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Urteil : Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs nach § 21 Abs. 2 S. 2 TDDDG : aus der RDV 3/2025, Seite 161 bis 166

(OLG Bamberg, Beschluss vom 17. Dezember 2024 – 6 W 12/24 –)

Rechtsprechung
Lesezeit 20 Min.

Zu den Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs nach § 21 Abs. 2 S. 2 TDDDG (hier: Auskunft über Daten von Nutzern einer Arbeitgeberbewertungsplattform).

Aus den Gründen:

  1. Die Antragstellerin macht gegen die Beteiligte, die eine Arbeitgeberbewertungsplattform im Internet betreibt, einen Auskunftsanspruch nach § 21 TDDDG geltend. […]
  2. Die gemäß § 21 Abs. 3 S. 8 TDDDG, §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Auskunftsanspruch nach §  21 Abs.  2 S.  2 des Gesetzes über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei digitalen Diensten (TDDDG) besteht nicht. […]

Im Einzelnen:

1. Die Beschwerde muss, wie das Landgericht richtigerweise erkannt hat, von vornherein erfolglos bleiben, soweit sich der Antrag auf die Herausgabe der IP-Adresse bezieht. Nach § 21 Abs. 2 S. 1 TDDDG schuldet die Beteiligte allenfalls Auskunft über die bei ihr vorhandenen Bestandsdaten, nicht aber über Nutzungsdaten. Bestandsdaten sind nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDDDG die personenbezogenen Daten, deren Verarbeitung zum Zweck der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anbieter von Telemedien und dem Nutzer über die Nutzung von Telemedien erforderlich sind. Dazu gehören Name, E-Mail-Adresse und Telefonnummer des Nutzers, nicht aber die IP-Adresse, von der aus Inhalte hochgeladen wurden. IP-Adressen sind Nutzungsdaten im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 3 TDDDG, wonach Nutzungsdaten die personenbezogenen Daten eines Nutzers von Telemedien [sind], deren Verarbeitung erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und abzurechnen. Der Anspruch der Antragstellerin umfasst daher nicht die von ihr verlangte Auskunft über die beim Zugriff auf den Account genutzten IP-Adressen (OLG Schleswig, Beschl. v. 23.03.2022– 9 Wx 23/21, NJW-RR 2022, 770 Rn.  41; Jenny/Piltz, in: Plath, DS-GVO/BDSG/TTDSG, 4. Aufl. 2023, § 2 TTDSG, Rn.  37; Sesing-Wagenpfeil, in: BeckOK IT-Recht, 16. Edition Stand: 01.10.2024, § 2 TTDSG Rn. 15 und Rn. 26; vgl. auch Assion, TTDSG, 2022, § 2 TTDSG Rn. 21). Die Beschwerde erhebt insoweit auch keine ausdrücklichen Einwände.

2. Die Antragstellerin kann jedoch auch nicht die Herausgabe von Bestandsdaten verlangen, da die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch nach § 21 Abs. 2 S. 2 TDDDG nicht erfüllt sind.

a) Ohne Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen ist eine Äußerung nur rechtswidrig oder gar strafbar, wenn sie sich als Schmähung oder Schmähkritik, als Formalbeleidigung oder als Angriff auf die Menschenwürde darstellt. Eine Schmähung im verfassungsrechtlichen Sinn ist gegeben, wenn eine Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr im Grunde nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht. Es sind die Fälle, in denen eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wird, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2021 – 1 BvR 1073/20, NJW 2022, 680 Rn. 29). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall hinsichtlich keiner der in Rede stehenden Äußerungen vor:

aa) Die Antragstellerin kann sich als juristische Person lediglich auf den Schutz ihrer Ehre, nicht aber auf eine Verletzung der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes berufen. Auch Formalbeleidigungen liegen in keinem Fall vor.

