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Urteil : Enge Auslegung des Begriffs des berechtigten Interesses : aus der RDV 1/2025, Seite 47 bis 50

(EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-621/22 –)

Rechtsprechung
Lesezeit 12 Min.

Relevanz für die Praxis

In diesem Urteil präzisiert der EuGH seine Rechtsprechung zur Rechtfertigung einer Verarbeitung personenbezogener Daten gem. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS-GVO. Grundsätzlich verlangt diese das kumulative Vorliegen von drei Voraussetzungen: die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses, die Erforderlichkeit der Verarbeitung zur Verwirklichung des berechtigten Interesses und das Überwiegen des berechtigten Interesses gegenüber Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person. Da Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) – f) DS-GVO dazu führen können, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten trotz fehlender Einwilligung der betroffenen Person rechtmäßig ist, sind die entsprechenden Tatbestände eng auszulegen. Im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS-GVO führt das zunächst dazu, dass das geltend gemachte berechtigte Interesse rechtmäßig sein muss. Außerdem ist im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der Verarbeitung der Grundsatz der Datenminimierung zu prüfen. Eine Verarbeitung ist deshalb nur zur Wahrung des berechtigten Interesses erforderlich, wenn sie absolut notwendig ist. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn es möglich wäre, die betroffenen Personen zu informieren und sie zu fragen, ob sie möchten, dass ihre Daten für Werbe- oder Marketingzwecke an Dritte weitergegeben werden.

In der Praxis stellt Art.  6 Abs.  1 UAbs.  1 lit.f) DS-GVO weiterhin eine wichtige Rechtsgrundlage dar, vor allem wenn es um Verarbeitungen personenbezogener Daten aus wirtschaftlichem Interesse geht. Verantwortliche sollten aber vor dem Hintergrund der eng auszulegenden Erforderlichkeit genau prüfen, ob das berechtigte Interesse an der Verarbeitung der Daten nicht in zumutbarer Weise ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden kann, insbesondere durch Einholen einer Einwilligung.

Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die darin besteht, personenbezogene Daten der Mitglieder eines Sportverbands in Verfolgung des wirtschaftlichen Interesses des Verantwortlichen gegen Entgelt offenzulegen, nur dann als im Sinne dieser Vorschrift zur Wahrung der berechtigten Interessen dieses Verantwortlichen erforderlich angesehen werden kann, wenn die Verarbeitung zur Verwirklichung des in Rede stehenden berechtigten Interesses absolut notwendig ist und sofern in Anbetracht aller relevanten Umstände die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten dieser Mitglieder gegen‑ über dem berechtigten Interesse nicht überwiegen. Diese Vorschrift verlangt zwar nicht, dass ein solches Interesse gesetzlich bestimmt wird, sie erfordert jedoch, dass das geltend gemachte berechtigte Interesse rechtmäßig ist.

Zu den Vorlagefragen:

Nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DS-GVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn und soweit die betroffene Person ihre Einwilligung dazu für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat. Liegt keine solche Einwilligung vor oder wurde die Einwilligung nicht freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich im Sinne von Art. 4 Nr. 11 DS-GVO erteilt, ist eine solche Verarbeitung gleichwohl gerechtfertigt, wenn sie eine der in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) bis f) genannten Voraussetzungen in Bezug auf die Erforderlichkeit erfüllt.

In diesem Zusammenhang sind die in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit.  b) bis f) DS-GVO vorgesehenen Rechtfertigungsgründe eng auszulegen, da sie dazu führen können, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten trotz fehlender Einwilligung der betroffenen Person rechtmäßig ist (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Außerdem braucht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wenn festgestellt werden kann, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten aus einem der in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) bis f) DS-GVO vorgesehenen Gründe erforderlich ist, nicht geprüft zu werden, ob diese Verarbeitung auch unter einen anderen dieser Gründe fällt (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung)

Der Gerichtshof hat zudem entschieden, dass nach Art. 5 DS-GVO der Verantwortliche die Beweislast dafür trägt, dass die Daten u.a. für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben und auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Ferner obliegt es nach Art. 13 Abs. 1 lit. c) dieser Verordnung, wenn personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben werden, dem Verantwortlichen, diese Person über die Zwecke, für die diese Daten verarbeitet werden sollen, sowie über die Rechtsgrundlage dieser Verarbeitung zu informieren (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 95).

Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass die Mitglieder des KNLTB nicht im Sinne von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DS-GVO eingewilligt haben, dass der KNLTB sie betreffende personenbezogene Daten gegen Entgelt gegenüber Dritten, namentlich TennisDirect und der NLO, offenlegt.

