, besteht nach dieser Ansicht bei erlaubter Privatnutzung ein umfassendes Verarbeitungsverbot für die privaten E-Mails, das auch auf die im Übrigen zulässige Verarbeitung der dienstlichen E-Mails „durchschlägt“ (so Maschmann a.a.O. S. 123; Mengel NZA 2017, 1494, 1496; ders. Compliance, § 7. Datenschutz und Kontrolle am Arbeitsplatz Rn. 42: Die Privatnutzung „infiziert“ die dienstliche Nutzung)

Soweit die Anwendbarkeit von §  88 TKG a.F. bei abgeschlossenem Versandvorgang (LAG Hessen, 21.07. 2018 – 10 Sa 601/18 – Rn. 71) oder grundsätzlich (Fokken a.a.O.) abgelehnt wird, wird die große Schutzbedürftigkeit von Äußerungen in privaten E-Mails jedenfalls im Rahmen einer verschärften Verhältnismäßigkeitskontrolle bei der Prüfung von § 26 Abs. 1 S.  1 BDSG berücksichtigt (LAG Hessen, a.a.O. Rn. 91; Fokken a.a.O.: ebenso Thüsing Beschäftigtendatenschutz, § 9, Speicherung und Sichtung von E-Mails und E-Mail-Logfiles Rn. 44, beck-online). So muss der Arbeitnehmer bei erlaubter Privatnutzung vor einer Maßnahme regelmäßig vorab informiert und ihm die Gelegenheit gegeben werden, private Nachrichten in einem gesonderten Ordner zu speichern, auf die kein Zugriff erfolgt (vgl. Akkilic a.a.O.). Eine verdeckte Auswertung eines auch zur Privatnutzung freigegebenen E-Mail-Accounts „ins Blaue hinein“ ist unzulässig (LAG Hessen a.a.O. Rn. 91).

Nach beiden Ansichten führt mithin die Erlaubnis oder Duldung der Privatnutzung zu einer massiven Beschränkung der arbeitgeberseitigen Befugnisse (Maschmann a.a.O. S. 123; Thüsing a.a.O.). […]

(5) Vorliegend geht die Kammer bereits hinsichtlich der umfangreichen Auswertung der E-Mails des Klägers von einem Sachvortragsverwertungsverbot aus. Die erfolgte Weitergabe aller E-Mails zur Auswertung durch Gesellschafter K1 war unverhältnismäßig gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG. Dies gilt nach Ansicht der Kammer sogar dann, wenn man von einer unerlaubten Privatnutzung ausgeht. Angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls geht die Kammer indes sogar davon aus, dass der Kläger berechtigterweise eine Erlaubnis zur privaten Nutzung annehmen durfte.

a) Der Begriff der „Erforderlichkeit“ in § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG ist genauso zu verstehen wie bisher im Rahmen des § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG a.F., d.h. im Sinne einer strikten Geltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Kühling/Buchner/Maschmann, 3. Aufl. 2020, BDSG § 26 Rn. 19). Danach muss die vom Arbeitgeber gewählte Art und Weise einer Datenverarbeitung für die Verwirklichung der (zulässigerweise) verfolgten Zwecke überhaupt geeignet sein. Es dürfen keine anderen, zur Zielerreichung gleich wirksamen und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Angemessenheit) ist gewahrt, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe steht. Die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung darf keine übermäßige Belastung für den Arbeitnehmer darstellen und muss der Bedeutung des Informationsinteresses des Arbeitgebers entsprechen (BAG 27. Juli 2017 – 2 AZR 681/16 – BAGE 159, 380 ff, Rn. 30).

(b) Die Beklagte führt als Zweck für die Überlassung sämtlicher E-Mails des Klägers an Gesellschafter K1 aus, dass dieser sich einen Überblick über den Umfang der Tätigkeit und die konkreten Aufgaben, die der Kläger bis dahin erledigt hatte, habe verschaffen wollen, um in der Gesellschafterbesprechung am 30. Juni 2020 eine Aussage zu der Frage treffen zu können, welche Organisationsentscheidung bei der Beklagten im Hinblick auf den Arbeitsplatz des Klägers aufgrund seines Abwanderungswillens zu treffen sei.