bb) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin erfüllt auch keine der beanstandeten Bewertungen die Voraussetzungen einer Schmähung oder Schmähkritik. […]

b) Folglich ist im Streitfall für jede der beanstandeten Äußerungen eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die den betroffenen Rechtsgütern und Interessen drohen, vorzunehmen. Im Streitfall ist zwischen der Meinungsfreiheit und der „Geschäftsehre“ abzuwägen, wobei letztere den sozialen Geltungsanspruch von Kapitalgesellschaften als Wirtschaftsunternehmen und die wirtschaftliche Wertschätzung von Unternehmen vor unmittelbaren Beeinträchtigungen, die durch Verbreitung unwahrer Behauptungen über sie herbeigeführt werden, schützt (vgl. BGH, Urt. v. 14.01.2020 – VI ZR 495/18, MDR 2020, 349 Rn. 34; Urt. v. 10.04.2018 – VI ZR 396/16, NJW 2018, 2877 Rn. 15; Urt.v. 04.04.2017 – VI ZR 123/16, NJW 2017, 2029 Rn. 16; Urt. v. 19.01.2016 – VI ZR 302/15, NJW 2016, 1584 Rn. 11 jeweils m.w.N.). Die Belange der Meinungsfreiheit finden dabei vor allem in § 193 StGB Ausdruck, der bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine Verurteilung wegen ehrverletzender Äußerungen ausschließt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass das Unternehmenspersönlichkeitsrecht nicht vorbehaltlos gewährleistet ist. Nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG wird es durch die verfassungsmäßige Ordnung einschließlich der Rechte anderer beschränkt. Zu diesen Rechten gehört auch die Freiheit der Meinungsäußerung aus Art.  5 Abs.  1 S.  1 GG. Auch diese ist nicht vorbehaltlos garantiert. Sie findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen und in dem Recht der persönlichen Ehre. Bei der Auslegung und Anwendung der datenschutzrechtlichen Vorschriften ist dies interpretationsleitend zu berücksichtigen, damit der wertsetzende Gehalt der vorgenannten Grundrechte auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt.

Dies zugrunde gelegt, ergibt sich für die im Streit stehenden Äußerungen das Folgende:

aa) Bezüglich der Bewertung „Schmutz“ (Anlage K 27, Antrag zu k) rügt die Antragstellerin – unzutreffend (vgl. oben Ziffer II.2.a) bb) (2)) – es handele sich um Schmähkritik. Zudem werde die Prüfmöglichkeit der Antragstellerin auf die Richtigkeit der Bewertung und der Arbeitnehmereigenschaft ohne Individualisierung des Bewertenden unterlaufen. Unter dem letztgenannten Gesichtspunkt beanstandet sie auch die Bewertung „Nicht zu empfehlen“, (Anlagen K 21, Antrag zu j).

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats stellt eine Bewertung, wie sie hier in Rede steht, beginnend mit der symbolischen Sternebewertung bis zum Anschluss des Textteils eine einheitliche, grundsätzlich nicht in Einzelteile aufspaltbare Meinungsäußerung dar (Senatsbeschl. v. 14.06.2024 – 6 U 17/24 e, juris Rn. 28 m.w.N.). Bei Äußerungen, in denen sich wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile besonders ins Gewicht (BGH, Urt. v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15, NJW 2016, 2106 Rn. 36; Senatsbeschluss v. 14.06.2024 – 6 U 17/24 e, juris Rn. 30). Dies zugrunde gelegt, handelt es sich – da eine Schmähung wie dargelegt nicht vorliegt – bei den beanstandeten Bewertungen um zulässige Meinungsäußerungen. Ist aber die beanstandete Äußerung nach zivilrechtlichen Maßstäben nicht rechtswidrig, kommt die Verwirklichung von strafrechtlichen Tatbeständen der §§ 185 ff. StGB und ein darauf aufbauender Auskunftsanspruch von vornherein nicht in Betracht (OLG Celle, Beschl. v. 02.04.2024 – 5 W 10/24, MDR 2024, 843 Rn. 31).

(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass, wie die Antragstellerin meint, ihre „Prüfmöglichkeit auf die Richtigkeit der Bewertung und der Arbeitnehmereigenschaft ohne Individualisierung des Bewertenden unterlaufen“ werden würde. Insoweit verkennt die Antragstellerin die Grundsätze der mittelbaren Störerhaftung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Hostprovider, wenn er auf eine mögliche Rechtsverletzung hingewiesen wird, die Berechtigung der Beanstandung klären. Er muss ernsthaft versuchen, sich hierzu die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen (BGH, Urt. v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15, NJW 2016, 2106 Rn. 42). Er hat deshalb regelmäßig die Beanstandung an den für den Inhalt Verantwortlichen weiterzuleiten (BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, NJW 2012, 148 Rn. 27) und diesen zur Stellungnahme dazu anzuhalten (BGH, Urt. v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15, NJW 2016, 2106 Rn. 43). Die Aufgabe, die Arbeitnehmereigenschaft des Bewerters zu überprüfen und eine erste Sachaufklärung zu betreiben, kommt damit der Beteiligten zu. Mit dieser Begründung kann die Antragstellerin damit nicht die Herausgabe der Bestandsdaten rechtfertigen.

