Rechtsprechung
Auskunftsanspruch des Betriebsrats über sensitive Beschäftigtendaten (Schwangerschaft einer Beschäftigten) setzt Datensicherung voraus
(Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 9. April 2019 – 1 ABR 51/17 –)
Umfasst ein allgemeiner Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eine besondere Kategorie personenbezogener Daten (sensitive Daten im datenschutzrechtlichen Sinn), ist Anspruchsvoraussetzung, dass der Betriebsrat zur Wahrung der Interessen der von der Datenverarbeitung betroffenen Arbeitnehmer angemessene und spezifische Schutzmaßnahmen trifft.
Sachverhalt:
A. Die Beteiligten streiten über einen Auskunftsanspruch. Die Arbeitgeberin ist ein Luft- und Raumfahrunternehmen, in deren Betrieb in M der antragstellende Betriebsrat gewählt ist. Diesen informierte die Arbeitgeberin in der Vergangenheit darüber, welche Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft angezeigt hat. Seit Mitte 2015 räumt sie der schwangeren Arbeitnehmerin die Möglichkeit ein, der Weitergabe dieser Information an den Betriebsrat fristgebunden zu widersprechen.
Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, die Arbeitgeberin habe ihm jede von einer ArbDatenschutzeitnehmerin angezeigte Schwangerschaft mitzuteilen. Er habe als Gremium darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmerin geltenden Gesetze, darunter das Mutterschutzgesetz (MuSchG), von der Arbeitgeberin durchgeführt würden. Seine Informations- und Kontrollrechte seien gegenüber dem Vertraulichkeitsinteresse einer widersprechenden Arbeitnehmerin vorrangig.
Aus den Gründen:
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann dem Begehren des Betriebsrats nicht entsprochen werden. Der Senat kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob der zulässige Antrag begründet oder unbegründet ist.
I. Der Antrag des Betriebsrats ist – in seiner gebotenen Auslegung – zulässig.
- Er bezieht sich, anders als es sein Wortlaut nahelegt, ausschließlich auf die Fallgestaltung, in der eine Arbeitnehmerin der Information des Betriebsrats über ihre Schwangerschaft widerspricht. Äußert sich die Arbeitnehmerin nicht dahingehend, unterrichtet die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die ihr angezeigte Schwangerschaft. Entsprechend streiten die Beteiligten nicht über diese Konstellation. Im Übrigen geht es dem Betriebsrat lediglich um die Nennung der Namen derjenigen Arbeitnehmerinnen, die ihre Schwangerschaften der Arbeitgeberin mitgeteilt haben, nicht um eine Unterrichtung über die weiteren Daten eine Anzeige iSd. § 15 MuSchG.
- In diesem Verständnis begegnen dem Antrag keine Zulässigkeitsbedenken; insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
II. Das bisherige Vorbringen des Betriebsrats trägt den Anspruch auf die streitbefangene Auskunft nicht. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
- Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Hieraus folgt ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Anspruchsvoraussetzung ist damit zum einen, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben ist, und zum anderen, dass im Einzelfall die begehrte Information zur Wahrnehmung der Aufgabe erforderlich ist. Dies hat der Betriebsrat darzulegen. Erst anhand dieser Angaben können der Arbeitgeber und im Streitfall das Arbeitsgericht prüfen, ob die Voraussetzungen einer Auskunftspflicht sowie eines damit korrespondierenden Auskunftsanspruchs vorliegen (vgl. BAG 24. April 2018 – 1 ABR 6/16 – Rn. 22; 7. Februar 2012 – 1 ABR 46/10 – Rn. 7, BAGE 140, 350). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, ohne solche Angaben von Amts wegen zu prüfen, welche Aufgabe den Auskunftsanspruch stützen und aus welchen Gründen die verlangte Information für die Durchführung dieser Aufgabe benötigt werden könnte (vgl. BAG 20. März 2018 – 1 ABR 15/17 – Rn. 18).
- Das gilt auch, wenn sich der Betriebsrat – wie vorliegend – zur Begründung seines Auskunftsanspruchs auf seine Aufgabe zur Überwachung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze iSv. konkreten Ge- oder Verboten (vgl. BAG 20. März 2018 – 1 ABR 15/17 – Rn. 16 mwN) nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG stützt. Mit einem allgemein gehaltenen Verweis auf jegliche gesetzliche (Schutz-)Pflichten des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern und der Belegschaft genügt der Betriebsrat seiner Vortragslast regelmäßig nicht. Eine solche Antragsbegründung vernachlässigt, dass der Informationsanspruch als solcher – ebenso wie der darauf bezogene Anspruch auf Vorlage von Unterlagen (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG) – strikt aufgabengebunden und in seiner Reichweite durch das Erforderlichkeitsprinzip bestimmt ist. Daher muss der Betriebsrat die konkrete normative (Arbeitsschutz-)Vorgabe, deren Durchführung er zu überwachen hat und die sein Auskunftsverlangen tragen soll, aufzeigen. Dies gilt insbesondere, wenn er sich auf ein Gesetz mit mehreren und unterschiedlichen (Schutz-)Bestimmungen bezieht. Kann der Schutz nur im Hinblick auf konkrete betriebliche Gegebenheiten greifen, sind diese gleichfalls anzugeben. Nur bei einem so gehaltenen Tatsachenvortrag und einer so aufgezeigten Aufgabe kann eine Prüfung erfolgen, ob die beanspruchte Auskunft für deren Wahrnehmung erforderlich ist.
- Hiervon ausgehend ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts für den von ihm angenommenen Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die streitbefangene Informationspflicht der Arbeitgeberin bestehe „insbesondere zur Überwachung der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften, wie etwa des Mutterschutzgesetzes und der in diesem Zusammenhang ergangenen Verordnungen … auch im Zusammenhang mit den Aufgaben nach § 89 BetrVG“; der entspre-Aufgabenbezug sei zwischen den Beteiligten „unstreitig“.
b) Diese – auf dem insoweit nicht weitergehenden und allgemein gehaltenen Vorbringen des Betriebsrats beruhende – Annahme verkennt, dass sich der Betriebsrat für die erstrebte Unterrichtung nicht mit einem bloßen Hinweis auf die Überwachung von nicht näher bezeichneten, zugunsten schwangerer Arbeitnehmerinnen geltenden mutterschutzrechtlichen Pflichten der Arbeitgeberin berufen kann (anders noch – allerdings vor Inkrafttreten des BDSG und zu § 54 BetrVG 1952 iVm. den damals geltenden mutterschutzrechtlichen Vorschriften – BAG 27. Februar 1968 – 1 ABR 6/67 – BAGE 20, 333).
aa) Die seinen Unterrichtungsanspruch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG begründende Überwachungsaufgabe iSv. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG muss genau benannt worden sein. Der generelle Verweis auf den beschäftigungsspezifischen Schutznormkomplex für schwangere Frauen, der seinerseits eine Vielzahl von Pflichten für den Arbeitgeber begründet, ermöglicht keine Prüfung, welches zugunsten der Arbeitnehmerinnen konkret geltende Ge- oder Verbot der Betriebsrat hinsichtlich seiner Durchführung oder Einhaltung zu überwachen beabsichtigt und inwieweit er dafür die Unterrichtung über jede einzelne der Arbeitgeberin angezeigte Schwangerschaft unter Namensnennung der mitteilenden Arbeitnehmerin benötigt. Dies gilt umso mehr, weil bestimmte mutterschutzspezifische Pflichten – wie etwa das grundsätzliche Verbot der Nachtarbeit für schwangere Frauen – nur bei entsprechenden betrieblichen Gegebenheiten greifen (Nachtarbeit im Betrieb) und auch nur dann eine entsprechende Überwachungsaufgabe auszulösen vermögen.
bb) Der Bezug der verlangten Auskunft zu einer – hier nicht einmal konkret aufgezeigten – Aufgabe kann auch nicht als „unstreitig“ angesehen oder von den Beteiligten „unstreitig gestellt“ werden. Für die weitergehende Annahme des Beschwerdegerichts, die Aufgabe folge ebenso aus „dem Zusammenhang mit § 89 BetrVG“, fehlt es – außer der Nennung der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschrift – gleichfalls an jeglichem Vorbringen des Betriebsrats, für was genau er sich einsetzen will (§ 89 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) oder hinsichtlich welcher Fragen er sein Hinzuziehungsrecht (§ 89 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) oder andere in der Vorschrift geregelten Aufgaben und Berechtigungen geltend macht.
III. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
Das Verfahren ist nicht im Sinn einer Antragsabweisung zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- Bevor der Antrag mangels hinreichenden Vorbringens des Betriebsrats abgewiesen werden kann, ist ein Hinweis des Gerichts erforderlich, das ihm Gelegenheit gibt, diesen Antragsmangel zu beseitigen. Dies gebietet der Anspruch auf rechtliches Gehör der Beteiligten, nachdem beide Vorinstanzen das Begehren des Betriebsrats trotz dessen nicht hinreichender Darlegung einer Aufgabe und der darauf bezogenen Erforderlichkeit der beanspruchten Auskunft für die Wahrnehmung der Aufgabe als begründet angesehen haben und auch die Arbeitgeberin insoweit keine Beanstandungen erhoben hat. Das entsprechende Vorbringen vermag der Betriebsrat im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nachzuholen, da es bezüglich ggf. vorliegender betrieblicher Spezifika neuen Tatsachenvortrag umfassen kann. Zudem muss sich das Vorbringen des Betriebsrats angesichts seines gegenwarts- und zukunftsbezogenen Auskunftsverlangens nunmehr an der gegenüber dem Zeitpunkt der letzten Anhörung in der Tatsacheninstanz (27. September 2017) geänderten Rechtslage – und damit ua. an den Bestimmungen des MuSchG in der seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung vom 23. Mai 2017 (BGBl. I S. 1228) – ausrichten (vgl. zB BAG 30. September 2014 – 1 ABR 79/12 – Rn. 17). Hierzu ist ihm – ebenso wie der Arbeitgeberin zur Erwiderung – Gelegenheit zu geben.
- Der Auskunftspflicht der Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat steht nicht der mit einem Widerspruch der schwangeren Arbeitgeberin geäußerte Wille, der Betriebsrat möge in Bezug auf ihre Person keine sie schützenden Aufgaben wahrnehmen, entgegen. Die Erfüllung der dem Betriebsrat von Gesetzes wegen zugewiesenen Aufgaben ist nicht von einer vorherigen Einwilligung der Arbeitnehmer abhängig und steht nach der betriebsverfassungsrechtlichen Konzeption nicht zu deren Disposition (vgl. auch BAG 7. Februar 2012 – 1 ABR 46/10 – Rn. 17, BAGE 140, 350).
- Der Antrag ist nicht von vornherein in Ansehung der seit dem 25. Mai 2018 geltenden Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – DS-GVO) und dem durch das Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU) vom 30. Juni 2017 geänderten Bundesdatenschutzgesetzes – BDSG – (BGBl. I S. 2097) unbegründet. Ob dem streitbefangenen Unterrichtungsverlangen datenschutzrechtliche Gründe entgegenstehen, ist offen. Das Landesarbeitsgericht wird dies zu prüfen und auch in diesem Zusammenhang dem Betriebsrat Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen – sowie der Arbeitgeberin zur Erwiderung – zu geben haben.
Hierfür gelten folgende Maßgaben:
a) Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der streitbefangenen Auskunftserteilung folgt nicht ohne weiteres aus § 26 Abs. 6 BDSG. Zwar bleiben nach dieser Vorschrift im Hinblick auf die in § 26 BDSG geregelte Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten „unberührt“. Dieser Norm, welche § 32 Abs. 3 BDSG in der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung (aF) im Sinn einer klarstellenden Funktion übernommen hat (BT-Drs. 18/11325 S. 97), kommt indes kein Regelungsgehalt als die Datenverarbeitung durch Arbeitgeber oder Betriebsrat eigenständig erlaubender Tatbestand zu. Mit ihr ist vielmehr ausgedrückt, dass sich der Beschäftigtendatenschutz nach § 26 BDSG und der im kollektiven Arbeitsrecht durch die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten flankierte Beschäftigtendatenschutz ergänzen (zu § 32 Abs. 3 BDSG aF vgl. Seifert, in: Simitis, BDSG 8. Aufl. § 32 Rn. 144 ff.). Die kollektiven Beteiligungsrechte werden nicht eingeschränkt, aber auch nicht erweitert (Däubler, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, EU-Datenschutzgrundverordnung und BDSG-neu, BDSG § 26 Rn. 272). Die Ausübung von Beteiligungsrechten ist damit einerseits datenschutzrechtlich nicht von vornherein unzulässig, weil sie mit der Verarbeitung personenbezogener Daten einhergeht; andererseits müssen in solch einem Fall aber auch von den Betriebsparteien die Anforderungen des Datenschutzes beachtet werden (Gräber/Nolden, in: Paal/Pauly Datenschutz-Grundverordnung Bundesdatenschutzgesetz, 2. Aufl., § 26 BDSG Rn. 54).
b) Der Inhalt der streitbefangenen Auskunft ist auf die Verarbeitung einer besonderen Kategorie personenbezogener Daten im Beschäftigtenkontext gerichtet. Das ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 BDSG erlaubt.
aa) Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG ist – abweichend von Art. 9 Abs. 1 DS-GVO – die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Entsprechend § 22 Abs. 2 BDSG sind hierfür angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person vorzusehen (§ 26 Abs. 3 Satz 3 BDSG).
bb) Mit der Regelung des § 26 Abs. 3 BDSG hat der Gesetzgeber in zulässiger Weise von der Öffnungsklausel in Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO der gemäß Art. 288 AEUV in allen ihren Teilen verbindlichen und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat geltenden DS-GVO Gebrauch gemacht.
