Abo

Urteil : Untersuchungsobliegenheit eines Privatversicherten : aus der RDV 6/2016, Seite 330 bis 332

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Juli 2016 – IV ZR 292/14 –)

Lesezeit 11 Min.
  1. Die Untersuchungsobliegenheit nach § 9 Abs. 3 MB/ KK 2009, nach der die versicherte Person sich auf Verlangen des Versicherers sich durch einen von der Versicherung benannten Arzt untersuchen lassen muss, hält der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stand und ist mit dem Recht des Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar.
  2. § 213 VVG ist auf die Erhebung von Gesundheitsdaten durch eine veranlasste Untersuchung des Versicherten weder unmittelbar noch analog anwendbar.

(Nicht amtliche Leitsätze)

Sachverhalt:

Die Parteien streiten um Leistungsansprüche der Klägerin aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Krankheitskostenversicherung sowie um Auslegung und Wirksamkeit der in den Vertrag einbezogenen „Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung“. Diese umfassen in ihrem Teil I die Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK 2009), welche auszugsweise wie folgt lauten:

                                                        § 9 Obliegenheiten 

(2) Der Versicherungsnehmer und die als empfangsberechtigt benannte versicherte Person (vgl. § 6 Abs. 3) haben auf Verlangen des Versicherers jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfanges erforderlich ist.

(3) Auf Verlangen des Versicherers ist die versicherte Person verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen.

…“

Aus den Gründen:

3. Anders als die Revision meint, hält § 9 Abs. 3 MB/KK 2009 nach seiner Auslegung der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

a) Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ist die Klausel trotz ihres weiten Wortlauts nicht dahin auszulegen, dass sich die versicherte Person jederzeit und ohne weiteres auf Verlangen des Versicherers einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen hätte; vielmehr setzt die dort geregelte Obliegenheit als Anlass für die ärztliche Untersuchung ein vorheriges Leistungsverlangen des Versicherungsnehmers voraus.

Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung, soweit er für den Versicherungsnehmer ersichtlich ist. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann durch die systematische Stellung des § 9 Abs. 3 MB/KK 2009 nach § 9 Abs. 2 MB/KK 2009 erkennen, dass die Untersuchung des Versicherten es dem Versicherer ermöglichen soll, seine Leistungspflicht aus dem Versicherungsvertrag zu überprüfen (vgl. Sauer, in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung 5. Aufl. §§ 9, 10 MB/KK Rn. 22; Voit, in: Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 9 MB/KK 2009 Rn. 10). Denn die in § 9 Abs. 2 MB/KK 2009 geregelte allgemeine Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers besteht nur, soweit eine Auskunft zur Feststellung eines Versicherungsfalles oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfanges erforderlich ist. Eine solche Prüfung findet ohne ein entsprechendes Leistungsbegehren des Versicherungsnehmers nicht statt (vgl. Sauer a.a.O. Rn. 25; HK-VVG/Rogler, 3. Aufl. § 9 MB/KK 2009 Rn. 5). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die nachfolgende Regelung über seine Obliegenheit, sich auf Verlangen des Versicherers ärztlich untersuchen zu lassen, als besondere Ausprägung der Aufklärungsobliegenheit verstehen, welche mithin ebenfalls ein Leistungsverlangen voraussetzt.

In diesem Verständnis wird der Versicherungsnehmer dadurch bestärkt, dass § 10 Abs. 1 MB/KK 2009 als Folge einer Verletzung sowohl der Aufklärungs- als auch der Untersuchungsobliegenheit Leistungsfreiheit des Versicherers nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 bis 4 VVG vorsieht. Er wird annehmen, beide Obliegenheiten sollten ihn dann, wenn er Leistungen vom Versicherer fordert, dazu anhalten, zur Aufklärung des für sein Leistungsverlangen maßgeblichen Sachverhalts beizutragen.

b) Die so verstandene Untersuchungsobliegenheit verletzt nicht das Recht des Versicherungsnehmers auf informationelle Selbstbestimmung.