bb) Hinsichtlich der Bewertung „Geschäftsführung hat zu wenig Vertrauen – Löschung von negativen Bewertungen“ (Anlage K 10, Antrag zu a) beanstandet die Antragsstellerin die darin enthaltenen Aussagen „Geschäftsführung hat zu wenig Vertrauen – Löschen von Negativbewertungen“, „das ständige Löschen von teils ehrlichen, aber eben negativen Bewertungen“ sowie „das Image wird aufgebessert, indem man alle negativen Bewertungen löschen lässt – wenn es irgendwie möglich ist. – So kann man auch Top Arbeitgeber werden“. Weiter beanstandet die Antragstellerin die Aussagen „Leider viele Vorgesetzte, die ungeeignet für ihre Position sind“ und „Weiterbildung nur auf eigene Kosten“.

(1) Die Antragstellerin ist der Ansicht, die ersten drei Aussagen erfüllten den Paragrafen der Verleumdung nach § 187 Alt. 1 StGB, da der Verfasser hier eine unwahre Tatsache in Beziehung auf die Antragstellerin behaupte, welche geeignet sei, der Antragstellerin die sittlichen, personalen oder sozialen Geltungen abzusprechen. Es sei bei der Beteiligten grundsätzlich nicht möglich negative Bewertungen ohne Weiteres löschen zu lassen, sondern nur, wenn sie gegen die Richtlinien der Website verstießen. Darüber hinaus seien auf dem Bewertungsportal auch negative Bewertungen zum Nachteil der Antragstellerin vorhanden, welche nicht gerügt und demnach auch nicht gelöscht worden seien. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die Antragstellerin noch im Vorjahr den … – Award-2023 aufgrund besonders positiver Bewertungen erhalten habe und mit diesem auf der eigenen Website werbe, seien die Äußerungen geeignet die Antragstellerin öffentlich in ein schlechtes Licht zu rücken. Hilfsweise seien diese Äußerungen nicht erweislich wahr und erfüllten demnach zumindest den Tatbestand der üblen Nachrede gemäß § 186 StGB. Die vierte Äußerung erfülle den Tatbestand der Kreditgefährdung nach § 187 Alt. 2 StGB in qualifizierter Form, hilfsweise den Tatbestand der üblen Nachrede gemäß § 186 StGB. Die Führungsebene der Antragstellerin werde dadurch so dargestellt, als würde diese nicht die notwendigen Qualifikationen erfüllen und fehlbesetzt sein. Die Eignung der Vorgesetzten des Unternehmens der Antragstellerin werde in Frage gestellt und diese dadurch öffentlich diskreditiert. Auch die fünfte Aussage erfülle den Tatbestand der § 187 Alt. 1 und Alt. 2 StGB, da hier bewusst eine nachweislich unwahre Tatsache in Beziehung auf die Antragstellerin behauptet werde. Im Unternehmen der Antragstellerin würden betrieblich notwendige Weiterbildungsmaßnahmen durch interne Schulungen oder durch vom Unternehmen bezahlte Weiterbildungen durchgeführt. Lediglich an Kosten für freiwillige Weiterbildungen von Mitarbeitern außerhalb ihres eigentlichen Arbeitsfeldes erfolge eine Beteiligung nur nach vorheriger Prüfung des Einzelfalles.