(1) Nach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO ist die Verarbeitung der in der Vorschrift benannten besonderen Kategorien von personenbezogenen Daten grundsätzlich untersagt. Hierzu zählen Gesundheitsdaten. Gemäß der Legaldefinition des Art. 4 Nr. 15 DS-GVO handelt es sich dabei um Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen. Das Verarbeitungsverbot nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO gilt allerdings nicht, wenn einer der gesondert in Art. 9 Abs. 2 DS-GVO aufgeführten Erlaubnistatbestände gegeben ist.
Gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO kann die Verarbeitung sensitiver Daten nach dem Recht der Mitgliedstaaten ua. dann zulässig sein, wenn sie erforderlich ist, damit der Verantwortliche die ihm aus dem Arbeitsrecht erwachsenden Rechte ausüben und seinen diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann, wobei das nationale Recht geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorsehen muss. Damit gewährt die Norm den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, unter den in ihr genannten Voraussetzungen die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zu erlauben. Mit § 26 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BDSG hat der Gesetzgeber hiervon Gebrauch gemacht (vgl. BT-Drs. 18/11325 S. 98 f.).
- Die Regelung entspricht den Vorgaben der Öffnungsklausel des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO (ebenso Schaffland/Holthaus, in: DS-GVO/BDSG § 26 BDSG Rn. 118; Schiff in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung 2. Aufl. Art. 9 Rn. 79). Der Ausnahmetatbestand des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b Halbs. 1 DS-GVO ist in Satz 1 von § 26 Abs. 3 BDSG inhaltsgleich übernommen (Seifert, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, Art. 88 DS-GVO Rn. 221). Das widerspricht nicht dem unionsrechtlichen Umsetzungs- oder Normwiederholungsverbot (vgl. dazu zB Selmayr/Ehmann, in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl., Einführung Rn. 80 ff.), was angesichts der im Erwägungsgrund (8) zur DS-GVO ausgedrückten Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, unter näheren Voraussetzungen Teile der DS-GVO in ihr nationales Recht aufzunehmen, auf der Hand liegt. Zudem sieht das nationale Recht für die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Personen vor. Die Zulässigkeit der Verarbeitung derartiger Daten erfordert nach § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG ausdrücklich, dass kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Die entsprechende Geltungsanordnung von § 22 Abs. 2 BDSG nach § 26 Abs. 3 Satz 3 BDSG stellt den Schutz der Grundrechte und die Wahrung der Interessen der Betroffenen sicher. Danach sind bei der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person vorzusehen.
(3) Zur Frage der generellen Vereinbarkeit von § 26 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BDSG mit den Anforderungen der Öffnungsklausel des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO ist ein Vorabentscheidungsverfahren durch den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV nicht veranlasst. Dem Verständnis des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO als Öffnungsklausel begegnen ebenso wenig Bedenken wie der Annahme, dass der deutsche Gesetzgeber bei ihrer Umsetzung mit § 26 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BDSG die unionsrechtlichen Vorgaben beachtet hat. Die Erwägungen des Senats hierzu ergeben sich ohne weiteres aus dem Wortlaut der zitierten Normen der DS-GVO und des BDSG; die richtige Anwendung des Unionsrechts ist mithin derart offenkundig, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (acte clair, vgl. dazu zB EuGH 15. September 2005 – C-495/03 – [Intermodal Transports] Rn. 33).
cc) Der – unter Rückgriff auf die in der DS-GVO sowie im BDSG verwandten Begriffe zu bestimmende – Anwendungsbereich des § 26 Abs. 3 BDSG ist hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Auskunft eröffnet.
(1) Die vom Betriebsrat erstrebte Unterrichtung unterfällt dem Geltungsbereich der DS-GVO nach deren Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 sowie dem des BDSG nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 2.
(a) Die Mitteilung der Schwangerschaft unter Namensnennung einer Arbeitnehmerin an den Betriebsrat durch die Arbeitgeberin stellt eine Verarbeitung sich auf eine bestimmte natürliche Person beziehender und damit personenbezogener Daten nach Art. 4 Nr. 1 und Nr. 2 DS-GVO dar. Der Begriff der Verarbeitung bezeichnet nach Art. 4 Nr. 2 DS-GVO ua. jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten. Hierzu zählt die Offenlegung durch Übermittlung, also die gezielte Weitergabe von Daten an einen Empfänger, der – was seinerseits aus Art. 4 Nr. 9 DS-GVO folgt – kein Dritter sein muss (Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spieker, Datenschutzrecht, Art. 4 Nr. 2 DS-GVO Rn. 26 mwN; vgl. auch Herbst, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 4 Nr. 2 DS-GVO Rn. 29; ebenso Schaffland/Wiltfang DS-GVO/BDSG Art. 4 DS-GVO Rn. 85; wohl aA Weichert, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, EU-Datenschutz-Grundverordnung und BDSG-neu, Art. 4 DS-GVO Rn. 47 und Rn. 94). Damit ist es für die Annahme einer Datenverarbeitung – anders als bei § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG in seiner vom 28. August 2002 bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung (aF), wonach es sich nur bei der Bekanntgabe von Daten gegenüber Dritten um eine Datenübermittlung gehandelt hat – nicht ausschlaggebend, ob der Betriebsrat Dritter iSv. Art. 4 Nr. 10 DS-GVO ist.
(b) Angesichts des von der Arbeitgeberin durchgeführten Verfahrens nach der Anzeige der Schwangerschaft durch eine Arbeitnehmerin (Musterbrieferstellung, Datenweitergabe) handelt es sich um eine nicht automatisierte Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen (Art. 2 Abs. 1 DS-GVO, § 1 Abs. 1 Satz 2 BDSG). Diese erfolgt durch die Arbeitgeberin und damit – vorliegend – durch eine nichtöffentliche Stelle iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 2 Abs. 4 Satz 1 BDSG.
(2) Die Erfüllung der vom Betriebsrat begehrten Auskunft stellt eine betriebsinterne Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses dar. Die verlangte Information bezieht sich auf die Daten von Arbeitnehmerinnen und damit Beschäftigten iSv. § 26 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BDSG. Da der Betriebsrat geltend macht, diese für die Wahrnehmung einer gesetzlichen Aufgabe zu benötigen, liegt mit der Weitergabe der Namen der ihre Schwangerschaft iSv. § 15 Abs. 1 Satz 1 MuSchG mitteilenden Arbeitnehmerinnen eine Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses vor. Eine solche ist – wie § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG zeigt – auch gegeben, wenn die Verarbeitung dazu dient, sich aus dem Gesetz ergebende Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten zu erfüllen.
(3) Das Verlangen des Betriebsrats betrifft die Verarbeitung von Gesundheitsdaten als eine der besonderen Kategorien personenbezogener Daten iSv. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO.
(a) Nach Art. 4 Nr. 15 DS-GVO sind Gesundheitsdaten diejenigen Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen.
(b) Das meint auch positive oder neutrale Informationen zur körperlichen Verfasstheit. Nach der Wertung in Erwägungsgrund (35) zur DS-GVO gilt ein weiter Gesundheitsdatenbegriff, der beispielsweise Informationen, die von der Prüfung einer körpereigenen Substanz oder aus biologischen Proben abgeleitet wurden, ebenso einschließt wie Informationen über den physiologischen oder biomedizinischen Zustand einer Person unabhängig von der Herkunft der Daten (vgl. zu einem weiten Verständnis des bereits in Art. 8 Abs. 1 der aufgehobenen Richtlinie 95/46/EG verwandten Begriffs „Daten über die Gesundheit“ auch EuGH 6. November 2003 – C-101/01 – [Lindqvist] Rn. 50). Entsprechend ist die Schwangerschaft ein Gesundheitsdatum im datenschutzrechtlichen Sinn (ebenso Petri, in: Simitis/Hornung/Spieker, Datenschutzrecht, Art. 4 Nr. 15 DS-GVO Rn. 3; Kircher, Der Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten im Gesundheitswesen, S. 27).
dd) Hat der Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG einen Anspruch darauf, dass ihm die Arbeitgeberin nach einer Anzeige iSd. § 15 Abs. 1 MuSchG den Namen der schwangeren Arbeitnehmerin mitteilt, ist die damit verbundene Datenverarbeitung iSv. § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG zur Erfüllung einer rechtlichen Pflicht aus dem Arbeitsrecht erforderlich. Für den Fall des Vorliegens von Schutzmaßnahmen iSv. § 26 Abs. 3 Satz 3 iVm. § 22 Abs. 2 BDSG besteht auch kein Grund zu der Annahme, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Arbeitnehmerinnen an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.
(1) Mit dem Kriterium der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG ist – ebenso wie bei § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG – sichergestellt, dass ein an sich legitimes Datenverarbeitungsziel nicht zum Anlass genommen wird, überschießend personenbezogene (sensitive) Daten zu verarbeiten (Petri, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, Art. 9 DS-GVO Rn. 42). Bei einer auf Beschäftigtendaten bezogenen datenverarbeitenden Maßnahme des Arbeitgebers bedingt dies entsprechend der Bekundung des Gesetzgebers – welcher hierbei an die bis 24. Mai 2018 geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen und die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung anknüpft (vgl. BT-Drs. 18/11325 S. 97) – eine Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen im Wege praktischer Konkordanz sowie eine Verhältnismäßigkeitsprüfung (ausf. dazu – unter Hinzuziehung der Gesetzeshistorie und -begründung – zB Stamer/Kuhnke, in: Plath, BDSG/DS-GVO, 3. Aufl., § 26 BDSG Rn. 16 ff.). Diesen Anforderungen ist genügt, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Erfüllung eines sich aus dem Gesetz ergebenden Rechts der Interessenvertretung der Beschäftigten – und damit einer „aus dem Arbeitsrecht“ iSv. § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG resultierenden Pflicht des Arbeitgebers – erforderlich ist. Das hat der Gesetzgeber durch den entsprechenden Erlaubnistatbestand in § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG klargestellt (vgl. BT-Drs. 18/11325 S. 97).
(2) Soweit § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG bei der Verarbeitung sensitiver Daten – ebenso wie § 28 Abs. 6 BDSG aF (dazu BAG 7. Februar 2012 – 1 ABR 46/10 – Rn. 40 ff., BAGE 140, 350) – darüber hinaus verlangt, dass kein Grund zu der Annahme des Überwiegens typischer schutzwürdiger Interessen von Betroffenen gegenüber den Interessen an der Verarbeitung bestehen darf (BT-Drs. 18/11325 S. 98), ist diesem Erfordernis im Zusammenhang mit der Erfüllung einer sich aus dem Gesetz ergebenden Aufgabe des Betriebsrats durch die von § 26 Abs. 3 Satz 3 BDSG angeordnete entsprechende Anwendung von § 22 Abs. 2 BDSG Rechnung getragen. Danach sind zur Wahrung der Interessen Betroffener angemessene und spezifische Maßnahmen vorzusehen. Sind solche vorhanden, ist davon auszugehen, dass schutzwürdige Interessen der Beschäftigten der Datenverarbeitung nicht entgegenstehen. Fehlt es hieran, ist die Verarbeitung sensitiver Daten unzulässig.
(3) Steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf die streitbefangene Information nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu, ist die von § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG verlangte Erforderlichkeit der Datenverarbeitung gegeben.