Unter diesen Umständen ist, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, zu prüfen, ob Art.  6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) dieser Verordnung, auf den sich das Vorabentscheidungsersuchen speziell bezieht, herangezogen werden kann, um die Offenlegung solcher Daten gegenüber Dritten zu rechtfertigen.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art.  6 Abs.  1 UAbs. 1 lit. f) DS-GVO eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz dieser personenbezogenen Daten erfordern, überwiegen.

Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach dieser Bestimmung unter drei kumulativen Voraussetzungen rechtmäßig: Erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein, und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, gegenüber dem berechtigten Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten nicht überwiegen (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Was erstens die Voraussetzung der Wahrnehmung eines „berechtigten Interesses“ betrifft, kann in Ermangelung einer Definition dieses Begriffs durch die DS-GVO, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, ein breites Spektrum von Interessen grundsätzlich als berechtigt gelten (vgl. in diesem Sinne Urt. v. 07.12.2023, SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C-26/22 und C-64/22, EU:C:2023:958, Rn. 76).

Wie sich auch aus dem 47. ErwG der DS-GVO ergibt, der den Begriff „berechtigtes Interesse“ betrifft, hat der Unionsgesetzgeber nicht verlangt, dass das Interesse eines Verantwortlichen gesetzlich geregelt sein muss, damit die von diesem Verantwortlichen vorgenommene Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) dieser Verordnung ist. Dies gilt umso mehr, als dieser ErwG die Zwecke der Direktwerbung im Allgemeinen als Beispiel für berechtigte Interessen anführt, die von einem Verantwortlichen wahrgenommen werden können.

Allerdings verlangt der Begriff „berechtigtes Interesse“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS-GVO, auch wenn er nicht auf gesetzlich verankerte und bestimmte Interessen beschränkt ist, dass das geltend gemachte berechtigte Interesse rechtmäßig ist.

Außerdem obliegt es nach Art. 13 Abs. 1 lit. d) DS-GVO dem Verantwortlichen, einer betroffenen Person zu dem Zeitpunkt, zu dem personenbezogene Daten bei ihr erhoben werden, die verfolgten berechtigten Interessen mitzuteilen, wenn diese Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS-GVO beruht (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 107).

Was zweitens die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten zur Verwirklichung des wahrgenommenen berechtigten Interesses angeht, so verlangt diese vom vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob das berechtigte Interesse an der Verarbeitung der Daten nicht in zumutbarer Weise ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden kann, die weniger stark in die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen, insbesondere die durch die Art. 7 und 8 der Charta garantierten Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten, eingreifen (Urt. v. 07.12.2023, SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C-26/22 und C-64/22, EU:C:2023:958, Rn. 77 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung gemeinsam mit dem Grundsatz der „Datenminimierung“ zu prüfen ist, der in Art. 5 Abs. 1 lit. c) DS-GVO verankert ist und verlangt, dass personenbezogene Daten „dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt“ sind (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Was schließlich drittens die Voraussetzung betrifft, dass die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, gegenüber dem berechtigten Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten nicht überwiegen, so hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass diese Voraussetzung eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen gebietet, die grundsätzlich von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt, und dass es daher Sache des vorlegenden Gerichts ist, diese Abwägung unter Berücksichtigung dieser spezifischen Umstände vorzunehmen (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Außerdem können, wie sich aus dem 47. ErwG der DS-GVO ergibt, die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen insbesondere dann überwiegen, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer solchen Verarbeitung rechnet (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 112).

Letztlich ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten, um die es im Ausgangsverfahren geht, die drei in Rn. 37 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen erfüllt sind; der Gerichtshof kann dem nationalen Gericht auf dessen Vorabentscheidungsersuchen hin jedoch sachdienliche Hinweise für diese Prüfung geben (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 96, und v. 07.12.2023, SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C-26/22 und C-64/22, EU:C:2023:958, Rn. 81 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall verweist das vorlegende Gericht erstens zur Voraussetzung der Wahrnehmung eines berechtigten Interesses durch den Verantwortlichen oder einen Dritten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS-GVO auf das wirtschaftliche Interesse des Verantwortlichen, d.h. eines Sportverbands wie des KNLTB, personenbezogene Daten seiner Mitglieder gegen Entgelt für Werbe- und Marketingzwecke, insbesondere den Versand von Werbebotschaften und Angeboten an seine Mitglieder durch Dritte, gegenüber diesen Dritten, nämlich im vorliegenden Fall einem Unternehmen, das Sportartikel vertreibt, sowie einem Anbieter von Glücksund Casinospielen in den Niederlanden, offenzulegen.

Insoweit hat der Gerichtshof nicht ausgeschlossen, dass ein wirtschaftliches Interesse des Verantwortlichen, das in der Bewerbung und dem Verkauf von Werbeflächen für Marketingzwecke besteht, als ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS-GVO angesehen werden kann (vgl. entsprechend Urt. v. 13.05.2014, Google Spain und Google, C-131/12, EU:C:2014:317, Rn. 73).