Die Beteiligte hat auf das Vorbringen der Antragstellerin erwidert, dass es zu einem wiederholten Hinwirken auf eine Offline-Schaltung von Bewertungen gekommen sei, sei zutreffend, denn aufgrund von Bewertungsbeanstandungen durch die Antragstellerin bei der Beteiligten seien allein in den Jahren 2020 bis 2023 insgesamt 29 Bewertungen offline geschaltet worden. Gemessen an den derzeit noch auf der Unternehmensprofilseite der Antragstellerin vorhandenen 32 Bewertungen seien dies 47,5% aller seit 2020 abgegebenen Bewertungen (vgl. wegen weiterer Einzelheiten Anlage B 1). Auch die Aussage „Weiterbildung nur auf eigene Kosten“ sei nicht unwahr, denn wie die Antragstellerin selbst einräume, werde sich an den Kosten von Weiterbildungen außerhalb des eigentlichen Arbeitsumfeldes nicht oder „nur nach vorheriger Prüfung“ beteiligt (S.  8, letzter Absatz der Antragsbegründung). Des Weiteren habe der Nutzer diese Aussage in einem Schreiben vom 08.08.2023 näher substanziiert, indem er ausgeführt habe, dass er einige Schulungen angefragt habe, diese aber meistens abgelehnt worden seien, und dass lediglich hausinterne oder rechtlich notwendige Schulungen auf Kosten der Antragstellerin durchgeführt worden seien. Nicht genehmigte Schulungen seien nur auf eigene Kosten unter der Voraussetzung der Freistellung möglich gewesen (vgl. wegen weiterer Einzelheiten Anlage B 1).

(2) Nach alledem begegnet es im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht die Anspruchsvoraussetzungen vereint hat. Zwar hat es jede der beanstandeten Äußerungen einzeln geprüft und nicht in den Blick genommen, dass die Bewertung eine einheitliche Meinungsäußerung darstellt. Die vom Landgericht gefundenen Ergebnisse entsprechen gleichwohl der Sach- und Rechtslage.

Die Äußerungen „Geschäftsführung hat zu wenig Vertrauen“ und „Leider viele Vorgesetzte, die ungeeignet für ihre Position sind“ enthalten schon keine konkrete Tatsachenbehauptung. Jedenfalls wird von der Antragstellerin nicht konkret aufgezeigt, was daran in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend sein sollte.

Die Aussagen „Löschen von Negativbewertungen“, „das ständige Löschen von teils ehrlichen, aber eben negativen Bewertungen“ sowie „das Image wird aufgebessert, indem man alle negativen Bewertungen löschen lässt – wenn es irgendwie möglich ist. – So kann man auch Top Arbeitgeber werden“ beruhen, wie das Landgericht unter Bezugnahme auf den Vortrag der Beteiligten und der von dieser vorgelegten Anlage B 1 festgestellt hat, auf einem wahren Tatsachenkern. Tatsächlich hat die Antragstellerin in den vergangenen Jahren fast die Hälfte (47,5%) der sie betreffenden Bewertungen beanstandet, woraufhin die Beteiligte diese deaktiviert hat.

Die Äußerung „Weiterbildung nur auf eigene Kosten“ beruht nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens ebenfalls auf einem wahren Tatsachenkern. Richtigerweise hat das Landgericht bei seiner Entscheidung auch den vollständigen Wortlaut dieser Kategorie und den Gesamtkontext der Äußerung berücksichtigt. Soweit die Beschwerde diesbezüglich meint, die Einordnung als Werturteil sei nicht plausibel nachvollziehbar, entspricht die Einordnung als (einheitliche) Meinungsäußerung, wie dargelegt, der Senatsrechtsprechung. Nur auf dieser rechtlichen Grundlage wird man dem Sinn und Zweck von Bewertungen (und Bewertungsportalen) effektiv gerecht.

cc) Bei der Bewertung „Gezielte Repression!“ (Anlage K 9, Antrag zu b) hält die Antragstellerin die Aussagen „Die Firma hat nicht nur die … aus Asien, sondern auch den dort üblichen Despotismus importiert und integriert“ sowie „es herrscht in der Firma eine beklemmende Atmosphäre“ ebenso für unzulässig wie „Work-Life-Balance: Nicht vorhanden“, „Angestellte sind wie die Stufen einer Leiter, scheue dich nicht auf sie zu treten“ und „Gleichberechtigung: Nicht vorhanden. Deswegen gibt es auch keinen Betriebsrat. Die Führung hat sozusagen Angst vor Gleichberechtigung“. Außerdem beanstandet die Beklagte die Äußerungen „Wenn es dem Profil hilft, dann gerne“ und „Für Kopfnicken jederzeit möglich. Menschen mit eigenen Meinungen sind nicht willkommen“ sowie „2021 wurden viele negative Bewertungen gelöscht. Man hat sich auf diese Weise freigekauft“.