(a) Dies ergibt sich – ebenso wie bei § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG – aus der strikten Bindung der Unterrichtungsverpflichtung des Arbeitgebers an eine dem Betriebsrat obliegende Aufgabe, für dessen Wahrnehmung dieser das verlangte Datum benötigt. Der bloße Bezug der vom Betriebsrat verlangten Information zu einer von ihm wahrzunehmenden Aufgabe reicht nicht aus, um den betriebsverfassungsrechtlichen Auskunftsanspruch hinsichtlich personenbezogener oder gar sensitiver Daten zu begründen (dies vernachlässigend und daher in der Konsequenz eine Diskrepanz zwischen betriebsverfassungsrechtlicher und datenschutzrechtlicher Erforderlichkeit annehmend vgl. Stamer/Kuhnke, in: Plath, BDSG/DS-GVO, 3. Aufl. § 26 BDSG Rn. 156; ähnlich Wybitul, NZA 2017, 413, 416). Es bedarf vielmehr der Feststellung, dass die verlangte Information – vorliegend: das sensitive Datum – unerlässlich ist, um sich der Aufgabe überhaupt annehmen zu können. Vermag der Betriebsrat dies nicht aufzuzeigen, scheiden sein Auskunftsanspruch und die damit verbundene Datenverarbeitung bereits aus diesem Grund aus. Diese Kopplung des Inhalts und Umfangs vom Betriebsrat verlangter Daten an den Aufgabenbezug bei einem auf den allgemeinen Unterrichtungsanspruch des § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gestützten Anspruch (vgl. anschaulich dazu BAG 12. März 2019 – 1 ABR 48/17 – Rn. 22 ff.) rechtfertigt die Annahme, dass im Fall einer auf personenbezogene Daten gerichteten Auskunftsverpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat die darin liegende Datenverarbeitung regelmäßig auch datenschutzrechtlich erforderlich ist (zur datenschutzkonformen Auslegung des betriebsverfassungsrechtlichen Erforderlichkeitsbegriffs beim allgemeinen Auskunftsanspruch vgl. bei Gola BB 2017, 1462, 1465; Lelley/Bruck/Yildiz BB 2018, 2164, 2172). Das gilt jedenfalls dann, wenn sich der Betriebsrat zur Begründung des Auskunftsbegehrens auf die Wahrnehmung einer gesetzlichen Aufgabe beruft.
(b) Dem steht nicht der Umstand entgegen, dass der allgemeine Auskunftsanspruch des § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gremienbezogen ausgestaltet ist. Eine solche Art und Weise der Datenverarbeitung ist grundsätzlich von der Tatbestandsvoraussetzung der Erforderlichkeit des § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG (Erfüllung einer Pflicht „aus dem Arbeitsrecht“) erfasst.
(c) Die Annahme, dass mit dem auf ein (sensitives) personenbezogenes Datum gerichteten Unterrichtungsverlangen des Betriebsrats bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG regelmäßig eine datenschutzrechtlich erforderliche Datenverarbeitung verbunden ist, verbietet sich nicht aus unionsrechtlichen Gründen. Ausweislich der Erwägungsgründe (51) und (52) zur DS-GVO, auf deren Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO die nationale Erlaubnisnorm beruht, unterliegt die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die ihrem Wesen nach hinsichtlich der Grundrechte und Grundfreiheiten besonders sensibel sind, zwar einerseits einem besonderen Schutz; andererseits sollen aber Ausnahmen vom Verbot der Verarbeitung dieser besonderen Kategorie von personenbezogenen Daten auch erlaubt sein, wenn das – vorbehaltlich angemessener Schutzgarantien – „insbesondere für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts“ gerechtfertigt ist.
(d) Vorstehendes gilt bei dem konkret streitbefangenen Datum des Namens einer Arbeitnehmerin, welche der Arbeitgeberin ihre Schwangerschaft mitgeteilt hat, auch unter Berücksichtigung des aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts der schwangeren Beschäftigten und ihres in Art. 6 Abs. 4 GG verankerten Schutz- und Fürsorgeanspruchs. Eine Arbeitnehmerin ist gegenüber dem Arbeitgeber nicht verpflichtet, das Bestehen ihrer Schwangerschaft mitzuteilen; nach § 15 Abs. 1 Satz 1 MuSchG „soll“ eine entsprechende Information erfolgen. Die gesetzliche Fassung als Sollvorschrift beruht auf der Achtung des Persönlichkeitsrechts der Frau und ihren grundrechtlichen Gewährleistungen. Obwohl die Gesundheit von Mutter und Kind eine frühzeitige Unterrichtung des Arbeitgebers nahelegt, sind Arbeitnehmerinnen damit nicht zur Offenbarung einer Schwangerschaft gezwungen. Hiervon ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Vorgängervorschrift nach § 5 Abs. 1 Satz 1 MuSchG aF ausgegangen (BAG 18. Januar 2000 – 9 AZR 932/98 – BAGE 93, 179; 13. Juni 1996 – 2 AZR 736/95 – BAGE 83, 195), dessen Regelungsgehalt mit § 15 Abs. 1 Satz 1 MuSchG unverändert geblieben und lediglich redaktionell überarbeitet worden ist (vgl. BTDrs. 18/8963 S. 86 f.). Wird die Schwangerschaft iSv. § 15 Abs. 1 Satz 1 MuSchG mitgeteilt, beeinflusst dies die Rechtsbeziehung zum Arbeitgeber. Er hat nunmehr diverse mutterschutzrechtliche Ge- und Verbote zu beachten, deren Durchführungsüberwachung wiederum nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kraft Gesetzes dem Betriebsrat obliegt. Kann dieser seine gesetzlich geregelte Überwachungsaufgabe nur wahrnehmen, wenn er weiß, welche Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft angezeigt hat, ist die Annahme schutzwürdiger Interessen der von der Datenverarbeitung Betroffenen an einem Verarbeitungsausschluss nicht veranlasst.
(4) Im Hinblick auf das Vorliegen von Maßnahmen nach § 26 Abs. 3 Satz 3 iVm. § 22 Abs. 2 BDSG als aus datenschutzrechtlichen Gründen weiterer Zulässigkeitsvoraussetzung für die erstrebte, ein sensitives Datum umfassende Auskunft bedürfte es hingegen noch weiteren Vorbringens des Betriebsrats und einer hierauf gerichteten Würdigung des Landesarbeitsgerichts.
(a) Bei der Weitergabe sensitiver Daten an den Betriebsrat hat der Arbeitgeber die Beachtung des in § 26 Abs. 3 Satz 3 iVm. § 22 Abs. 2 BDSG geregelten Gebots angemessener und spezifischer Schutzmaßnahmen nicht in der Hand. Ihm sind hierauf bezogene Vorgaben an den Betriebsrat aufgrund dessen Unabhängigkeit als Strukturprinzip der Betriebsverfassung verwehrt (vgl. ausf. BAG 11. November 1997 – 1 ABR 21/97 – zu B III 2 c aa der Gründe, BAGE 87, 64). Daher hat der Betriebsrat bei der Geltendmachung eines auf sensitive Daten gerichteten Auskunftsbegehrens das Vorhalten von Maßnahmen darzulegen, welche die berechtigten Interessen der betroffenen Arbeitnehmer – vorliegend der ihre Schwangerschaft mitteilenden Arbeitnehmerinnen – wahren. Den Betriebsrat trifft insoweit, unabhängig davon, ob er iSv. Art. 4 Nr. 7 DS-GVO Teil der verantwortlichen Stelle (so zB Bonanni/Niklas ArbRB 2018, 371; Gola/Pötters DS-GVO Art. 88 Rn. 38; Gola/Gola DS-GVO Art. 4 Rn. 56) oder gar Verantwortlicher (so zB Kurzböck/Weinbeck BB 2018, 1652, 1655; Kleinebrink DB 2018, 2566; Wybitul NZA 2017, 413 f.) ist, eine spezifische Schutzpflicht.
(b) Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 22 Abs. 2 BDSG die möglichen Maßnahmen nur beispielhaft („insbesondere“) aufzählt. Deshalb muss es sich bei den vom Betriebsrat zu treffenden und bei einem auf sensitive Daten gerichteten Auskunftsverlangen darzulegenden Schutzvorkehrungen nicht um die ausdrücklich in § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 10 BDSG genannten Maßnahmen handeln, zumal bei einzelnen dieser Maßnahmen zweifelhaft ist, ob sie der Betriebsrat überhaupt ergreifen könnte. Es ist aber zu gewährleisten, dass er bei einer Verarbeitung sensitiver Daten – hier: des Namens schwangerer Arbeitnehmerinnen – das Vertraulichkeitsinteresse der Betroffenen strikt achtet und Vorkehrungen trifft, die bei wertender Betrachtung den in § 22 Abs. 2 Satz 2 BDSG aufgelisteten Kriterien entsprechen. Hierzu können Maßnahmen zur Datensicherheit wie das zuverlässige Sicherstellen des Verschlusses der Daten, die Gewähr begrenzter Zugriffsmöglichkeiten oder deren Beschränkung auf einzelne Betriebsratsmitglieder sowie die Datenlöschung nach Beendigung der Überwachungsaufgabe gehören. Ein Fehlen solcher Schutzmaßnahmen oder ihre Unzulänglichkeit – was der Würdigung des Tatsachengerichts unterliegt – schließt den streitbefangenen Anspruch aus.
c) Der bloße Umstand, dass die betroffenen Arbeitnehmerinnen der Information des Betriebsrats über ihre Schwangerschaft widersprochen haben, steht der verlangten Datenübermittlung hingegen nicht entgegen. Zwar gewährt Art. 18 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO den von einer Datenverarbeitung betroffenen Personen unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, die Einschränkung der Verarbeitung zu verlangen, wenn sie hiergegen nach Art. 21 Abs. 1 DS-GVO Widerspruch eingelegt haben. Die Voraussetzungen des Widerspruchsrechts nach Art. 21 Abs. 1 DS-GVO sind vorliegend aber schon deshalb nicht erfüllt, weil die Offenlegung der Daten gegenüber dem Betriebsrat nicht auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Buchst. e oder f DS-GVO, sondern von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO iVm. § 26 Abs. 3 BDSG erfolgen würde.
- Sollten für die vom Betriebsrat begehrte Auskunft die Voraussetzungen des allgemeinen Unterrichtungsanspruchs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erfüllt und – im Fall ausreichender Schutzmaßnahmen des Betriebsrats iSv. § 26 Abs. 3 Satz 3 iVm. § 22 Abs. 2 BDSG – damit die in der Auskunftserteilung liegende Datenverarbeitung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 BDSG zulässig sein, stünden dem Begehren entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin keine verfassungsrechtlichen Gründe entgegen.
a) Ist eine Datenverarbeitung nach den Vorschriften des BDSG (iVm. der DS-GVO) zulässig, ist das Recht des von der Datenverarbeitung betroffenen Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung gewahrt (vgl. – zum BDSG aF – BAG 27. Juli 2017 – 2 AZR 681/16 – Rn. 17, BAGE 159, 380). Dem durch Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer, das die Befugnis jedes Einzelnen umfasst, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen (Recht auf informationelle Selbstbestimmung; BVerfG 11. März 2008 – 1 BvR 2074/05 ua. – Rn. 67, BVerfGE 120, 378) – wobei sich der Begriff der persönlichen Daten mit dem datenschutzrechtlichen Begriff personenbezogener Daten deckt (vgl. BVerfG 27. Juni 2018 – 2 BvR 1562/17 – Rn. 44 mwN) – ist im Rahmen der datenschutzrechtlichen Erwägungen Rechnung getragen.
b) Gleiches gilt vorliegend für Art. 6 Abs. 4 GG als Ausdruck der für den gesamten Bereich des privaten und des öffentlichen Rechts verbindlichen verfassungsrechtlichen Wertentscheidung (dazu BVerfG 25. Januar 1972 – 1 BvL 3/70 – BVerfGE 32, 273), dass jede, insbesondere jede werdende, Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der staatlichen Gemeinschaft hat (BVerfG 24. Mai 2005 – 1 BvR 906/04 – zu II 1 a der Gründe). Darin liegt ein besonderer Belang der von der Datenverarbeitung betroffenen schwangeren Frauen, der jedoch die gesetzliche Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG sowie die damit verbundene zulässige Datenverarbeitung nicht auszuschließen vermag. Insoweit gilt nichts anderes als bei der gesetzlichen Pflicht des Arbeitgebers, unverzüglich die Aufsichtsbehörde zu benachrichtigen, wenn eine Frau ihm mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist (§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a MuSchG).
IV. Auf die im Verfahren und im angefochtenen Beschluss problematisierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 1990 (– 6 P 30.87 –) zu einem personalvertretungsrechtlichen Auskunftsanspruch und auf die insoweit geltend gemachte Abweichung der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu Unterrichtungsverlangen des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wonach es keines besonderen Anlasses für den auf eine Überwachungsaufgabe gestützten Auskunftsanspruch des Betriebsrats bedarf, kommt es nicht an. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein zur Wahrnehmung allgemeiner Überwachungsaufgaben geltend gemachter Informationsanspruch des Personalrats nicht notwendig daran gebunden ist, dass sich die Personalvertretung gegenüber dem Dienststellenleiter auf einen besonderen Anlass – wie etwa einen bekannt gewordenen oder zu besorgenden Rechtsverstoß der Dienststelle – berufen kann (vgl. zu § 69 Abs. 2 Satz 1 LPersVG RP BVerwG 19. Dezember 2018 – 5 P 6.17 – Rn. 39 ff.).
Videoüberwachung privater Räume richtet sich ausschließlich nach Unionsrecht
(Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. März 2019 – 6 C 2.18 –)
- Die Rechtmäßigkeit von Anordnungen zur Beseitigung datenschutzrechtlicher Verstöße nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. ist nach der Rechtslage zu beurteilen, die zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung gilt. Nachträgliche Rechtsänderungen sind nicht zu berücksichtigen.
- Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung im Sinne von § 6b Abs. 1 BDSG a.F. zu privaten Zwecken setzt voraus, dass der Verantwortliche plausibel Gründe darlegt, aus denen sich die Erforderlichkeit der Maßnahme ergibt.
- Die Videoüberwachung ist zur Verhinderung von Straftaten erforderlich, wenn in Bezug auf die beobachteten Räume eine erheblich über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefährdungslage besteht.
- Die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union gilt nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Anordnungen zur Beseitigung datenschutzrechtlicher Verstöße, die die Behörden vor deren Geltungsbeginn auf der Grundlage des nationalen Rechts getroffen haben.
- Die Zulässigkeit von Videoüberwachungen zu privaten Zwecken richtet sich nunmehr nach Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. f DS-GVO.
Aus den Gründen:
b) Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Verarbeitung sind in Art. 6 Abs. 1 DS-GVO abschließend geregelt, wobei die Absätze 2 und 3 begrenzte Öffnungsklauseln zugunsten der Mitgliedstaaten enthalten. Haben die Betroffenen wie im vorliegenden Fall nicht rechtswirksam in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt (Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 4 Nr. 11 DS-GVO), sind Verarbeitungsvorgänge nur rechtmäßig, wenn sie auf mindestens einen Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 DS-GVO gestützt werden können.
Datenverarbeitungen durch Privatpersonen wie die Videoüberwachung der Klägerin können von vornherein nicht auf Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. e DS-GVO gestützt werden. Danach muss die Datenverarbeitung erforderlich für die Wahrnehmung einer Aufgabe sein, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Eine zusätzliche Abwägung mit den Interessen der Betroffenen ist nicht vorgesehen. Dies lässt sich in Anbetracht des hohen Stellenwerts des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen nur rechtfertigen, wenn der Anwendungsbereich des Tatbestands entsprechend seinem Wortlaut auf behördliche oder staatlich veranlasste Verarbeitungsvorgänge beschränkt wird.
Dementsprechend erfasst Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. e DS-GVO Datenverarbeitungen durch Behörden, die diese in Erfüllung ihrer Aufgaben vornehmen. Privatpersonen können sich darauf nur berufen, wenn ihnen die Befugnis, auf personenbezogene Daten zuzugreifen, im öffentlichen Interesse oder als Ausübung öffentlicher Gewalt übertragen ist. Sie müssen anstelle einer Behörde tätig werden.
Die Öffnungsklauseln des Art. 6 Abs. 2 und 3 DS-GVO für Verarbeitungen nach Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. e DS-GVO erfassen Videoüberwachungen privater Verantwortlicher nicht. Aufgrund dessen ist kein Raum für eine künftige Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 1 des seit 25. Mai 2018 geltenden Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097) – BDSG n.F. – als wortgleicher Nachfolgeregelung des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. auf Videoüberwachungen privater Verantwortlicher.
Diese sind an Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. f DS-GVO zu messen. Danach muss die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sein, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Das zweistufige Prüfprogramm dieser Bestimmung entspricht demjenigen des § 6b Abs. 1 BDSG a.F.
Die Verarbeitung ist erforderlich, wenn der Verantwortliche zur Wahrung berechtigter, d.h. schutzwürdiger und objektiv begründbarer Interessen darauf angewiesen ist. Eine nach diesem Maßstab erforderliche Verarbeitung ist zulässig, wenn die Abwägung in dem jeweiligen Einzelfall ergibt, dass berechtigte Interessen des Verantwortlichen höher zu veranschlagen sind als das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen.
Hierfür ist nach Erwägungsgrund 47 zur Datenschutz-Grundverordnung unter anderem bedeutsam, ob die Datenverarbeitung für die Verhinderung von Straftaten unbedingt erforderlich ist, ob sie absehbar, d.h. branchenüblich ist, oder ob die Betroffenen in der konkreten Situation vernünftigerweise damit rechnen müssen, dass ihre Daten verarbeitet werden.
Danach wäre die Videoüberwachung des öffentlich zugänglichen Bereichs der Zahnarztpraxis der Klägerin auch nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. f DS-GVO unzulässig, weil sie nicht erforderlich ist, um berechtigte Interessen der Klägerin zu wahren. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Erforderlichkeit nach § 6b Abs. 1 BDSG a.F. unter 3.b) verwiesen werden.
Tätowierung als Eignungsmangel im öffentlichen Dienst
(Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. April 2019 – 5 Ta 730/19 –)
- Tätowierungen können einen im Auswahlverfahren bei der Besetzung von Stellen im Objektschutz der Berliner Polizei zu berücksichtigenden Eignungsmangel begründen, wenn sich aus ihrem Inhalt eine Straftat ergibt oder ihr Inhalt für den Bürger als Betrachter direkt (und nicht als Folge einer nur als möglich angesehenen und damit dem Regelungsvorbehalt des Gesetzgebers überlassenen Wirkung in der Bevölkerung) Zweifel an der geforderten Gewähr des Einstellungsbewerbers begründen, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.
- Die zweitgenannte Alternative ist gegeben, wenn der Bewerber zumindest beim Tragen sommerlicher Dienstkleidung sichtbare Tätowierungen trägt, die das Wort „omerta“, Revolverpatronen und Totenköpfe abbilden.
Sachvortragsverwertungsverbot bei Auswertung privater E-Mails
(Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 21. September 2018 – 10 Sa 601/18 –)
- Ist der Sendevorgang abgeschlossen, kommt ein Verwertungsverbot von E-Mails nach § 88 Abs. 3 TKG jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die E-Mails auf einem Ordner abgelegt sind, auf den der Arbeitgeber ohne Zugriff auf das Internet zugreifen kann.
- Es stellt eine unverhältnismäßige Kontrollmaßnahme nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a.F. dar, wenn der Arbeitgeber auf einen vagen Hinweis hin, der Arbeitnehmer hätte sich geschäftsschädigend über den Arbeitgeber geäußert, den privaten E-Mail-Verkehr eines Arbeitnehmers in einem Zeitraum von einem Jahr auswertet.
- Dieser Verstoß gegen Datenschutzrecht führt nach einer Abwägung zwischen Art. 103 Abs. 1 GG und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 1, 2 Abs. 1 GG zu einem „Sachvortragsverwertungsverbot“.
- Der Arbeitgeber kann grundsätzlich die Arbeitnehmer anhalten, private E-Mails in einem separaten Ordner abzuspeichern oder nach Kenntnisnahme zu löschen. Allerdings müssen diese Vorgaben selbst dem aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG abzuleitenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Dies bedeutet, dass die Vorgaben transparent und erforderlich sein müssen, um die vom Arbeitgeber verfolgten Zwecke zu wahren.
Auskunft an den Betriebsrat über Sonderzahlungen
(Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 10. Dezember 2018 – 16 TaBV 130/18 –)
Es bestehen keine datenschutzrechtlichen Bedenken, den Arbeitgeber für verpflichtet zu halten, dem Betriebsrat Auskunft darüber zu erteilen, an welche Arbeitnehmer mit Ausnahme leitender Angestellter Sonderzahlungen geleistet wurden.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Auskunftserteilung gegenüber dem Betriebsrat, an welche Arbeitnehmer, in welcher Höhe, auf welcher Grundlage und nach welchen Kriterien Zulagen, Prämien, Gratifikationen, Provisionen oder sonstige Sonderzahlungen ab dem 1. September 2016 gezahlt wurden.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben und sich der Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Mai 2015 – 16 TaBV 175/14 – angeschlossen.
Aus den Gründen:
- Die Beschwerde ist statthaft, aber nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der allgemeine Unterrichtungsanspruch des § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG nicht durch den Anspruch auf Einsicht in die Bruttoentgeltlisten nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG verdrängt wird. - Der Betriebsrat kann sich für sein Begehren auf § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG berufen, da er die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Tarifverträge überwacht.
- Es bestehen keine datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Weitergabe der im Antrag genannten Daten an den Betriebsrat, auch nicht für die Zeit nach dem 25. Mai 2018, da § 26 Abs. 1 und Abs. 6 BDSG die Beteiligungsrechte des Betriebsrats unberührt lässt. Der Arbeitgeber ist daher berechtigt und verpflichtet, personenbezogene Daten der Arbeitnehmer an den Betriebsrat weiterzuleiten, sofern dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats notwendig ist.
Kein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt bzgl. personenbezogener Daten des Insolvenzschuldners
(Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 20. Juni 2019 – 11 LC 121/17 –)
- Betroffene Person im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist diejenige Person, die davor zu schützen ist, dass sie durch den Umgang mit ihren personenbezogenen Daten in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird.
- Ein Insolvenzverwalter ist hinsichtlich der beim Finanzamt gespeicherten personenbezogenen Daten des Insolvenzschuldners nicht „Betroffener“ im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO.
- Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht des Betroffenen nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO geht nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über, da es sich hierbei um ein höchstpersönliches Recht handelt, welches nicht zur Insolvenzmasse gehört.
- Für die Frage, ob der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO höchstpersönlicher Natur ist, kommt es nicht auf den Inhalt der mit dem Auskunftsanspruch begehrten Informationen an, sondern ausschließlich auf den Rechtscharakter des Auskunftsanspruchs selbst. Dieser lässt sich nur einheitlich und unabhängig vom Inhalt der personenbezogenen Daten bestimmen.
- Steht einem vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Auskunftsanspruch entgegen, dass er nicht „Betroffener“ im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist, kann er sein Auskunftsbegehren in Niedersachsen auch nicht auf andere nationale Regelungen stützen, seien diese geschrieben oder ungeschrieben.
Zur dienstlichen Beurteilung eines behördlichen Beauftragten für Datenschutz und dem datenschutzrechtlichen Benachteiligungsverbot
(Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Mai 2019 – 10 S 34.18 –)
- § 4f Abs. 3 S. 3 BDSG a.F. (vgl. nun Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DS-GVO, § 6 Abs. 3 Satz 3 BDSG n.F.) enthält das Verbot, den Datenschutzbeauftragten wegen der Erfüllung seiner Aufgaben zu benachteiligen. Das Benachteiligungsverbot schützt sowohl die Funktion des Datenschutzbeauftragten als auch die bestellte Person.
- Der Datenschutzbeauftragte muss seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können, ohne Sanktionen befürchten zu müssen, selbst wenn er der benennenden Stelle „lästig“ wird.
- Bei der dienstlichen Beurteilung eines Beauftragten für Datenschutz muss das Benachteiligungsverbot berücksichtigt werden. Dies schließt die Berücksichtigung des weisungsfreien Anteils der Tätigkeit ein, ohne dass die Erfüllung der Aufgaben zu einer Benachteiligung führt.
Schadensersatz wegen Verletzung der Informationspflichten über freie Vollzeitstellen nach angezeigtem Wunsch auf Erhöhung der Arbeitszeit
(Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 5. März 2019 – 3 CA 608/18 –)
- Der Arbeitgeber ist nach § 7 Abs. 2 TzBfG verpflichtet, den Arbeitnehmer, der den Wunsch nach Erhöhung seiner Arbeitszeit angezeigt hat, individuell über freie oder frei werdende entsprechende Vollzeitstellen zu informieren.
- Diese Informationspflicht stellt eine Dauerverpflichtung dar und endet erst, wenn der Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers erfüllt wurde.
- Eine zeitliche Begrenzung dieser Pflicht kann weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 TzBfG entnommen werden.
- Krankheitsbedingte Fehlzeiten oder Minderleistungen des Arbeitnehmers können betriebliche Gründe darstellen, die einem Arbeitszeitwunsch entgegenstehen, müssen jedoch ein Ausmaß erreichen, das hypothetisch eine Kündigung oder Änderungskündigung rechtfertigen könnte.
Zur Zulässigkeit der Übermittlung sozialer Auswahldaten unterlegener Mitbewerber an den Personalrat
(Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 17 P 18.2581)
Im Rahmen der Mitbestimmung der Personalvertretung über Arbeitnehmerversetzungen ohne Bestenauslese kann die namentliche Übermittlung sozialer Auswahldaten über Beschäftigte, die eine Versetzung beantragen, aber nicht zum Zuge kommen, einen gravierenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG) bzw. das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) darstellen, im Vergleich zu dem der Informationsanspruch der Personalvertretung nach bayerischem Landesrecht nicht pauschal überwiegt, was einem generellen Anspruch der Personalvertretung auf eine nicht anonymisierte Preisgabe dieser Auswahldaten entgegensteht.
Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft Datenschutzfragen zur Unterrichtung der Personalvertretung durch die Dienststelle bei der Mitbestimmung anlässlich der Versetzung von Arbeitnehmern (nicht von Beamten) ohne Bestenauslese. Im Kern geht es um die Frage, ob der Personalvertretung auch hinsichtlich solcher Arbeitnehmer, die für Versetzungen zur Auswahl stehen, aber von der Dienststelle gerade nicht ausgewählt werden, Angaben unter Nennung des Namens zu übermitteln sind oder ob insoweit anonymisierte Daten ausreichen.