Dieses Grundrecht gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (grundlegend: BVerfGE 65, 1, 43). Es entfaltet im Privatrecht seine Wirkkraft durch diejenigen Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen (sog. mittelbare Drittwirkung; vgl. BVerfGE 7, 198, 205). Das gilt insbesondere bei der Auslegung von Generalklauseln (BVerfG a.a.O. 205 f.) wie hier von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Als unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne dieser Vorschrift sind danach Bestimmungen in allgemeinen Versicherungsbedingungen anzusehen, die einen informationellen Selbstschutz vereiteln oder unzumutbar werden lassen (vgl. BVerfG VersR 2006, 1669 Rn. 33; VersR 2013, 1425, 1427). Beides ist im Streitfall nicht gegeben.

aa) Die Untersuchungsobliegenheit berührt allerdings das grundrechtlich geschützte Interesse des Versicherungsnehmers an informationellem Selbstschutz. Indem er sich untersuchen lässt, eröffnet er dem untersuchenden Arzt die unmittelbare Gewinnung von Gesundheitsdaten, ohne im Einzelnen kontrollieren zu können, um welche es sich dabei handelt. Damit wird zugleich seine Möglichkeit beschränkt, zum Zwecke der Wahrung seiner Geheimhaltungsinteressen die Mitwirkung bei der Erzeugung von bestimmten Daten zu verweigern und damit deren Generierung zu verhindern.

bb) Gleichwohl lässt sich die Obliegenheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Versicherungsnehmers vereinbaren. Denn seinem Interesse an informationeller Selbstbestimmung steht das gleichfalls erhebliche Offenbarungsinteresse des Versicherers gegenüber, das in der Vertragsfreiheit wurzelt und damit ebenfalls grundrechtlichen Schutz durch Art. 12 GG genießt (BVerfG VersR 2006, 1669 Rn. 50; VersR 2013, 1425, 1427). Nach Abwägung der wechselseitigen Interessen stellt die in § 9 MB/KK 2009 geregelte Obliegenheit, sich ärztlich untersuchen zu lassen, keine unangemessene Benachteiligung des Versicherten im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

Einerseits ist das Interesse des Versicherungsnehmers daran anzuerkennen, dass keine Daten erhoben werden, die dem Versicherer über das erforderliche Maß hinaus in weitem Umfang sensible Informationen gewähren (vgl. BVerfG VersR 2013, 1425, 1427).

Andererseits ist der Versicherer einer Krankheitskostenversicherung – auch im Interesse der Versichertengemeinschaft – gehalten, ungerechtfertigte Versicherungsleistungen zu vermeiden (vgl. OLG Köln VersR 1991, 411; OLG Saarbrücken VersR 2009, 1478, 1481). Demgemäß ist es für ihn von hoher Bedeutung, den Eintritt des Versicherungsfalles überprüfen zu können (BVerfG VersR 2006, 1669 Rn. 51; VersR 2013, 1425, 1427). Hierzu ist er auf die Beschaffung zuverlässiger und vollständiger Informationen angewiesen. Diese wäre nicht hinreichend gewährleistet, verwiese man ihn allein auf Auskünfte des Versicherungsnehmers, der ein erhebliches Eigeninteresse am Ausgang der Leistungsprüfung hat und zumeist nicht über die erforderliche Sachkunde zur Beantwortung zentraler Fragen verfügt, sowie der behandelnden Ärzte, denen es in Anbetracht bereits erbrachter Leistungen an der erforderlichen Objektivität fehlen kann.

Zudem ist dem Versicherer ein erheblicher Beurteilungsspielraum zuzugestehen, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu können (Senatsurteile vom 22. Oktober 2014 – IV ZR 242/13, VersR 2015, 45 Rn. 18; vom 16. November 2005 – IV ZR 307/04, VersR 2006, 258 Rn. 14; jeweils m.w.N.). Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die ärztliche Untersuchung nur unter der Regie des Versicherungsnehmers stattfinden könnte. Aufgrund der Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen ist es dem Versicherer nicht möglich, bereits in der Vertragsklausel alle Informationen zu beschreiben, auf die es für die Leistungsprüfung ankommen kann (BVerfG VersR 2006, 1669 Rn. 51; VersR 2013, 1425, 1427). Dies gilt für eine ärztliche Befunderhebung in besonderer Weise.

Deshalb ist es dem Versicherten, der sein Leistungsverlangen regelmäßig auf die Behauptung eines behandlungsbedürftigen Gesundheitszustandes stützt, zuzumuten, hinsichtlich der Kontrolle der Sachdienlichkeit der Untersuchung auf den begutachtenden Arzt zu vertrauen (in diese Richtung auch Sauer, in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung 5. Aufl. §§ 9, 10 MB/ KK Rn. 26; Wegmann, Obliegenheiten in der privaten Krankenversicherung, 1997 S. 245).

c) Die Untersuchungsobliegenheit steht auch nicht in Widerspruch zu den Vorgaben des § 213 VVG, der hier weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar ist.