(1) Die ersten beiden Äußerungen vermitteln nach der Ansicht der Antragstellerin den Eindruck eines toxischen Arbeitsklimas und insbesondere einer diskriminierenden Arbeitsumgebung sowie inhumaner Behandlung. Dasselbe gelte für den Titel „gezielte Repression“, welcher die gewaltsame Unterdrückung von Kritik, individueller Entfaltung und individuellen Bedürfnissen umfasse. Die dargestellten Äußerungen erfüllten somit den Tatbestand der Kreditgefährdung nach §  187 Alt. 2 StGB, hilfsweise die Tatbestände der §  186 StGB oder § 185 StGB. Die Aussagen drei bis sieben erfüllten den Tatbestand der Kreditgefährdung in qualifizierter Form nach § 187 Alt. 2 StGB sowie der Verleumdung in qualifizierter Form nach §  187 Alt. 1 StGB, hilfsweise die Tatbestände der § 186 StGB oder § 185 StGB. Die Antragstellerin biete ein flexibles Arbeitszeitmodell an, wodurch nahezu allen Mitarbeitern ermöglicht werde außerhalb der betriebseinheitlichen Kernarbeitszeiten insgesamt 2 Stunden Gleitzeitkorridor zu nutzen. Zudem gebe es etliche einzelvertragliche Home-Office Regelungen für einige Mitarbeiter. Gesetzliche Vorschriften zur Gleichbehandlung würden stets eingehalten. Die Mitarbeiter hätten eine gewerkschaftsunabhängige eigenständige Mitarbeitervertretung gewählt, die ihre Interessen im Unternehmen seit vielen Jahren vertrete. Für die achte Äußerung gelte das zum Antrag zu a) Ausgeführte entsprechend.

Die Beteiligte meint hierzu, es lägen zulässige Meinungsäußerungen vor. Wie von der Antragstellerin selbst bestätigt (S. 12, 1. Absatz der Antragsbegründung), bestehe zudem lediglich eine gewerkschaftsunabhängige Mitarbeitervertretung und es gebe gerade keinen Betriebsrat. Die Aussage sei damit wahr. Die Aussage zur Löschung von Bewertungen beruhe auf der zutreffenden Beobachtung, dass die Antragstellerin viele Bewertungen beanstandet, so dass diese von der Beteiligten offline gestellt würden (vgl. wegen weiterer Einzelheiten Anlage B 1).

(2) Das Landgericht hat zutreffend und im Einklang mit der Senatsrechtsprechung sämtliche der beanstandeten Äußerungen als Meinungsäußerungen bewertet. Der Ansicht der Beschwerde, wonach die Annahme des Landgerichts, die Äußerungen „Gezielte Repression!“ und „Die Firma hat nicht nur die … aus Asien, sondern auch den dort üblichen Despotismus importiert und integriert“ erfüllten keinen Straftatbestand, nicht nachvollziehbar sei, kann nicht gefolgt werden. Die Äußerungen enthalten eine deutliche, pointierte Kritik am Führungsverhalten, das bei der Antragstellerin aus Sicht des Bewerters erlebt wurde. Die Aussagen bleiben jedoch nicht unkommentiert stehen, sondern reihen sich in eine Mehrzahl von weiteren Aussagen über das Arbeitsklima bei der Antragstellerin oder über deren Führungspersonal ein. So werden willkürliche Entscheidungen gerügt oder, dass man sich als „Nummer“ fühle. Auch Kommunikationsdefizite werden kritisiert. Bei Würdigung der gesamten Bewertung wird aber gleichwohl deutlich, dass es sich um eine subjektive Einschätzung des Bewerters handelt, der in einzelnen Kategorien harte Kritik äußert, in anderen Punkten zurückhaltender bewertet.

dd) Bei der Bewertung „Unprofessionell und missgünstig“ (Anlage K 1, Antrag zu c) beanstandet die Antragstellerin die Aussagen „unprofessionell“ und „kein Home-Office“ sowie „Home-Office nur für erlesenes Personal“. In der Bewertung „Ungleichbehandlung wegen Home-Office, wir leben nicht mehr in den 80ern“ (Anlage K 3, Antrag zu e) hält die Antragstellerin die Aussagen „Home-Office nur für Lieblinge“ und „Home-Office nach Gesicht“ unter Bezugnahme auf das Vorbringen zum Antrag zu c) für unzulässig. Bezüglich der Bewertung „nur bestimmte Kolleg:innen bekommen Homeoffice“ [sic!] (Anlage K 5, Antrag zu g) beanstandet die Antragstellerin die Überschrift.

