Literaturhinweis : Schutzpflichten und Dritt wirkung im Internet. Das Grundgesetz im digitalen Zeitalter : aus der RDV 6/2014, Seite 353 bis 354
Utz Schliesky/Christian Hoffmann/Anika D. Luch/Sönke E. Schulz/Kim Corinna Borchers, Schutzpflichten und Drittwirkung im Internet – Das Grundgesetz im digitalen Zeitalter, DIVSI-Perspektiven Band I, Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 2014, 184 S., 48,00 €
Die Schrift ist der erste Band einer vom Deutschen Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet konzipierten neuen Schriftenreihe. Die stattfindende Diskussion um die Frage, ob der Staat die umfassende Sicherheit der Bürger im Netz, die Vertraulichkeit ihrer Daten und die Integrität ihrer informationstechnischen Systeme garantieren muss bzw. kann, wird eingeleitet durch ein Geleitwort von Roman Herzog. Ausgangspunkt sind die Debatten um die umfangreichen Ausspähaktivitäten der NSA und zum problematischen Umgang privater Internetdienste mit den personenbezogenen Daten der Nutzer auf, durch welche neue Bedrohungsszenarien offenbart und daraus resultierende Schutzdefizite im globalen digitalen Raum aufgedeckt wurden. Infolgedessen wird häufig das Grundgesetz herangezogen und kritisiert, dass es nur defizitären Schutz im Rahmen internationaler Kommunikation und Interaktion gewährleiste.
Daher erscheint es folgerichtig zu analysieren, inwiefern es sinnvoll ist, die grundrechtlichen Wirkungsdimensionen fortzuentwickeln. Schutzpflichten und mittelbare Drittwirkung sind anerkannte Argumentationsmuster, die sich jedoch auch im digitalen Raum bewähren müssen. Darüber hinaus werden weitere denkbare Reaktionsmöglichkeiten des Staates untersucht, damit dieser seinem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag möglichst vollumfänglich nachkommen kann, wobei sich diese in rechtliche und tatsächliche Reaktionsmöglichkeiten einteilen lassen.
Dort, wo das Grundgesetz anwendbar ist und Geltung beansprucht, vermittelt es effektiven Schutz, dort wo es nicht gilt, handelt es sich um das falsche Regelungsinstrument, so dass auch eine Fortentwicklung nicht zielführend ist. Eine nationalstaatliche Verfassung und ihre Grundrechte, auch in einer erweiterten Wirkungsperspektive, sind nicht geeignet, internationale Sachverhalte zu reglementieren. Ob und wie sich diese „Lücke“ zeitnah schließen lässt, kann hier nicht weiter vertieft werden. Es ist jedoch an der Zeit, eine gesellschaftliche Diskussion über die Rolle des Staates in der digitalen, kaum noch nationalstaatlich steuerbaren Welt zu führen. Es bleibt zu hoffen, dass die ernüchternde Einschätzung zur Frage, ob die Politik und Gesellschaft bereit wären, die Herausforderungen von Big Data zu bewältigen, nicht ganz allgemein für die hier beschriebenen aktuellen Konfliktlinien der digitalen Welt gilt.
(Redaktion)