Editorial : Entbürokratisierung des Datenschutzes geht nur über Brüssel : aus der RDV 2/2025, Seite 67
Das Thema Entbürokratisierung ist eines der wichtigen Reformvorhaben in der politischen Diskussion. Die umfassenden Dokumentations- und Informationspflichten werden als Belastung und Innovationshindernis für Wirtschaft und Verwaltung gesehen. Deshalb fordern Jutta Jäkel, Thomas de Maizière, Peer Steinbrück und Andreas Voßkuhle in ihrer Initiative für einen handlungsfähigen Staat, dass die Verpflichtungen im Datenschutz gestrafft, der Anwendungsbereich reduziert und Regeln gelockert werden.
Diese Vorschläge der Experten zur Staatsmodernisierung sollten aufgegriffen und verfolgt werden. Informationspflichten führen in der Tat gegenüber den Betroffenen vielfach zu einer kaum zu bewältigenden Informationsflut. Der Vorschlag, diese zu reduzieren und einen abrufbaren Anspruch auf Informationen zu schaffen, ist sinnvoll. Auch eine Privilegierung der Datennutzung für wissenschaftliche Zwecke sollte ermöglicht werden. Aufgegriffen werden kann auch der Vorschlag, Datenverarbeitung für nicht kommerzielle Tätigkeiten in Vereinen weitgehend von der DS-GVO auszunehmen. Diese Ausnahme könnte auch für Selbstständige im Handwerk gelten.
Für die Umsetzung dieser Vorschläge für die Wirtschaft sind dem nationalen Gesetzgeber aber weitestgehend die Hände gebunden, denn dazu müsste die DS-GVO reformiert werden. Die EU-Kommission scheint hierzu bereit zu sein. Sie plant, ihre Digitalgesetze zu überprüfen.
Einen interessanter Reformvorschlag lieferten der für Digitales zuständige Abgeordnete im EU-Parlament Axel Voss und der Bürgerrechtler Max Schrems. Obwohl diese bisher wenig politisch verbunden sind, haben beide gemeinsam einen für die DS-GVO vorgelegt. Sie kritisieren, dass die DS-GVO nach einem „One-size-fits-all“-Prinzip Unternehmen reguliere mit der Folge, dass kleine und mittlere Unternehmen bürokratisch belastet werden, bei Big-Tech-Riesen aber unklar ist, ob sie sich wirklich an die Vorgaben der DS-GVO halten. Deshalb wird von Voss und Schrems eine Reform der DS-GVO in drei Stufen vorgeschlagen: Eine „Mini-DS-GVO“ soll für Organisationen gelten mit unsensiblen Daten von weniger als 100.000 Personen. Davon seien ungefähr 90 % der Unternehmen betroffen. Eine zweite Stufe soll für Unternehmen gelten, die viele oder sensible Daten verarbeiten. Für diese sollen weitgehend die bestehenden Regelungen als „DS-GVO normal“ gelten. Ein „DS-GVO plus“ wird schließlich für Unternehmen gefordert, deren Geschäftsmodell auf dem Verarbeiten von persönlichen Daten aufbaut wie Werbeanbieter, Datenbroker und große Online-Plattformen. Für diese Unternehmen sollen schärfere Regeln gelten. Insbesondere sollen diese sich verpflichtend von Dritten überprüfen lassen müssen, ob sie sich an die Vorgaben halten.
Eine Synergie der Vorschläge der Experten zur Staatsmodernisierung und von Voss/Schrems kann eine geeignete Grundlage schaffen, den Datenschutz risikoadäquat und damit unbürokratisch zu reformieren.