(1) Hierzu bringt sie vor, der Vorwurf der pauschalen Unprofessionalität, ohne konstruktive Anknüpfungspunkte auf einer öffentlichen Plattform im Internet, zu welcher sowohl Kunden als auch Vertragspartner der Antragstellerin Zugriff haben, diffamiere die fachlichen Fähigkeiten und die wirtschaftliche Funktionsfähigkeit der Antragstellerin. Bereits der Titel dieser Bewertung verstoße daher gegen § 187 Alt. 2 StGB in qualifizierter Form. Hilfsweise liege ein Verstoß gegen § 186 StGB, wiederum hilfsweise gegen § 185 StGB vor. Es gebe zudem einzelvertragliche Home-Office Regelungen für einige Mitarbeiter. Diese Aussage verstoße daher gegen § 187 Alt. 1 StGB in qualifizierter Form. Hilfsweise liege ein Verstoß gegen § 186 StGB, wiederum hilfsweise gegen § 185 StGB vor.

Die Beteiligte führt diesbezüglich aus, es handele sich um zulässige Meinungsäußerungen. Soweit diese einen Tatsachenkern hätten, sei der nicht unwahr. Hinsichtlich der Aussagen „Kein Home-Office“ und „Homeoffice nur für erlesenes Personal“, habe der Nutzer in einer Stellungnahme an die Beteiligte substanziiert dargelegt, dass den meisten Mitarbeitern das Arbeiten aus dem Home-Office, auch nach etwaiger Antragstellung darauf, verwehrt worden sei. Zum anderen räume die Antragstellerin selber ein, dass es nur „einzelvertragliche Home-Office Regelungen für einige Mitarbeiter“ gebe (vgl. Antragsbegründung, S. 11). Im Umkehrschluss bedeute dies, dass dem Großteil der Belegschaft ein Arbeiten aus dem Home-Office verwehrt bleibe, trotz potenziellem Interesse daran. Eine unwahre Tatsachenbehauptung liege damit nicht vor.

(2) Richtigerweise hat das Landgericht die Bewertung der Antragstellerin als „unprofessionell“ als subjektives Werturteil angesehen. Entgegen dem Antragsvorbringen wird diese Bewertung nicht „pauschal“ abgegeben, sondern begründet mit unprofessionellem Verhalten gegenüber Arbeitnehmern, welche die Antragstellerin verlassen (vgl. Anlage K 1). Insoweit hat die Antragstellerin nicht aufgezeigt, dass diese Aussage einen unwahren Tatsachenkern hätte.

Die Äußerungen zum Themenkreis Home-Office haben nach der zutreffenden Würdigung des Landgerichts schon nach dem Antragsvorbringen einen wahren Tatsachenkern, weil die Antragstellerin Home-Office nicht generell gestattet, sondern sich vorbehält, dies einzelvertraglich mit ausgewählten Mitarbeitern zu vereinbaren.

Konkrete Rügen erhebt die Beschwerde insoweit nicht.

[…]