(c) Wenn man diesen – vom Kläger bestrittenen – Zweck der Maßnahme als wahr unterstellt, war die konkrete Datenerhebung im erfolgten Umfang unverhältnismäßig, da sie weder geeignet noch erforderlich war.

Die Auswertung der E-Mails erfolgte für die komplette Dauer des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Die beklagtenseits vorgelegten E-Mails zu der vom Kläger durchgeführten Präsentation des Unternehmens gegenüber H-Mitarbeitern datieren bereits von Januar 2016. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch nicht einmal als Vertriebsleiter tätig. Es ist weder vorgetragen noch für die Kammer ansonsten erkennbar, inwieweit aus 4,5 Jahren alten E-Mails, die während der Dauer einer anderen Aufgabenwahrnehmung verfasst wurden, irgendwelche brauchbaren Informationen für eine zu treffende Entscheidung über die Änderung der derzeitigen Arbeitsorganisation deduziert werden könnten. Die Maßnahme war in ihrer konkreten Ausgestaltung damit größtenteils nicht einmal zweckdienlich und damit insoweit ungeeignet.

Jedenfalls war sie nicht erforderlich, weil weniger eingriffsintensive mildere Mittel zur Verfügung standen. […]

(d) Die danach bestehende mangelnde Erforderlichkeit der Maßnahme wird durch die aus Sicht der Kammer gestattete Privatnutzung des E-Mail-Accounts verschärft. […]

(bb) Es ist in der Literatur umstritten, welcher Grundsatz gilt, wenn eine klare Regelung hinsichtlich der Privatnutzung eines dienstlichen E-Mail-Accounts nicht besteht, wobei die wohl herrschende Auffassung von einem Verbot der Privatnutzung bei Fehlen einer ausdrücklichen Erlaubnis ausgeht (siehe Maschmann, NZA-Beil. 2018, 115 Fn. 95 zum Meinungsstand mwN; zur wohl h.M. etwa BeckOK DatenschutzR/Riesenhuber, 42. Ed. 01.11.2022, BDSG § 26 Rn. 170, zur Gegenansicht: Brink/Wirtz ArbRAktuell 2016, 255, 255).

Gegen die Annahme eines pauschalen Verbots bei Nichtregelung der Privatnutzung durch den Arbeitgeber könnte nach Ansicht der Kammer sprechen, dass mittlerweile wohl die meisten Unternehmen in Deutschland ihren Mitarbeitern gestatten, auch private E-Mails in bestimmtem Umfang über ihren geschäftlichen Zugang zu versenden oder zu empfangen (zu diesem empirischen Befund Wybitul NJW 2014, 3605, 3607 m.w.N.). Die Privatnutzung eines dienstlichen E-Mail-Accounts ist im Arbeitsleben heutzutage kein Ausnahmefall, sondern durchaus üblich.

Zudem erscheint die von der Gegenansicht (etwa Thüsing a.a.O. Rn. 37; Mengel Compliance, § 7. Datenschutz und Kontrolle am Arbeitsplatz Rn. 41) gezogene Parallele zur sonstigen Unternehmenspost nur bedingt zu überzeugen. Gerade in Bereichen wie dem Vertrieb, in dem es auf den Aufbau von persönlichen Kontakten zu Kunden ankommt, werden neben geschäftlichen Informationen oftmals auch persönliche Informationen in E-Mails integriert, die im vordigitalem Zeitalter per Geschäftsbrief nicht gleichermaßen mit Kunden schriftlich ausgetauscht worden wären. Gleiches gilt beim E-Mail-Verkehr zwischen Kollegen, die oftmals untereinander auch private Freundschaften pflegen. […] Es spricht demnach einiges dafür, dass ein Arbeitgeber, der mit der Privatnutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts nicht einverstanden ist, dieses übliche Nutzungsverhalten auch ausdrücklich verbieten muss (i.E. ebenso Brink/Wirtz a.a.O.).