Aus den Gründen:
Die Beschwerde des Antragstellers ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag festzustellen, dass die Dienststelle bei der Unterrichtung zu Versetzungen von Arbeitnehmern nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BayPVG auch die Namen der nicht zum Zuge gekommenen Bewerber mit Nennung der Beschäftigungsbehörde mitzuteilen hat, im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
- Der abstrakte Feststellungsantrag betrifft seiner Tragweite nach nicht allein die Übermittlung der Namen unterlegener Versetzungsbewerber nebst deren Beschäftigungsbehörde. Zwar ist im Wortlaut der Antragsformulierung nur von den Namen der unterlegenen Versetzungsbewerber (einschließlich der Beschäftigungsbehörde) die Rede. Das Begehren der Namenspreisgabe ist aber vor dem Hintergrund der zur Prüfung der Sozialauswahl (vgl. Art. 75 Abs. 2 Nr. 1-3 BayPVG) bislang anonymisiert übermittelten Angaben zu sehen, die dem Antragsteller nicht genügen. Es geht der Personalvertretung vorliegend darum, zusätzlich zu den bislang von der Dienststelle anonymisiert übermittelten Informationen der nicht zum Zuge kommenden Versetzungsbewerber auch den jeweils zugehörigen Namen (einschließlich Beschäftigungsbehörde) zu erfahren. Je nach dem Inhalt der (bislang anonymisierten) Angaben kann eine solche Namenspreisgabe zu Datensätzen ganz unterschiedlicher Sensibilität führen – wie etwa der Angabe des Wohnorts und seiner Entfernung zum bisherigen bzw. zukünftigen Dienstort oder des Alters der Versetzungsbewerber bis hin zu intimen Angaben betreffend Erkrankungen oder Behinderungen – und außerdem auch den Rechtskreis dritter Personen, beispielsweise die Namen von Kindern, Ehegatten oder Verwandten, deren Alter, Erkrankungen, Behinderungen oder etwaige Pflegebedürftigkeiten, betreffen. Deshalb ist der Feststellungsantrag inhaltlich weitgehender, als es seine Formulierung nahelegt.
- Ein Anspruch der Personalvertretung auf Preisgabe derartiger namensbezogener Informationen ergibt sich nicht aus Art. 69 Abs. 2 Satz 3 BayPVG.2.1. Zwar würde diese Vorschrift von ihrer Rechtsfolge her – dass nämlich die Personalvertretung auch die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Vorlage von Bewerbungsunterlagen verlangen kann – auch die vorliegend begehrte Übermittlung nicht anonymisierter Angaben erfassen.
2.2. Allerdings liegen schon vom Wortlaut des Art. 69 Abs. 2 Satz 3 BayPVG her die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm nicht vor, weil dort die Vorlage von Unterlagen nur für Bewerber bei Einstellungen, Beförderungen oder bei der Übertragung von Dienstposten mit höherem Endgrundgehalt, gerade nicht aber auch für Versetzungen vorgesehen ist.
2.3. Dabei ist kein Grund ersichtlich, Art. 69 Abs. 2 Satz 3 BayPVG über seinen Wortlaut hinaus auch auf Versetzungen zu erstrecken. Insbesondere spricht die historische Auslegung gegen ein solches erweiterndes Verständnis.
2.3.1. Die historische Auslegung spricht gegen eine erweiternde Interpretation des Art. 69 Abs. 2 Satz 3 BayPVG und für einen Umkehrschluss dahingehend, dass jedenfalls hinsichtlich der außerhalb der dort genannten Fallgruppen (Einstellung, Beförderung, Übertragung höherwertiger Dienstposten) liegenden Versetzungsmitbestimmung die Übermittlung der begehrten sozialen Daten von vornherein ausgeschlossen ist.
- Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus Art. 69 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayPVG. Die vorliegend beantragte nicht anonymisierte Datenübermittlung ist unter Berücksichtigung des Gewichts der informationellen Selbstbestimmung der von der Datenübermittlung betroffenen Personen nicht nach Art. 69 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayPVG zu rechtfertigen, und zwar auch nicht im Hinblick auf Art. 75 Abs. 2 Nr. 1-3 BayPVG.3.1. Art. 69 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayPVG ist auch im Kontext konkreter Mitbestimmungstatbestände neben Art. 70 Abs. 2 BayPVG anwendbar.
3.2. Wie gezeigt, spricht insbesondere die historische Auslegung gegen eine erweiternde Auslegung des Art. 69 Abs. 2 Satz 3 BayPVG und infolge dessen für einen Umkehrschluss dahin, dass für die in dieser Norm gerade nicht genannten Versetzungen eine namentliche Datenübermittlung nicht in Betracht kommt.
3.3. Unabhängig davon sind aber selbst dann, wenn ein solcher Umkehrschluss nicht gezogen wird und im Kontext der Versetzungsmitbestimmung nur Art. 69 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayPVG in den Blick genommen wird, die Voraussetzungen für eine nicht anonymisierte Übermittlung von Sozialauswahldaten nach Art. 69 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayPVG nicht gegeben.
3.3.1. Nach dem Wortlaut des Art. 69 Abs. 2 Satz 2 BayPVG sind der Personalvertretung nur die zur Durchführung ihrer Aufgaben „erforderlichen“ Unterlagen zur Verfügung zu stellen, so dass die in Art. 69 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayPVG vorgesehene Unterrichtungspflicht streng aufgabenbezogen zu interpretieren ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. März 2002 – 6 P 6.01 – PersV 2002, 405/410 f. zum inhaltsgleichen § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG; BayVGH, Beschluss vom 15. März 2016 – 17 P 14.2689 – PersV 2016, 266 Rn. 21 m.w.N.). Was in diesem Sinn „erforderlich“ ist, lässt sich nicht rein begrifflich klären, sondern setzt eine wertende Betrachtung voraus. Hierbei fließen neben einer Bewertung des Aufgabenbezugs auch grundrechtliche Wertungen im Hinblick auf die von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte informationelle Selbstbestimmung mit ein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2012 – 6 P 5.11 – BVerwGE 144, 156 Rn. 26 ff.; BayVGH, Beschluss vom 15. März 2016 – 17 P 14.2689 – PersV 2016, 266 Rn. 49). Dabei dürfen personalvertretungsrechtliche Datenübermittlungen auch nicht gegen unionsrechtliche Datenschutzvorgaben verstoßen (siehe 3.4.).
3.3.1.1. Die für die Personalvertretung bei der Versetzungsmitbestimmung (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BayPVG) maßgeblichen Kriterien (Art. 75 Abs. 2 BayPVG) können auch auf der Basis bloß anonymisierter Daten weitgehend überprüft werden. Eine darüber hinausgehende Datenübermittlung ist in der beantragten Tragweite nicht erforderlich. Der Unterscheidung zwischen namentlichen und anonymisierten Daten kommt für die Frage der Erforderlichkeit große Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 5 P 6.17 – juris Rn. 11, 50, 54 zu einem Fall, in dem die Personalvertretung lediglich anonymisierte Daten begehrte).
3.3.1.2. Im Anwendungsbereich spezieller Mitbestimmungstatbestände ist auf das dort gesetzlich vorgesehene – gegenüber den allgemeinen Aufgaben der Personalvertretung (Art. 69 Abs. 1 BayPVG) speziellere – Prüfprogramm (Art. 75 Abs. 2 BayPVG) abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. März 2002 – 6 P 6.01 – PersV 2002, 405/412). Dabei erstreckt sich die Prüfung der Personalvertretung im vorliegenden Kontext auf die Frage etwaiger Verstöße gegen versetzungsbezogene Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, gerichtliche Entscheidungen oder Richtlinien (Art. 75 Abs. 2 Nr. 1 BayPVG), die Frage einer begründeten Besorgnis ungerechtfertigter Benachteiligungen (Art. 75 Abs. 2 Nr. 2 BayPVG) sowie die Frage der Besorgnis einer etwaigen Störung des Friedens in der Dienststelle durch einen Beschäftigten (Art. 75 Abs. 2 Nr. 3 BayPVG).
3.3.1.3. Im Prinzip kann die Personalvertretung auch aus der Mitteilung anonymisierter Daten die Auswahl anhand der genannten Maßstäbe des Art. 75 Abs. 2 BayPVG überprüfen. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf die für Art. 75 Abs. 2 Nr. 2 BayPVG maßgeblichen Sozialauswahlkriterien hinsichtlich erfolgloser Mitbewerber. Aufgrund anonymisierter Angaben kann hinsichtlich der zwischen der Personalvertretung und der Dienststelle abgestimmten Sozialauswahlkriterien eine Differenzierung (Ranking) vorgenommen werden, etwa im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustand der jeweiligen Bewerber und ihrer Angehörigen, die etwaige Anzahl und Betreuungsbedürftigkeit von Angehörigen, die Distanz zwischen Wohn- und Dienstort, das Alter oder die Dauer der Dienstzugehörigkeit oder des Wartens auf die gewünschte Versetzung.
3.3.1.4. Zwar kann die Möglichkeit, dass der Dienststelle bei der Erstellung der anonymisierten Datensätze Fehler unterlaufen, ebenso wenig ausgeschlossen werden wie Konstellationen, in denen die Übermittlung namentlicher Daten zu einer größeren Kontrolldichte seitens der Personalvertretung führt. Der mit einer pauschalen Namensnennung möglicherweise verbundene Vorteil bei der Kontrolle möglicher Fehler ist aber gerade im Hinblick auf Sozialauswahlaspekte nicht hoch zu veranschlagen, weil bei der Versetzungsmitbestimmung auch anonymisierte Daten im Regelfall als tragfähige Rückschlussbasis angesehen werden können.
3.3.2. Eine pauschale namentliche Datenübermittlung ist nicht erforderlich i.S.v. Art. 69 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayPVG, weil sie im Vergleich zu einer anonymisierten nicht wesentlich besser geeignet ist, um Art. 75 Abs. 2 BayPVG bei Versetzungen zu prüfen, gleichzeitig aber im Vergleich zu anonymisierten Datenübermittlungen deutlich intensiver in die informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift.
3.4. Auch das mit Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DS-GVO) zum 25. Mai 2018 unionsrechtlich geregelte Datenschutzrecht spricht gegen die vorliegend von der Personalvertretung begehrte pauschale Übermittlung namentlicher Sozialauswahldaten.
3.4.1. Die Datenschutz-Grundverordnung erfasst unmittelbar auch die vorliegend streitgegenständliche Datenübermittlung im Rahmen des Arbeitnehmerdatenschutzes.
3.4.1.1. Die Datenschutz-Grundverordnung ist vorliegend als Unionsrecht unmittelbar und nicht erst aufgrund des ergänzenden bayerischen Normanwendungsbefehls in Art. 2 BayDSG anwendbar. Die von der Personalvertretung begehrte namensbezogene Übermittlung der sozialen Auswahlgründe bei Versetzungen ist begrifflich eine Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.v. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 4 Nr. 1 und 2 DS-GVO, und zwar zumindest in Form der Verwendung durch Zurverfügungstellung an die Personalvertretung (vgl. Klabunde, in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 4 DS-GVO Rn. 23), wobei unerheblich ist, ob gerade diese Verwendung automatisiert erfolgt oder nicht (Art. 4 Nr. 2 DS-GVO).
3.4.1.2. Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich gemäß Art. 2 Abs. 2 DS-GVO liegt nicht vor. Insbesondere fällt die Datenübermittlung im Zusammenhang mit der Beteiligung einer Personalvertretung nicht i.S.v. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DS-GVO aus dem Anwendungsbereich des Unionsrechts heraus. Denn nach der insoweit gebotenen abstrakten Betrachtung (vgl. Bäcker, in: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 1.8.2018, Art. 2 DS-GVO Rn. 7 m.w.N.) ist von einschlägigen Rechtsetzungskompetenzen der Europäischen Union auszugehen.
3.4.1.3. Auch ergibt sich aus Art. 88 DS-GVO keine Ausnahme vom Geltungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung für den Beschäftigtendatenschutz an sich. Hiergegen spricht schon der Wortlaut des Art. 88 Abs. 1 DS-GVO, wo von „spezifischeren Vorschriften“ die Rede ist. Die Verwendung des Komparativs (spezifischerer) ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich insoweit nicht um eine vollständige Geltungsbereichsausnahme, sondern vielmehr um eine Öffnungsklausel handelt, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, die im Ausgangspunkt einschlägigen Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung durch spezifischere nationale Vorschriften zu präzisieren (vgl. Art. 88 Abs. 2 DS-GVO; Franzen, in: Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 88 DS-GVO Rn. 5 f. m.w.N.).
3.4.1.4. Der im Bereich des Bundes erlassene § 26 BDSG, insbesondere § 26 Abs. 6 BDSG, der Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten unberührt lässt, ist vorliegend nicht einschlägig, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 2 BDSG nicht vorliegen.