ff) Bezüglich der Bewertung „sehr viele Baustellen, die dringend beseitigt werden müssen!“ (Anlage K 4, Antrag zu f) beanstandet die Antragstellerin die Aussage „Man merkt öfter, dass es sich um keine ausgebildeten Führungskräfte handelt“. Die Führungsebene der Antragstellerin werde dadurch so dargestellt, als fehle es ihr an der notwendigen fachlichen Eignung. Durch die Unterstellung von fehlender fachlicher Bildung werde die Kompetenz der Angestellten der Antragstellerin und dadurch des gesamten Unternehmens untergraben. Diese Äußerung stelle daher eine Kreditgefährdung nach § 187 Alt. 2 StGB dar. Hilfsweise sei diese Äußerung nicht erweislich wahr und erfülle demnach zumindest den Tatbestand der üblen Nachrede gemäß §  186 StGB. Wiederum hilfsweise liege ein Verstoß gegen §  185 StGB vor. Die Beschwerde ist der Ansicht, es handele sich nicht um eine Meinungsäußerung, sondern um eine unwahre Tatsachenbehauptung mit dem Inhalt, dass die Antragstellerin keine hierfür ausgebildeten Führungskräfte habe. Hierbei sei auch beachtlich, dass es sich nach wie vor um ein Familienunternehmen handele.

Dies mag im Ausgangspunkt in Ansätzen zutreffend sein. Maßgeblich für die Deutung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (BVerfG, Beschl. v. 11.04.2024 – 1 BvR 2290/23, NJW 2024, 1868 Rn. 31). Auszugehen ist dabei zwar stets vom Wortlaut der Äußerung. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und den Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt, soweit diese für die Rezipienten erkennbar waren. Die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils wird den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (BVerfG, Beschl. v. 11.04.2024 – 1 BvR 2290/23, NJW 2024, 1868 Rn. 31; Beschl. v. 09.11.2022 – 1 BvR 523/21, NJW 2023, 510 Rn. 15; Beschl. vom 24.11.2023 – 1 BvR 1962/23, NJW 2024, 745 Rn. 4). Diese Grundsätze hat das Landgericht beachtet und richtigerweise den Gesamtkontext der beanstandeten Aussagen in den Blick genommen. Dabei ist es zutreffend zu der Auffassung gelangt, es handele sich um eine Meinungsäußerung. Auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung kann daher an dieser Stelle zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug genommen werden (Seite 9 f. des angegriffenen Beschlusses).

gg) Differenzierterer Betrachtung bedürfen, was das Landgericht trotz seiner im Übrigen sorgfältigen Entscheidung übersehen hat, die Bewertungen „Katastrophe dieser Laden“ (Anlage K 17, Antrag zu h), „Unvorstellbare Zustände“ (Anlage K 19, Antrag zu i) sowie „Zur Überbrückung ok, Dauerlösung nein“ und „nicht zu empfehlen“ (Anlagen K 23 und K 25, Anträge l und m). Denn insoweit steht entweder fest (vgl. Anlagen B 2, B 3), dass diese Bewertungen nicht von Arbeitnehmern der Antragstellerin verfasst wurden, oder dies ist jedenfalls nicht aufgeklärt, weil die Bewerter eine Mitwirkung an der Sachverhaltsermittlung verweigern. Diese Bewertungen sind nach zivilrechtlichen Maßstäben daher bereits aus diesem Grund rechtswidrig. Ist nämlich die bewertende Person gar nicht bei der Antragstellerin als Arbeitnehmer tätig gewesen, stellt der streitgegenständliche Beitrag einen rechtswidrigen Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin dar (vgl. BGH, Urt. v. 09.08.2022 – VI ZR 1244/20, NJW 2022, 3072 Rn. 33 f.; Urt. v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15, NJW 2016, 2106 Rn. 29 ff.; OLG Celle, Beschl. v. 02.04.2024 – 5 W 10/24, MDR 2024, 843 Rn. 33). Allerdings ist eine zivilrechtliche Unzulässigkeit der Äußerung für sich genommen noch nicht ausreichend, um den geltend gemachten Auskunftsanspruch zu bejahen. Dieser setzt weitergehend eine strafrechtlich relevante Äußerung voraus.

(1) Dies zugrunde gelegt, ist fernliegend, dass die – ohne weiteren Text abgegebenen – Bewertungen „Zur Überbrückung ok, Dauerlösung nein“ und „nicht zu empfehlen“ einen Straftatbestand erfüllen.

(2) Auch die Bewertung „Katastrophe dieser Laden“ (Anlage K 17) erfüllt keinen Straftatbestand. Zutreffend hat das Landgericht die darin enthaltenen Aussagen „die unfähige Führungsriege austauschen“ und „es wird viel erzählt und gelogen“ als Meinungsäußerung angesehen.

