Urteil : Vorlage von Unterlagen an den Betriebsrat : aus der RDV 6/2015, Seite 331 bis 332
(Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. März 2015 – 1 ABR 58/13 –)
Dem Betriebsrat sind bei der Einholung der Zustimmung zu einer Einstellung oder Versetzung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht nur die Unterlagen der nicht berücksichtigten Bewerber vorzulegen, sondern ggf. auch Schriftstücke, die der Arbeitgeber im Rahmen des Bewerbungsverfahrens über die Bewerber erstellt hat. Zu den vorzulegenden Bewerbungsunterlagen gehören aber nur solche Unterlagen, die der Arbeitgeber bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt. Aufzeichnungen, wie z.B. zur Gedächtnisstütze gefertigte Gesprächsnotizen, gehören nicht hierzu.
(Nicht amtlicher Leitsatz)
Aus den Gründen:
2. Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsverfahren in Bezug auf die beabsichtigte Versetzung des Arbeitnehmers M ordnungsgemäß eingeleitet.
a) Die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG voraus. Dieser hat den Betriebsrat über die geplante personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Urkunden zu unterrichten. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist (BAG 30. September 2014 – 1 ABR 32/13 – Rn. 24).
b) Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf den beabsichtigten Aufgabenwechsel des Arbeitnehmers M und die Begründung der dieser Maßnahme zugrundeliegenden Auswahlentscheidung vor. Der Betriebsrat wurde unter Vorlage der eingereichten Bewerbungsunterlagen über die Personen der Bewerber, den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die Begründung der getroffenen Auswahlentscheidung hinreichend unterrichtet. Die Arbeitgeberin hat die aus ihrer Sicht bestehenden Qualifikationsdefizite der unberücksichtigt gebliebenen Bewerber im Unterrichtungsschreiben vom 25. Juni 2012 im Einzelnen benannt. Weitere Angaben waren nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats mussten ihm nicht die von der Personalsachbearbeiterin anlässlich der Bewerbungsgespräche erstellten Aufzeichnungen zur Verfügung gestellt werden.
aa) Dem Betriebsrat sind nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zwar nicht nur die Unterlagen der nicht berücksichtigten Bewerber vorzulegen, sondern auch solche Schriftstücke, die der Arbeitgeber im Rahmen des Bewerbungsverfahrens über die Bewerber erstellt hat. Dies gibt der Normzweck des § 99 Abs. 1 BetrVG vor. Der Betriebsrat kann sein Recht, für die zu treffende Auswahl Anregungen zu geben, sachangemessen nur ausüben, wenn er die vom Arbeitgeber ermittelten und von diesem für auswahlrelevant gehaltenen Daten und Unterlagen kennt (BAG 28. Juni 2005 – 1 ABR 26/04 – zu B II 2 aa [2] der Gründe, BAGE 115, 173). Zu den danach vorzulegenden Bewerbungsunterlagen gehören Unterlagen, die der Arbeitgeber allein oder zusammen mit dem jeweiligen Bewerber anlässlich einer Bewerbung erstellt hat, aber nur, wenn der Arbeitgeber diese Schriftstücke bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt. Aufzeichnungen, die hierfür ohne jegliche Bedeutung sind, muss der Arbeitgeber nicht vorlegen (BAG 17. Juni 2008 – 1 ABR 20/07 – Rn. 15, BAGE 127, 51).
bb) Die anlässlich der Bewerbungsgespräche von der Personalsachbearbeiterin gefertigten Notizen waren für die Auswahlentscheidung der Arbeitgeberin ohne Bedeutung. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Personalsachbearbeiterin die während der Bewerbungsgespräche gefertigten Gesprächsnotizen nur als Erinnerungsstütze für die Besprechung mit ihrem Vorgesetzten und für die Abfassung des an den Betriebsrat gerichteten Unterrichtungsschreibens erstellt. Damit hatten sie für die das Bewerbungsverfahren abschließende Auswahlentscheidung der Arbeitgeberin keine Bedeutung.
cc) Entgegen der Annahme des Betriebsrats war die Vorlage der schriftlichen Notizen nicht deshalb erforderlich, weil er durch diese weitere Kenntnisse vom Ablauf des Bewerbungsverfahrens und der tatsächlichen Grundlagen der Auswahlentscheidung erhalten hätte.
Das Betriebsverfassungsgesetz gewährt dem Betriebsrat kein Teilnahmerecht an den mit Bewerbern geführten Personalgesprächen. Sein hierdurch bewirktes Informationsdefizit muss der Arbeitgeber nicht durch eine Wiedergabe der mit den Bewerbern geführten Gespräche oder ihrer wesentlichen Inhalte ausgleichen. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verlangt vom Arbeitgeber auch keine Rechtfertigung seiner Auswahl (BAG 28. Juni 2005 – 1 ABR 26/04 – zu B II 2 b bb [2] der Gründe, BAGE 115, 173). Gegenstand der Unterrichtung sind nur die wesentlichen Tatsachen und Einschätzungen des Arbeitgebers, die ihn zu der getroffenen Entscheidung bestimmt haben.