3.4.1.5. Das infolgedessen für den Beschäftigtendatenschutz im Hinblick auf Art. 88 DS-GVO maßgebliche bayerische Landesrecht sieht im Zusammenhang mit der vorliegend streitgegenständlichen Versetzungsmitbestimmung und der diesbezüglichen Datenübermittlung an die Personalvertretung aber gerade keine „spezifischere“ Regelung vor.
3.4.2. Innerhalb der somit maßgeblichen und im Licht der Unionsgrundrechte auszulegenden Datenschutz-Grundverordnung ist der vorliegende Fall insbesondere zu messen an Art. 6 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c sowie Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO.
3.4.2.1. Dabei ist hinsichtlich der streitgegenständlichen Datenübermittlung bei Versetzungsmitbestimmung keine gegenüber Art. 88 DS-GVO spezifischere Kollektivvereinbarung ersichtlich. Zwar besteht im Bereich des Oberlandesgerichts München die Übung, sich im Arbeitnehmerbereich an die für den Beamtenbereich vereinbarten Richtlinien anzulehnen. Allerdings wurde für den Arbeitnehmerbereich nicht von einer eigenständigen verbindlichen Regelung berichtet.
3.4.2.2. Eine Rechtfertigung der streitgegenständlichen Datenübermittlung an die Personalvertretung ergibt sich nicht aus Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. a DS-GVO. Insbesondere kann in der bloßen Äußerung eines Versetzungswunsches – auch wenn sie sich auf behördenintern bekannt gegebene, zu besetzende Dienstposten bezieht – noch keine i.S.v. Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. a DS-GVO hinreichende Einwilligung in eine Datenübermittlung der Dienststelle an die Personalvertretung gesehen werden.
3.4.2.3. Auch Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. c DS-GVO rechtfertigt die begehrte Datenübermittlung nicht, weil sie bei einer Auslegung im Licht des Art. 8 GRCh für die Erfüllung der rechtlichen Pflichten der Dienststelle nicht „erforderlich“ ist.
3.4.2.4. Andere Rechtfertigungsgründe i.S.v. Art. 6 DS-GVO kommen vorliegend nicht in Betracht.
3.4.2.4. Andere Rechtfertigungsgründe i.S.v. Art. 6 DS-GVO kommen vorliegend nicht in Betracht. Insbesondere ergibt sich nichts anderes aus Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. f DS-GVO. Denn ungeachtet der Frage, ob eine Geltung dieser Vorschrift im Zusammenhang mit personalvertretungsrechtlicher Aufgabenerfüllung nicht schon gemäß Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 2 DS-GVO ausgeschlossen ist, kann jedenfalls die in Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. f DS-GVO vorgeschriebene Interessenabwägung im Hinblick auf den von Art. 8 GRCh vermittelten Grundrechtsschutz nicht anders ausfallen als die Erforderlichkeitsprüfung bei Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 Buchst. c DS-GVO (siehe 3.4.2.3.).
3.4.2.5. Weil der mit der – ohne Rücksicht auf etwaige Besonderheiten des Einzelfalls generell – pauschal begehrten Datenübermittlung verbundene Grundrechtseingriff auch mit Art. 8 GRCh nicht zu vereinbaren ist (s.o.), ist auch der Frage nicht weiter nachzugehen, ob Konstellationen denkbar sind, in denen wegen konkreter objektiver Anhaltspunkte für einen Versagungsgrund i.S.v. Art. 75 Abs. 2 BayPVG – nach Übermittlung der zunächst anonymisierten Angaben – eine Namenspreisgabe erforderlich werden kann wegen Unstimmigkeiten oder Hinweisen auf besondere Fallgestaltungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 6 P 1.13 – NZA-RR 2014, 387 Rn. 11 und Rn. 32 f. zur elektronischen Arbeitszeiterfassung).
Zwangsgeld (hier in Höhe von 5.000,- EUR) wegen fehlender DSGVO-Auskunft
(Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 9. Mai 2019 – 1 K 760/18.MZ –)
Verzögerte Auskunftserteilung gegenüber dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz rechtfertigt ein Zwangsgeld iHv. 5.000,- EUR.
Sachverhalt:
Die Klägerin wendet sich gegen die Auferlegung eines Zwangsgeldes durch den Beklagten. Die Klägerin betreibt das Tanzlokal „N.“ in A. Neben erotischen Tanzvorführungen werden in den Separees der Gaststätte auch andere sexuelle Dienstleistungen erbracht. An der Außenfassade der Gaststätte sowie im Innenraum und den Separees installierte die Klägerin Videokameras zur Erfassung von Kundinnen und Kunden sowie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Aufgrund einer Eingabe der Staatsanwaltschaft A. (aufgrund eines Ermittlungsverfahrens wegen § 201a StGB) begehrte der Beklagte von der Klägerin mit Schreiben vom 24. März 2017 Auskunft in Form eines Fragenkataloges, der insgesamt 16 Fragen umfasst, insbesondere hinsichtlich des Umfangs der von der Klägerin eingesetzten Videoüberwachungstechnik. Eine Stellungnahme der Klägerin erfolgte innerhalb der bis zum 1. Mai 2017 gesetzten Frist nicht.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2017 wandte sich das Rechts- und Ordnungsamt der Stadtverwaltung A. an die Beklagte mit dem Hinweis, dass in der streitgegenständlichen Gaststätte Überwachungskameras installiert seien, mit denen der angrenzende Gehweg überwacht werden könne. Dies sei bei einer Kontrolle am 21. April 2017 festgestellt worden. Hinweise auf eine Videoüberwachung seien keine angebracht.
Mit Schreiben vom 10. August 2017 forderte der Beklagte die Klägerin erneut zur Beantwortung des Fragenkatalogs auf. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass es Eingaben zu einer Videoüberwachung in Bezug auf die „Separees“ im Innenbereich und den Außenbereich der Gaststätte gegeben habe. Der Klägerin wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 15. September 2017 gesetzt. Eine Beantwortung dieses Schreibens erfolgte nicht.
Der Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 25. September 2017 erneut zur Stellungnahme bis zum 15. Oktober 2017 auf. Auch diese Frist ließ die Klägerin verstreichen.
Mit Bescheid vom 16. November 2017 forderte der Beklagte die Klägerin auf, das ihr mit Schreiben vom 10. August 2017 übersandte Auskunftsersuchen hinsichtlich der Überwachungstechnik in und an ihrer Gaststätte zu beantworten. Er setzte dazu eine Frist bis zum 15. Dezember 2017 und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Erteilung der Auskünfte die Auferlegung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,00 an. Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Klageerhebung bei dem Verwaltungsgericht Mainz angefügt.
Mit zwei Schreiben vom 15. Dezember 2017 (Eingang am 18. Dezember 2017 per Fax) teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 25. September 2017 mit, dass „die Kameras, die den öffentlichen Raum erfassen, derzeit nicht in Betrieb sind“. Diese würden auch entfernt und die Klägerin habe bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Weitere Ausführungen, insbesondere zum Innenbereich der Gaststätte enthielt das Schreiben nicht.
Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. April 2018 mit, dass bisher nur auf die Außenkameras eingegangen worden sei, die inzwischen entfernt worden seien. Die Eingabe der Staatsanwaltschaft A. betreffe allerdings den Innenraum der Gaststätte. Für das Verfahren sei insbesondere von Belang, ob diese Innenkameras weiterhin in Betrieb bzw. installiert seien. Es werde um Mitteilung gebeten, auf welche Rechtsgrundlage sich die Klägerin dafür stütze. Außerdem wurde wieder um die Beantwortung des Fragenkatalogs gebeten und der Klägerin hierfür eine Frist bis zum 1. Mai 2018 gesetzt.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2018 (abgesendet am 14. Juni 2018 mit einfacher Post) forderte der Beklagte die Klägerin auf, dem Auskunftsverlangen vom 3. April 2018 bis zum 29. Juni 2018 nachzukommen. Rechtsgrundlage sei Art. 58 Abs. 1 lit. a der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Der Beklagte drohte für den Fall der nicht fristgerechten Erteilung der Auskünfte die Auferlegung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 € an. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Klägerin ein Auskunftsverweigerungsrecht zustehen könne. Die angefügte Rechtsbehelfsbelehrung wies auf die Möglichkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage bei dem Verwaltungsgericht Mainz hin.
Mit Schreiben vom 25. Juni 2018 legte die Klägerin bei dem Beklagten durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein. Die Frist sei so kurz bemessen, dass die Auskünfte nicht fristgerecht erteilt werden könnten.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2018 (Zustellung per PZU am 4. Juli 2018) verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig, da es sich gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bei dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit um eine oberste Landesbehörde handele und daher ein Vorverfahren unstatthaft sei. Darüber hinaus setzte der Beklagte letztmalig eine Frist zur Beantwortung des mit Bescheid vom 14. Juni 2018 gestellten Informationsersuchens bis zum 10. Juli 2018. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis auf eine mögliche verwaltungsgerichtliche Klage bei dem Verwaltungsgericht Mainz angefügt.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin führte mit Schreiben vom 4. Juli 2018 (Zugang 4. Juli 2018) aus, dass er den Bescheid vom 2. Juli 2018 erhalten habe. Aufgrund der Sommerferien sei es ihm nicht möglich, bis zum 10. Juli 2018 zu antworten. Es werde darum gebeten, die Frist „stillschweigend“ bis zum 17. Oktober 2018 zu verlängern.
Mit Bescheid vom 10. August 2018 (Zustellung per PZU am 11. August 2018) setzte der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 € fest und erlegte der Klägerin die Kosten der Postzustellung in Höhe von 6,90 € auf. Der Klägerin wurde eine Frist zur Zahlung von zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gesetzt. Die Informationsersuchen vom 3. April und 14. Juni 2018 seien innerhalb der gesetzten Fristen „teilweise unbeantwortet“ geblieben. Ferner wurde der Klägerin eine weitere Frist zur Beantwortung des Informationsersuchens zum 15. September 2018 gesetzt. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis auf eine mögliche Klage bei dem Verwaltungsgericht Mainz.
Die Klägerin hat am 5. September 2018 Klage gegen den Bescheid vom 10. August 2018 erhoben. Sie trägt zur Begründung vor, es bestehe kein Grund zur Auferlegung eines Zwangsgeldes durch den Beklagten. Sie sei der Aufforderung des Beklagten, die Kameras im Außenbereich der Gaststätte zu entfernen, nachgekommen. In Bezug auf die Kameras im Innenraum der Gaststätte sei deren Einsatz deutlich mit Hinweisschildern gekennzeichnet, sodass Mitarbeiter und Gäste hierüber in Kenntnis gesetzt würden. Die Überwachungstechnik sei auch notwendig und rechtmäßig, da es in der Vergangenheit immer wieder zu strafrechtlich relevanten Handlungen innerhalb der Gaststätte gekommen sei. Die erhobenen Daten würden nach kurzer Zeit gelöscht und dienten dem Schutz der Klägerin und ihrer Kunden.
Aus den Gründen:
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, da sie unbegründet ist.
I. Die Klage ist als Anfechtungsklage auch ohne erfolgslos durchgeführtes Vorverfahren zulässig. Die Klägerin wendet sich gegen die Zwangsgeldfestsetzung mit Bescheid vom 10. August 2018. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der selbstständig mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden kann (vgl. OVG RP, Urteil vom 18. März 1993 – 1 A 10570/92. OVG –, NVwZ 1994, 715). Das Vorverfahren ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO unstatthaft, da es sich bei dem Beklagten um eine oberste Landesbehörde handelt (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 1 des Landesdatenschutzgesetzes in der Fassung vom 8. Mai 2018 – LDSG –). Damit war eine unmittelbare Klageerhebung möglich. Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind gegeben.
II. Die Klage ist allerdings unbegründet. Die Festsetzung des Zwangsgeldes ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
- Die Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung des Zwangsgeldes durch den Beklagten in Höhe von 5.000,00 € gegen die Klägerin ergibt sich aus §§ 2 Nr. 1, 61 Abs. 1, 62 Abs. 1 Nr. 2, 64 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes (LVwVG). Im Rahmen des gestreckten Verwaltungsvollstreckungsverfahrens können Verwaltungsakte, die auf Herausgabe einer Sache oder auf eine Handlung, Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, durch Anwendung von Zwangsmitteln vollstreckt werden.