aa) § 213 VVG erfasst nicht die Gewinnung von Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers durch eine vom Versicherer initiierte ärztliche Untersuchung, da die Vorschrift ausschließlich die Erhebung von Gesundheitsdaten bei Dritten, nicht aber bei dem Betroffenen selbst regelt (MünchKomm-VVG/Eberhardt, § 213 Rn. 4; PK-VVG/Klär, 2. Aufl. § 213 Rn. 11; Marlow/Tschersich, r+s 2009, 441, 453; Wolf, ZVersWiss 2009, 35, 42). Als datenschutzrechtliche Vorschrift orientiert sich § 213 VVG an den Begriffen des Bundesdatenschutzgesetzes (vgl. hierzu auch die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/3945 S. 116 f.). Gemäß § 3 Abs. 8 Satz 2 BDSG ist Dritter jede Person oder Stelle außerhalb der verantwortlichen Stelle. § 3 Abs. 8 Satz 3 Alt. 1 BDSG nimmt den Betroffenen von diesem Personenkreis indes namentlich aus. Es ist nicht ersichtlich, dass für § 213 VVG insoweit etwas anderes gelten sollte.

bb) Dessen Anwendungsbereich wird auch nicht dadurch eröffnet, dass der Arzt seine Untersuchungsergebnisse dem Versicherer zur Verfügung stellt, denn hierbei erhebt der Versicherer keine Daten bei einem Dritten (vgl. Höra, in: Bruck/Möller, 9. Aufl. § 213 Rn. 31; MünchKomm-VVG/Eberhardt, § 213 Rn. 30; Neuhaus/Kloth, NJOZ 2009, 1370, 1372; a.A. Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 213 Rn. 9). Nach Maßgabe von § 3 Abs. 8 Satz 3 Alt. 2 BDSG sind unter anderem solche Personen und Stellen nicht als Dritte anzusehen, die im Inland personenbezogene Daten im Auftrag erheben. Der durch den Versicherer nach § 9 Abs. 3 MB/KK 2009 beauftragte Arzt ist – wie die Revisionserwiderung richtig erkennt – Beauftragter in diesem Sinne.

Auftragsdatenverarbeitung liegt vor, wenn die für die Datenverarbeitung verantwortliche Stelle eine andere Stelle damit betraut, Daten zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen (Plath, in: Plath, BDSG § 11 Rn. 22). Dabei kommt es auf die Rechtsnatur der Betrauung nicht an. Insbesondere ist kein Auftrag im Sinne des § 662 BGB erforderlich (Bergmann/Möhrle/ Herb, Datenschutzrecht § 11 BDSG Rn. 8 (Stand: November 2009); Gabel, in: Taeger/Gabel, BDSG 2. Aufl. § 11 Rn. 11; Plath a.a.O. Rn. 21). Entscheidend ist vielmehr, dass der Auftragnehmer ohne eigenen Wertungs- und Entscheidungsspielraum für den Auftraggeber tätig wird (Petri, in: Simitis, BDSG 8. Aufl. § 11 Rn. 22; Gabel a.a.O. Rn. 12). Dies ist jedenfalls gegeben, wenn sich der Auftragnehmer nach Maßgabe des § 11 BDSG den Weisungen des Auftraggebers unterwirft (so die sog. Vertragstheorie; vgl. Gabel a.a.O. Rn. 15 f.; Plath a.a.O. Rn. 29) und sich seine Tätigkeit in einer reinen Hilfsfunktion für die Erfüllung der Zwecke und Aufgaben des Auftraggebers erschöpft, ohne dass ihm die Aufgabe, zu deren Erfüllung die Verarbeitung der Daten notwendig ist, übertragen wird (so die sog. Funktionsübertragungstheorie; vgl. Bergmann/Möhrle/Herb a.a.O. Rn. 8, 10; Gola/Klug/Körffer, in: Gola/Schomerus, BDSG 12. Aufl. § 11 Rn. 9; Petri a.a.O. Rn. 22; Spoerr, in: Wolff/ Brink, Datenschutzrecht § 11 Rn. 41).

Dem entspricht die Tätigkeit des beauftragten Arztes im Rahmen der Untersuchungsobliegenheit nach § 9 Abs. 3 MB/KK 2009. Seine Aufgabe beschränkt sich darauf, den Versicherungsnehmer nach den Weisungen des Versicherers ärztlich zu begutachten und die so gewonnenen Gesundheitsdaten dem Versicherer zur Verfügung zu stellen. Der Arzt ist mithin nicht als „Herr der Daten“, sondern lediglich als „verlängerter Arm“ des Versicherers anzusehen, wie es für einen Auftragsdatenverarbeiter charakteristisch ist (vgl. Gola/Klug/Körffer a.a.O. Rn. 3; Petri a.a.O. Rn. 20; Gabel a.a.O. Rn. 3; Kähler, ZfV 2011, 499, 500). Dass es sich bei ihm um einen der in § 213 Abs. 1 Halbsatz 1 VVG genannten Berufsträger handelt, ist demgegenüber, anders als die Revision meint, ohne Belang.