(cc) Letztlich kann die Frage nach dem generellen Regel-, Ausnahmeverhältnis aber dahinstehen. Denn selbst wenn man im Grundsatz von einem Verbot der Privatnutzung ausgehen wollte, wäre aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls hier etwas anderes anzunehmen.

Der Kläger nutzte sowohl für seine private als auch für seine dienstliche Kommunikation umfassend das ihm überlassene iPhone. Er hatte den Erhalt eines rein dienstlichen Smartphones abgelehnt, weil er insgesamt nur ein Gerät für alle privaten und dienstlichen Belange nutzen wollte. Insoweit waren die Parteien sich einig, dass der Kläger seine bislang ausschließlich private SIM-Karte und Mobilfunknummer einbrachte und fortan auch dienstlich nutzte. Die private SIM-Karte sowie die mitgebrachte Mobiltelefonnummer waren für Telefonate, SMS und zur Nutzung des mit der Mobilfunknummer verbundenen Messenger-Dienstes WhatsApp zwingend erforderlich. Insoweit ist – wie das Arbeitsgericht bezüglich WhatsApp vollkommen zutreffend ausgeführt hat – eine einvernehmliche Mischnutzung für private und dienstliche Belange anzunehmen.

Wenn aber hinsichtlich dieser Kommunikationsformen eine einvernehmliche Mischnutzung vorliegt, durfte der Kläger davon ausgehen, dass sich diese Erlaubnis auch auf den dienstlichen E-Mail-Account erstreckte, selbst wenn dieser nicht unmittelbar von SIM-Karte und Mobilfunknummer abhängig war. […]

(6) Der Verstoß gegen § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG führt gemäß den oben dargelegten Grundsätzen vorliegend auch zu einem Sachvortragsverwertungsverbot. Es sind keine weiteren, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehenden Aspekte vorgetragen oder ansonsten erkennbar, welche die in Frage stehende Informationsbeschaffung ausnahmsweise als gerechtfertigt ausweisen. […]

(7) Schließlich ist auch die Ansicht der Beklagten, es müsse für jede E-Mail gesondert eine Prüfung von § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG und eines Sachvortragsverwertungsverbots vorgenommen werden, unzutreffend. Eine derartige Atomisierung eines einheitlichen Verarbeitungsvorgangs würde dazu führen, dass der Arbeitgeber selbst bei einer umfassenden, verdachtsunabhängigen und verdeckten Kontrollmaßnahme ins „ins Blaue hinein“ bei erlaubter Privatnutzung, einzelne Daten, die er zulässig hätte erheben können, verwerten darf. […]

(8) Die Auswertung der WhatsApp-Nachrichten durch die Beklagte war ebenfalls unzulässig und führt gleichfalls zu einem Sachvortragsverwertungsverbot. Dies hat das Arbeitsgericht in der Sache zutreffend erkannt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts sowie die oben im Rahmen der E-Mail-Auswertung dargelegten Grundsätze verwiesen. […]

(b) Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis auch zutreffend entschieden, dass eine Einwilligung in die Auswertung der WhatsApp-Nachrichten nicht vorliegt. Insbesondere kann in der Aushändigung des Smartphones an die Beklagte durch den Kläger eine solche Einwilligung nicht erkannt werden. Dies folgt schon daraus, dass hierdurch das Formerfordernis aus § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG, wonach die Einwilligung grundsätzlich schriftlich oder elektronisch zu erfolgen hat, nicht gewahrt ist und auch keine Umstände für einen Ausnahmefall (§ 26 Abs. 2 S. 3 BDSG) behauptet oder ansonsten erkennbar sind. […]

Zur Vertiefung:

Claus/Reif, Praxisfälle zum Datenschutzrecht VIII: Zugriff auf Mitarbeiter-E-Mails = RDV 1/2021

[Beschluss] Zum Beseitigungsanspruch des Betriebsrats = RDV 4/2021

[Urteil] Sachvortragsverwertungsverbot bei Auswertung privater E-Mails = RDV 5/2019

[Urteil] Kein Fernmeldegeheimnis bei privater E-Mail-Nutzung am Arbeitsplatz = RDV 6/2017