- Die Festsetzung des Zwangsgeldes ist formell rechtmäßig erfolgt.
a) Nach dem sog. Grundsatz der Selbstvollstreckung ist der Beklagte gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 LVwVG als Erlassbehörde für die Vollstreckung der durch ihn erlassenen Verwaltungsakte zuständig. Verfahrens- und Formfehler sind nicht ersichtlich. Einer Anhörung der Klägerin bedurfte es gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) nicht, da es sich bei der Festsetzung eines Zwangsmittels um eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung handelt. Das Zwangsgeld wurde gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 LVwVG schriftlich festgesetzt.
b) Ferner wurde der Klägerin auch die Festsetzung eines Zwangsgeldes in der nunmehr festgesetzten Höhe von 5.000,00 € schriftlich im Bescheid vom 14. Juni 2018 gemeinsam mit der Grundverfügung angedroht (§ 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 LVwVG). Zwar wurde die schriftliche Zwangsgeldandrohung nicht gemäß § 66 Abs. 6 LVwVG i.V.m. § 1 Abs. 1 des Landesverwaltungszustellungsgesetzes (LVwZG) i.V.m. § 1 ff. des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) förmlich zugestellt. Allerdings ist der Bescheid vom 14. Juni 2018, der dort unter Ziffer 2 auch die Zwangsgeldandrohung enthält, dem Prozessbevollmächtigten – wie sich dessen „Widerspruch“ mittelbar entnehmen lässt – spätestens am 25. Juni 2018 tatsächlich zugegangen, sodass der Bescheid gemäß § 8 VwZG jedenfalls zu diesem Zeitpunkt als zugestellt gilt.
Der Beklagte hat der Klägerin allerdings keine gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 LVwVG erforderliche angemessene Frist gesetzt, sodass die – bestandskräftige – Zwangsgeldandrohung als rechtswidrig einzustufen wäre. Die Frist wurde mit Bescheid vom 14. Juni 2018 ursprünglich auf den 29. Juni 2018 gesetzt und mit Bescheid vom 2. Juli 2018 (zugestellt mit PZU am 4. Juli 2018) auf den 10. Juli 2018 verlängert. Damit bezog sich der Fristablauf (auch nach Fristverlängerung) auf einen Zeitpunkt, der noch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO lag und zu dem der Grundverwaltungsakt in Form des Auskunftsersuchens allerdings weder kraft Gesetzes sofort vollziehbar war (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3, Satz 2 VwGO) noch die sofortige Vollziehung besonders durch den Beklagten angeordnet worden ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO). Da damit zum Zeitpunkt des Fristablaufs die Vollstreckungsvoraussetzungen des § 2 LVwVG hinsichtlich des Grundverwaltungsaktes (noch) nicht vorlagen, wäre die Androhung als rechtswidrig einzuordnen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. April 2010 – 11 B 9/09 –, NVwZ-RR 2010, 748 [749]; Beckmann/Stollenwerk, in: PdK Rheinland-Pfalz, A 19 RhPf, Stand: August 2012, Erläuterungen zu § 66 Abs. 1 LVwVG; Lemke, in: Danker/Lemke, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, 1. Auflage 2012, § 13, Rn. 12).
Allerdings ist die Zwangsgeldandrohung, die einen Verwaltungsakt darstellt (vgl. nur BVerwG, Gerichtsbescheid vom 26. Juni 1997 – 1 A 10/95 –, NVwZ 1998, 393), wirksam und auch (gemeinsam mit dem Grundverwaltungsakt) bestandskräftig geworden, sodass sie trotz rechtswidriger Fristsetzung grundsätzlich eine hinreichende Grundlage für die Festsetzung des Zwangsgelds sein kann (vgl. VGH BW, Urteil vom 17. August 1995 – 5 S 71/95 –, NVwZ-RR 1996, 612 [613]). Die vorgenannte zu kurze Fristsetzung stellt auch keinen derart schwerwiegenden Fehler dar, der ein Abweichen von diesem Grundsatz rechtfertigen würde. Eine solche Ausnahme käme nur bei Nichtigkeit gemäß § 44 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 LVwVfG in Betracht (anders bei der fehlenden Bestimmtheit der Zwangsmittelandrohung: VGH BW, a.a.O.). Dies ist hier allerdings – insbesondere vor dem Hintergrund der mehrmaligen Aufforderungen zur Auskunftserteilung vor der Androhung – nicht anzunehmen (vgl. für eine gänzlich fehlende Frist: Troidl, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG VwZG, 11. Auflage 2017, § 13 VwVG, Rn. 3). Denn spätestens mit der Bestandskraft des Grundverwaltungsaktes musste die Klägerin erkennen, dass sie nunmehr die dort enthaltene Verpflichtung erfüllen muss.
Damit kann sie weiter ihre Wirkung dahingehend entfalten, die Klägerin zur Vornahme der begehrten Handlung anzuhalten. Infolgedessen kann hier auch eine zu kurz bemessene Frist keinen derart erheblichen Fehler darstellen, der die Androhung als nichtig erscheinen lässt.
- Die Festsetzung des Zwangsgeldes erfolgte auch materiell rechtmäßig.
a) Mit Bescheid vom 14. Juni 2018 hat der Beklagte einen nach § 61 Abs. 1 LVwVG erforderlichen, wirksamen Grundverwaltungsakt erlassen. Dieser ist gemäß § 2 Nr. 1 LVwVG auch vollstreckbar, da er bereits im Zeitpunkt der Festsetzung des Zwangsgeldes unanfechtbar und damit in Bestandskraft erwachsen war. Die Einlegung eines (unstatthaften) Widerspruchs hemmt die Bestandskraft nicht. Eine insoweit erforderliche verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Bescheid hat die Klägerin – trotz diesbezüglicher Rechtsbehelfsbelehrung – binnen der Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO nicht erhoben.
b) Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 14. Juni 2018 als Grundverwaltungsakt ist nach dem Wortlaut des § 61 Abs. 1 LVwVG bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 – 7 C 5/08 –, NVwZ 2009, 122, Rn. 12). Da für den Betroffenen insoweit auch eine Rechtsschutzmöglichkeit gegen den Grundverwaltungsakt gegeben war, ist dies auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG unbedenklich (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 14). Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des mit Bescheid vom 14. Juni 2018 gestellten – hinreichend bestimmten – Informationsersuchens verfangen daher von vornherein nicht. Sie wären vielmehr in einer Klage gegen den Bescheid vom 14. Juni 2018 geltend zu machen gewesen; von dieser Möglichkeit hat die Klägerin allerdings (innerhalb der Klagefrist) keinen Gebrauch gemacht.
Sofern die – anwaltlich vertretene – Klägerin in diesem Klageverfahren jedoch vorträgt, dass die Videoüberwachung im Innenraum ihrer Gaststätte rechtmäßig sei, so verkennt sie grundlegend den Streitgegenstand. Überdies hätten die Ausführungen ihres Prozessbevollmächtigten weder Entscheidungsrelevanz in diesem Klageverfahren noch im Rahmen einer – nunmehr längst verfristeten – Klage gegen den Grundverwaltungsakt (das Informationsersuchen mit Bescheid vom 14. Juni 2018).
Eine Bewertung der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung im Innenraum der Gaststätte wurde seitens des Beklagten noch überhaupt nicht vorgenommen, sondern sollte offenbar erst auf Grundlage der Antworten der Klägerin auf das Informationsersuchen erfolgen. Dies hätte sich auch bei sorgfältiger Lektüre der Bescheide und Schreiben der Beklagten für die Klägerin bzw. ihren Prozessbevollmächtigten aufdrängen müssen.
Überdies dürften auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Informationsersuchens keine Bedenken bestehen. Der Beklagte ist zunächst zuständige Aufsichtsbehörde für die Überwachung von nichtöffentlichen Stellen, die personenbezogene Daten erheben, verarbeiten oder nutzen. Insoweit weist Art. 51 Abs. 1 DS-GVO die Mitgliedstaaten der europäischen Union an, eine unabhängige Behörde für die Überwachung der Anwendung der Verordnung zu schaffen. Aufgrund dieser Regelung hat der Bundesgesetzgeber mit Wirkung zum 25. Mai 2018 § 40 Abs. 1 BDSG neu gefasst und den Ländern die Überwachung des Anwendungsbereiches der DS-GVO für nichtöffentliche Stellen übertragen (vgl. Art. 1 und 8 Datenschutz-Anpassungs und -Umsetzungsgesetz EU vom 30. Juni 2017; BGBl. I 2017, S. 2097). Der rheinland-pfälzische Gesetzgeber hat die Wahrnehmung dieser Aufgaben in § 15 Abs. 2 LDSG (in der Fassung vom 8. Mai 2018; vgl. GVBl. 2018, 93) dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit überantwortet.
Mit Art. 58 DS-GVO verfügt die Aufsichtsbehörde über sämtliche Untersuchungsbefugnisse, die es ihr gestatten, die Klägerin anzuweisen, alle Informationen bereitzustellen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach Art. 57 DS-GVO erforderlich sind. Als Aufgabe kommt hier insbesondere die Überwachung und Durchsetzung der Anwendung der DS-GVO nach Art. 57 Abs. 1 lit. a DS-GVO bzw. die Durchführung von Untersuchungen über die Anwendung der DS-GVO nach Art. 57 Abs. 1 lit. h DS-GVO in Betracht. Den Aufsichtsbehörden steht in diesem Rahmen gemäß Art. 58 Abs. 1 lit. a DS-GVO auch ein Auskunftsanspruch zu, dem die Klägerin als datenschutzrechtlich Verantwortliche grundsätzlich nachkommen muss (vgl. Lachenmann/Leibold, Prüfkataloge der Aufsichtsbehörden zur Umsetzung der DS-GVOVorgaben, ZD-Aktuell 2019, 06419).
Demnach darf die Aufsichtsbehörde den Verantwortlichen, den Auftragsverarbeiter und gegebenenfalls den Vertreter des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters anweisen, alle Informationen bereitzustellen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Dies hat der Bundesgesetzgeber auch in § 40 Abs. 4 Satz 1 BDSG (entspricht § 38 Abs. 3 BDSG a.F.) im nationalen Recht insbesondere dahingehend konkretisiert, dass Auskunftspflichtige die Beantwortung der Fragen des Beklagten mit Rücksicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht ablehnen können (§ 40 Abs. 4 Satz 2 BDSG). Ihr kommt insoweit auch die Befugnis zu, durch Verwaltungsakt zu handeln (sog. VA-Befugnis), was bereits im Wortlaut der Vorschrift („anzuweisen“) zum Ausdruck kommt.
Zudem steht es auch grundsätzlich im Ermessen einer Behörde, eine bestehende Handlungsverpflichtung (hier die Auskunftsverpflichtung der Klägerin) durch Verwaltungsakt zu konkretisieren und dann auch im Wege des Verwaltungszwanges durchzusetzen (vgl. zu Auskunftsverlangen nach § 52 MessEG: Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 223. EL Januar 2019, § 52 MessEG, Rn. 12 ff.).
Die Ausgestaltung der Fragebögen obliegt weitestgehend dem Ermessen der Aufsichtsbehörde (vgl. Lachenmann/Leibold, Prüfkataloge der Aufsichtsbehörden zur Umsetzung der DS-GVO-Vorgaben, ZD-Aktuell 2019, 06419). Hier bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte insoweit ihren Ermessensspielraum überschritten haben könnte. Insbesondere sind die Fragen gerade nicht willkürlich gewählt, sondern dienen erkennbar dazu, die von der Klägerin durchgeführte Videoüberwachung umfassend datenschutzrechtlich zu bewerten.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BDSG ist die Beobachtung – wie hier – öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen für nichtöffentliche Stellen nur zulässig, soweit sie zur Wahrung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Dabei zielen etwa die Fragen 1 bis 4, 7, 8 und 10 auf den Umfang der Videoüberwachung ab, die bei der Gewichtung der Interessen der Klägerin gegenüber den Rechten der beobachteten Personen (Recht am eigenen Bild bzw. informationelle Selbstbestimmung) eine wesentliche Rolle spielt. Auch die übrigen Fragen dienen der Information über die Einhaltung besonderer Datenschutzvorschriften oder enthalten weitere wesentliche Aspekte für die Zulässigkeit der Videoüberwachung.
c) Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zwangsgeldfestsetzung.
aa) Die Auswahl des Zwangsmittels ist nicht zu beanstanden. Durch die Festsetzung eines Zwangsgelds kann der Beklagte die Klägerin auch zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung, vorliegend die Auskunftserteilung, veranlassen und auf diese Weise die im Grundverwaltungsakt vom 14. Juni 2018 enthaltene Verpflichtung vollstrecken (vgl. Deusch/Burr, in: BeckOK VwVfG, 42. Edition, Stand: 1. Januar 2018, § 11 VwVG, Rn. 1).
Die Ersatzvornahme nach §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 LVwVG wäre hier von vornherein unstatthaft, da sie an eine vertretbare Handlung anknüpft. Die Anwendung unmittelbaren Zwanges nach §§ 62 Abs. 1 Nr. 3, 65 LVwVG wäre nur als letztes Mittel der Verwaltungsvollstreckung anzuwenden und musste vorliegend ohnehin außer Betracht bleiben, da dieser für die Erzwingung einer aktiven Auskunftserteilung offensichtlich ausgeschlossen ist. Die Duldung einer sonstigen Informationsbeschaffung – etwa mittels Durchsuchung der Geschäftsräume – ist hier nicht streitgegenständlich.
bb) Die Pflicht zur Auskunftserteilung bestand im Zeitpunkt der Festsetzung des Zwangsgeldes fort, worauf die Klägerin auch im Zuge dessen gemäß § 62 Abs. 4 LVwVG hingewiesen wurde. Sie dauerte auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an, ohne dass zwischenzeitlich eine hinreichend konkrete und vor allem vollständige Beantwortung des betreffenden Informationsersuchens erfolgt wäre.