cc) Für eine analoge Heranziehung der Vorschrift ist hier ebenfalls kein Raum (a.A. Marlow/Tschersich aaO). Es fehlt schon an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Die Einführung der Vorschrift im Rahmen der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes sollte die bis dahin bestehende Praxis unterbinden, bei der sich Versicherer oft bereits bei Vertragsschluss allgemeine pauschale Schweigepflichtentbindungserklärungen erteilen ließen, ohne dass die Versicherten bei deren Abgabe erkennen konnten, wann davon Gebrauch gemacht werden sollte und welche Patientendaten bei wem künftig angefordert würden (BT-Drucks. 16/3945 S. 116 f.). Zudem sollte auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2006 (1 BvR 2027/02) Berücksichtigung finden (so die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 16/5862, S. 100), der sich mit derselben Problematik befasst hatte (vgl. VersR 2006, 1669). Im Unterschied dazu dient die Untersuchungsobliegenheit nicht dem Zweck, die Übermittlung bereits bei Dritten vorhandener, ursprünglich zu anderen Zwecken erhobener Daten an den Versicherer zu regeln. Vielmehr ermöglicht die Klausel es dem Versicherer, erstmals Daten unter persönlicher Mitwirkung und damit mit Wissen des Versicherungsnehmers zu generieren. Dass auch dabei dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt wird, reicht nicht aus, um eine analoge Anwendung des § 213 VVG, dessen Zielrichtung eine andere ist, zu rechtfertigen.

Im Übrigen besteht auch kein Bedarf für eine analoge Anwendung der Vorschrift. Der Versicherungsnehmer ist dem Datenerhebungsverlangen des Versicherers nicht wehrlos ausgeliefert. Denn die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes, die durch die speziellere Regelung des § 213 VVG nur in dessen Anwendungsbereich verdrängt werden (Höra, in: Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 213 VVG Rn. 4; PK-VVG/Klär, 2. Aufl. § 213 Rn. 6; Voit, in: Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 213 Rn. 7), bieten dem Versicherten Schutz.

4. Den Hilfsantrag der Klägerin hat das Berufungsgericht ebenfalls revisionsfehlerfrei abgewiesen. § 9 Abs. 3 MB/KK 2009 ist dahin auszulegen, dass der untersuchende Arzt vom Versicherer bestimmt werden darf, und hat in dieser Auslegung auch rechtlich Bestand. (wird ausgeführt)

b) Die Klausel hält in dieser Auslegung der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

aa) Insbesondere widerspricht sie nicht dem Recht des Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung.

Wie bereits ausgeführt, steht die Obliegenheit, sich auf Verlangen des Versicherers einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, in Einklang mit diesem Grundrecht des Versicherten. Durch die Auswahl des untersuchenden Arztes wird sein Interesse an informationellem Selbstschutz nicht weiter berührt. Denn seine Befugnis, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, wird in aller Regel nur durch den Umstand der Untersuchung, nicht aber die Person des Untersuchenden beschränkt.

Dies kann zwar möglicherweise anders sein, wenn der Untersuchende keine hinreichende Gewähr für die Geheimhaltung der beim Versicherten gewonnenen Gesundheitsdaten bietet; gerade dieser Gefahr begegnet die Klausel aber dadurch, dass sie den auswählbaren Personenkreis auf Ärzte beschränkt, die zu den Berufsgeheimnisträgern im Sinne des § 203 Abs. 1 StGB zählen und gemeinhin ein besonderes Vertrauen genießen.

bb) Auch im Übrigen ist keine unangemessene Benachteiligung des Versicherten ersichtlich.

Dass die konkrete Gutachterauswahl des Versicherers im Ausnahmefall für den Versicherten unzumutbar sein kann, wenn sich z.B. der benannte Arzt dem Versicherten gegenüber eines erheblichen Fehlverhaltens in der Vergangenheit schuldig gemacht hat (vgl. OLG Koblenz aaO), stellt die Angemessenheit der Klausel nicht in Frage; vielmehr ist die Annahme einer Obliegenheitsverletzung in einem solchen Einzelfall – wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat – an den Geboten von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zu messen und gegebenenfalls zu korrigieren (vgl. dazu Senatsurteil vom 6. Juli 2016 – IV ZR 44/15 Rn. 21, zur Veröffentlichung bestimmt).