Die Meinungsfreiheit findet allerdings in den allgemeinen Gesetzen und der durch diese geschützten Rechte Dritter ihre Grenze. Dies ist der Fall, wenn eine Meinungsäußerung die Betroffenen ungerechtfertigt in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der durch sie geschützten persönlichen Ehre verletzt. Dabei kann eine herabsetzende Äußerung, die weder bestimmte Personen benennt noch erkennbar auf bestimmte Personen bezogen ist, sondern ohne individuelle Aufschlüsselung ein Kollektiv erfasst, unter bestimmten Umständen auch ein Angriff auf die persönliche Ehre der Mitglieder des Kollektivs sein. Je größer das Kollektiv ist, auf das sich die herabsetzende Äußerung bezieht, desto schwächer kann auch die persönliche Betroffenheit des einzelnen Mitglieds werden, weil es bei den Vorwürfen an große Kollektive meist nicht um das individuelle Fehlverhalten oder individuelle Merkmale der Mitglieder, sondern um den aus der Sicht des Sprechers bestehenden Unwert des Kollektivs und seiner sozialen Funktion sowie der damit verbundenen Verhaltensanforderungen an die Mitglieder geht. Auf der imaginären Skala, deren eines Ende die individuelle Kränkung einer namentlich bezeichneten oder erkennbaren Einzelperson bildet, steht am anderen Ende die abwertende Äußerung über menschliche Eigenschaften schlechthin oder die Kritik an sozialen Einrichtungen oder Phänomenen, die nicht mehr geeignet sind, auf die persönliche Ehre des Individuums durchzuschlagen. Es ist verfassungsrechtlich nicht zulässig, eine auf Angehörige einer Gruppe im Allgemeinen bezogene Äußerung allein deswegen als auf eine hinreichend überschaubare Personengruppe bezogen zu behandeln, weil eine solche Gruppe eine Teilgruppe des nach der allgemeineren Gattung bezeichneten Personenkreises bildet (BVerfG, Beschl. v. 26.02.2015 – 1 BvR 1036/14, NJW 2015, 2022 Rn. 16 f.).

Hieran gemessen kommt – eine einzelne Person wird nicht adressiert – nur eine sog. „Kollektivbeleidigung“ in Betracht. Allerdings liegen die dargelegten, vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Voraussetzungen für eine strafbare „Kollektivbeleidigung“ nicht vor. Es bleibt schon unklar, wer zur „Führungsriege“ der Antragstellerin zählt. Offen bleibt auch, wer „viel erzählt und lügt“. Der Adressatenkreis der Bewertung ist daher derart unbestimmt, dass eine Strafbarkeit wegen der Äußerung nicht in Betracht kommt. Bei der gebotenen Abwägung sind ferner auch die übrigen Äußerungen in der beanstandeten Bewertung zu berücksichtigen, wobei der Bewertende die Antragstellerin teilweise sogar lobt (Gut … finde ich: Gehalt), jedenfalls aber um eine sachliche Auseinandersetzung bemüht ist. So kritisiert er beispielsweise, es fehle am „Teamwork“, die Arbeit sei „langweilig“ und er habe „Monate lang Überstunden“ machen müssen.

(3) Schließlich ist auch die Bewertung „Unvorstellbare Zustände“ (Anlage K 19) nicht strafrechtlich relevant. Die Aussagen „Macht jeder, was er will und sucht nur Gründe, anderen ans Bein zu …“ und „Jeder gegen jeden“ sind offensichtlich nicht geeignet, eine Strafbarkeit zu begründen. Dies gilt auch für die Äußerung „das einem nachgestellt wird und stellenweise sogar Abends noch Anrufe erfolgen“. In diese Aussage kann, anders als die Antragstellerin meint, nicht die Unterstellung einer Straftat in Form der Nachstellung (§ 238 StGB) hineininterpretiert werden. Bei der Ermittlung des Aussagegehalts ist – wie dargelegt – ein objektiver Maßstab geboten, nicht das subjektive Verständnis der Antragstellerin. Unter Berücksichtigung des zweiten Satzteils der Aussage wird deutlich, dass der Bewerter unerwünschte Kontaktaufnahme außerhalb der Arbeitszeit kritisiert. Ein solcher Sachverhalt ist offenkundig nicht mit einer strafbaren Nachstellung gleichzusetzen.