Die Behauptung der Einstellung der Überwachungsmaßnahmen ersetzt die Erfüllung des Auskunftsersuchens nicht. Der Beklagte hat der Klägerin eine nach § 64 Abs. 2 Satz 4 LVwVG angemessene Frist zur Zahlung des Zwangsgeldes gesetzt, indem er diese auf zwei Wochen nach dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides festlegte. Aufgrund der mehrmaligen gleichartigen Auskunftsersuchen im Vorfeld des Bescheids war eine Beantwortung in diesem Zeitraum auch ohne weiteres zumutbar.
cc) Die Rechtsfolgenseite der Ermächtigungsgrundlage eröffnet dem Beklagten gemäß § 64 Abs. 1 und 2 LVwVG einen Ermessensspielraum. Demnach kann die Vollstreckungsbehörde den Vollstreckungsschuldner durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung seiner Pflichten anhalten und dabei einen Betrag zwischen mindestens fünf und höchstens fünfzigtausend Euro festsetzen.
Bei der Bemessung sind einerseits die wirtschaftlichen Vorteile, die mit der Nichtbefolgung des Verwaltungsaktes verbunden sind, zu berücksichtigen, andererseits muss das Zwangsmittel nach § 62 Abs. 2 LVwVG in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen. Der Beklagte hat sein Ermessen vollständig und entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage ausgeübt sowie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten (§ 114 Satz 1 VwGO).
Zunächst bestehen hinsichtlich des Entschließungsermessens keine rechtlichen Bedenken. Dem Beklagten steht es grundsätzlich frei, ob er zur Durchsetzung seines Grundverwaltungsaktes, hier in Gestalt des Bescheides vom 14. Juni 2018, überhaupt Zwangsmittel androht bzw. später festsetzt.
Insoweit gilt allerdings, dass es in der Regel sachgerecht ist, eine erlassene Grundverfügung mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzen (vgl. Deusch/Burr, in: BeckOK VwVfG, 42. Edition, Stand: 1. Januar 2018, § 6 VwVG, Rn. 2). Bereits die Androhung des Zwangsgeldes soll dem Anliegen des Beklagten Nachdruck verleihen und der Klägerin aufzeigen, dass sie den Forderungen des Beklagten nachzukommen hat.
Die Anwendung von Verwaltungszwang dient hier auch der Effektivität der Verwaltung und der Durchsetzung der Rechtsordnung. Sie dient hier erkennbar der Willensbeugung und hat keinen Sanktionscharakter. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Auskunftsersuchen für die Vorbereitung weiterer Maßnahmen aus Sicht des Beklagten erforderlich ist.
Eine Beantwortung des detaillierten Fragenkatalogs ist bisher – wenn überhaupt – nur sehr rudimentär in dem Sinne erfolgt, dass innerhalb der gesetzten Fristen pauschal auf die Außenkameras und deren zwischenzeitliche Entfernung hingewiesen worden ist.
Insbesondere fehlen jegliche Aussagen zu den Kameras im Innenraum der Gaststätte. Auch dazu hat der Beklagte mehrmals (ausdrücklich) aufgefordert. Die Aussage, dass die Kameras im Innenraum nunmehr abgeschaltet seien, hat die Klägerin weder substantiiert dargetan oder belegt. Überdies entbindet sie dies auch nicht rückwirkend von ihrer Verpflichtung zur Beantwortung des Fragenkatalogs.
Anders, als die Klägerin zu meinen scheint, hat der Beklagte sie stets nur zur Beantwortung des Fragenkatalogs aufgefordert, eine ausdrückliche Anordnung zur Entfernung der Kameras im Außen- oder Innenbereich ist bisher durch die Beklagte nicht erfolgt. Dieser prüft – wie es nach dessen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung anzunehmen ist – die Rechtmäßigkeit des Kameraeinsatzes zunächst anhand der Auskünfte der Betroffenen; erst dann ergeht gegebenenfalls ein Bescheid über weitergehende Maßnahmen.
Insoweit erfüllen auch die Ausführungen im gerichtlichen Verfahren die Anforderungen an eine vollständige Erfüllung des Informationsersuchens nicht, sondern erschöpfen sich wiederum ausschließlich in allgemein gehaltenen Aussagen, denen es auch an einer näheren Substantiierung mangelt.
Die Festsetzung des Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 € ist auch verhältnismäßig. Das angewandte Zwangsmittel ist vorliegend geeignet, die Klägerin anzuhalten die ihr obliegenden Pflichten zu erfüllen, da es zur Durchsetzung des Grundverwaltungsaktes zumindest förderlich ist.
Ob ein von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren angebotener Vor-Ort-Besuch zweckmäßiger wäre, ist gerichtlich nicht zu überprüfen. Dies kann ggf. zu einer außergerichtlichen Einigung bis hin zu einer Reduzierung des Zwangsgeldes führen, was hier indessen nicht streitgegenständlich ist.
Das Zwangsgeld ist auch erforderlich. Dies ist dann der Fall, wenn es unter mehreren gleich geeigneten Mitteln das relativ Mildeste darstellt und die Klägerin am wenigsten beeinträchtigt.
Hierbei ist nicht nur auf das Zwangsmittel abzustellen, sondern der Beklagte hat zu prüfen, ob der angestrebte Zweck sich auch mit anderen Maßnahmen verwirklichen lässt (vgl. Deusch/Burr, in: BeckOK VwVfG, 42. Edition, Stand: 1. Januar 2018, § 9 VwVG, Rn. 8). Der Beklagte hat bereits im März 2017 mit der Klägerin Kontakt aufgenommen und ihr den für seine Prüfungen erforderlichen Fragenkatalog übersandt, dies erfolgte durch einfaches Schreiben. Der Einsatz eines Fragebogens ist bereits das mildeste Mittel, insbesondere eingriffsärmer als eine (erzwungene) persönliche Kontrolle durch den Beklagten im Rahmen eines Ortstermins.
Hinsichtlich der Auswahl des Zwangsmittels bestehen keine rechtlichen Bedenken, denn der Gesetzgeber hat die möglichen Zwangsmittel in § 62 LVwVG abschließend geregelt.
Wie oben bereits festgestellt, waren sowohl die Ersatzvornahme als auch der unmittelbare Zwang vorliegend untunlich. Auch der Höhe nach ist die Festsetzung nicht zu beanstanden. Die Klägerin reagierte – bereits nach mehrmaliger Aufforderung – auf die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 500,00 € nicht. Die weitere beharrliche Weigerung der Klägerin, die an sie gestellten Fragen zum Einsatz der Videokameras insbesondere im Innenraum der Gaststätte zu beantworten, führte letztlich zur Androhung und Festsetzung des Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 €.
Es wurde damit zunächst über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg mit milderen Mitteln vergeblich versucht, die Klägerin zur Beantwortung des ihr übersandten Fragenkatalogs zu bewegen.
Die Festsetzung des Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 € ist auch angemessen im Hinblick auf den angestrebten Erfolg der Beantwortung des Fragenkatalogs bzw. des Informationsersuchens. Den Vollstreckungsinteressen des Beklagten zur Durchsetzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen ist vorliegend Vorrang vor den Interessen der Klägerin zu gewähren.
Der Gesetzgeber hat dem Beklagten einen weiten Spielraum bei der möglichen Höhe des Zwangsgeldes eingeräumt. Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 LVwVG kann er ein Zwangsgeld zwischen fünf und fünfzigtausend Euro festsetzen.
Die Höhe des Zwangsgeldes ist im Einzelfall und anhand der Dringlichkeit und Bedeutung der Angelegenheit und des bisherigen Verhaltens der Klägerin zu bestimmen. Die Wichtigkeit des vom Beklagten verfolgten Zwecks und die Intensität des von der Klägerin geleisteten Widerstandes gegen die Erfüllung der Verpflichtung sind ebenso von Bedeutung (vgl. Deusch/Burr, in: BeckOK VwVfG, 42. Edition, Stand: 1. Januar 2018, § 11 VwVG, Rn. 13).
Hierbei kann der Beklagte das Zwangsgeld auch steigern, wenn sich die Klägerin – wie hier – beharrlich weigert, der ihr auferlegten Verpflichtung nachzukommen. Die Beantwortung der Fragen weist besondere Dringlichkeit und Bedeutung auf, denn es besteht besondere datenschutzrechtliche Relevanz hinsichtlich der von der Klägerin angefertigten Aufnahmen sogar aus der Privatbzw. Intimsphäre ihrer Kunden und Mitarbeiterinnen.
Dabei ist es hier auch unerheblich, ob insoweit etwa in einem Separee nur eine erotische Tanzvorführung stattfindet oder weitere sexuelle Handlungen erfolgen. Es handelt sich in beiden Fällen um besonders sensible Daten (vgl. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO). Zu beachten ist hier, dass sich die Klägerin über einen erheblichen Zeitraum weigerte, die ihr übersandten Fragen zu beantworten. Diesem Umstand durfte der Beklagte Rechnung tragen, indem er die Zwangsandrohung deutlich erhöhte.
Vorliegend sind nicht nur die Kosten einer möglichen Demontierung der Kameras anzulegen, sondern insbesondere ist auch die erhebliche datenschutzrechtliche Relevanz bei Videoaufzeichnungen von sexuellen Handlungen zu beachten, wie sich aus den in der in der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte befindlichen „Screenshots“ ergibt.
Der Vortrag des Prozessbevollzu mächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass Prostitution arbeitsvertraglich für die Mitarbeiterinnen untersagt sei, ist wiederum weder hinreichend substantiiert noch ansatzweise belegt. Überdies dürfte dies auch zu keiner anderen Beurteilung führen, da offenbar faktisch sexuelle Handlungen vollzogen werden und es nicht auszuschließen ist, dass dies insoweit von der Klägerin geduldet wird.
Jedenfalls würde auch alleine die Videoüberwachung von erotischen Tanzvorstellungen, bei denen sich jedenfalls die Tänzerinnen unter Umständen vollständig entkleiden, datenschutzrechtlich als besonders sensibler Bereich einzuordnen (vgl. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO: „Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung“) und im Übrigen auch arbeitsrechtlich bedenklich sein.
Darüber hinaus handelt es sich bei der Klägerin nicht um eine natürliche Person, sondern um eine gewinnorientiert arbeitende GmbH. Der vom Gesetzgeber in § 64 Abs. 2 Satz 1 LVwVG eingeräumte Ermessensspielraum soll gerade auch eine Orientierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin ermöglichen. Diese ist ohne gegenteilige Anhaltspunkte bei Gewerbetreibenden in aller Regel höher einzuschätzen als bei Privatpersonen.
Das Zwangsgeld kann gerade nur dann seine willensbeugende Wirkung erreichen, wenn es in seiner Höhe auch ausreichend ist, um bei der Klägerin die angestrebte Auskunft zu erwirken (vgl. zur Zulässigkeit eines Zwangsgeldes in dieser Höhe auch: SächsOVG, Beschluss vom 17. Juli 2013 – 3 B 470/12 –, BeckRS 2014, 45288; VG Darmstadt, Beschluss vom 21. Mai 2013 – 5 L 304/13.DA –, juris, Rn. 59).
Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichte „Gewinn- und Verlustrechnung“ für das Jahr 2017 rechtfertigt insoweit keine andere Einschätzung.
Vielmehr lässt dies keine hinreichend schlüssige Prognose hinsichtlich der allgemeinen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin zu, sondern stellt vielmehr nur eine Momentaufnahme dar, aus der sich entnehmen lässt, dass die Klägerin in den Jahren 2016 und 2017 erhebliche Gewinnschwankungen hatte.
Eine niedrigere Bemessung des Zwangsgeldes wäre bei diesem – ohnehin erst nachträglich eingebrachten – Aspekt daher von vornherein nicht zwingend angezeigt gewesen.
Sofern die Klägerin vorträgt, sie habe ein berechtigtes Interesse an der Videoüberwachung im Innenraum und den Separees ihrer Gaststätte und weise darauf auch ausreichend hin, so betrifft dieser Vortrag nicht die Frage der Festsetzung des Zwangsgeldes.
Dies ist in dem vom Beklagten übersandten Fragebogen anzubringen, denn dieser zielt gerade darauf, seitens des Beklagten die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung zu überprüfen.
Welche Konsequenzen sich für die Klägerin aus dieser Prüfung ergeben, ist als offen zu qualifizieren.
Wenn die Klägerin dabei der Ansicht ist, die Videoüberwachung entspreche den gesetzlichen Vorgaben, so ist ihre beharrliche Weigerung zur Beantwortung des Fragebogens nicht ansatzweise nachvollziehbar.