Unter diesen Umständen könnte ein wirtschaftliches Interesse des Verantwortlichen wie das oben in Rn. 47 genannte ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DS-GVO darstellen, sofern es nicht gesetzeswidrig ist. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, das Vorliegen eines solchen Interesses im Einzelfall unter Berücksichtigung des anwendbaren Rechtsrahmens und aller Umstände der Rechtssache zu beurteilen.

Sollte ein solches Interesse als berechtigt angesehen werden, müsste der Verantwortliche zudem allen anderen ihm obliegenden Pflichten aus der DS-GVO nachkommen, damit die Wahrnehmung dieses Interesses eine Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 lit. f) DS-GVO rechtfertigen kann.

Was zweitens die Voraussetzung der Erforderlichkeit dieser Verarbeitung zur Verwirklichung des betreffenden Interesses angeht und insbesondere das Vorliegen von Mitteln, die ebenso geeignet sind und weniger stark in die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen eingreifen, ist festzustellen, dass es einem Sportverband wie dem KNLTB, der personenbezogene Daten seiner Mitglieder gegen Entgelt gegenüber Dritten offenlegen möchte, insbesondere möglich wäre, seine Mitglieder im Voraus zu informieren und sie zu fragen, ob sie möchten, dass ihre Daten für Werbeoder Marketingzwecke an Dritte weitergegeben werden.

Diese Lösung würde es den betroffenen Mitgliedern ermöglichen, im Einklang mit dem oben in Rn.  43 genannten Grundsatz der Datenminimierung die Kontrolle über die Offenlegung ihrer personenbezogenen Daten zu behalten und so die Offenlegung dieser Daten auf das zu beschränken, was für die Zwecke, für die diese Daten übermittelt und verarbeitet werden, tatsächlich notwendig und erheblich ist (vgl. entsprechend Urt. v. 12.09.2024, HTB Neunte Immobilien Portfolio und Ökorenta Neue Energien Ökostabil IV, C-17/22 und C-18/22, EU:C:2024:738, Rn. 60).

Ein Verfahren wie das in der vorstehenden Randnummer beschriebene könnte einen geringeren Eingriff in das Recht auf Schutz der Vertraulichkeit der personenbezogenen Daten der betroffenen Person beinhalten und es gleichzeitig dem Verantwortlichen ermöglichen, das von ihm geltend gemachte berechtigte Interesse ebenso wirksam wahrzunehmen; dies zu prüfen ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts (vgl. entsprechend Urt. v. 12.09.2024, HTB Neunte Immobilien Portfolio und Ökorenta Neue Energien Ökostabil IV, C-17/22 und C-18/22, EU:C:2024:738, Rn. 61).

Drittens muss das vorlegende Gericht bei der Abwägung der Interessen, die es im Hinblick auf die besonderen Umstände des Ausgangsverfahrens vorzunehmen hat, insbesondere die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person sowie den Umfang der in Rede stehenden Verarbeitung und deren Auswirkungen auf diese Person berücksichtigen (Urt. v. 04.07.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 116).

Bei der entsprechenden Abwägung hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob das in Art.  8 Abs.  1 der Charta und in Art. 16 Abs. 1 AEUV verankerte Recht der Mitglieder von Tennisvereinen auf Privatsphäre hinsichtlich der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten Vorrang vor dem wirtschaftlichen Interesse eines nationalen Tennisverbands hat. Hierbei ist, wie sich aus dem 47. ErwG der DS-GVO ergibt, der Frage besondere Bedeutung beizumessen, ob diese Mitglieder zum Zeitpunkt der Erhebung ihrer personenbezogenen Daten zum Zweck des Beitritts zu einem Tennisverein vernünftigerweise absehen konnten, dass diese Daten gegen Entgelt für Werbe- und Marketingzwecke gegenüber Dritten, im vorliegenden Fall Sponsoren des KNLTB, offengelegt werden.

Außerdem wird das vorlegende Gericht den Umstand zu berücksichtigen haben, dass die betreffenden Daten u.a. an einen Anbieter von Glücks- und Kasinospielen wie die NLO übermittelt werden, dessen Werbe- und Marketingmaßnahmen, auch wenn sie rechtmäßig sind, in einem Kontext stattfinden, der entgegen dem 47. ErwG der DS-GVO nicht durch eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen den betroffenen Personen und dem Verantwortlichen gekennzeichnet zu sein scheint. Außerdem könnte sich die Verarbeitung solcher Daten unter bestimmten Umständen nachteilig auf die Mitglieder der betreffenden Tennisvereine auswirken, da sie sie der Gefahr der Entwicklung einer Spielsucht aussetzen könnten.

Zur Vertiefung

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