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Urteil : Zur Auskunft bei Scorewertberechnungen : aus der RDV 3/2014, Seite 154 bis 159

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13 –)

Lesezeit 24 Min.
  1. Einem Betroffenen ist von einer Kreditauskunftei nach § 34 BDSG Auskunft darüber zu erteilen, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten gespeichert und in die Berechnung eines seine Bonität betreffenden Wahrscheinlichkeitswertes eingeflossen sind.
  2. Die Gewichtung der in den Scorewert eingeflossenen Merkmale und konkreten Angaben zu den Vergleichsgruppen zählen unter dem Aspekt der Schutzbedürftigkeit der sog. Scoreformel als Geschäftsgeheimnis der Auskunftei nicht zu den auskunftspflichtigen Elementen des Scoreverfahrens.

(Nicht amtliche Leitsätze)

Sachverhalt:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch geltend.

Die Wirtschaftsauskunftei SCHUFA sammelt und speichert im Rahmen ihrer Tätigkeit personenbezogene Daten, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen relevant sein können. Darüber hinaus erstellt sie, u.a. auch unter Berücksichtigung der hinsichtlich des jeweiligen Betroffenen vorliegenden Daten, sog. Scorewerte. Ein Score stellt einen Wahrscheinlichkeitswert über das künftige Verhalten von Personengruppen dar, der auf der Grundlage statistisch-mathematischer Analyseverfahren berechnet wird. Die von der Beklagten ermittelten Scores sollen aussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betroffene seine Verbindlichkeiten vertragsgemäß erfüllen wird. Ihren Vertragspartnern stellt die Beklagte diese Scorewerte zur Verfügung, um ihnen die Beurteilung der Bonität ihrer Kunden zu ermöglichen.

Im Oktober 2011 scheiterte zunächst die Finanzierung eines Automobilkaufs der Klägerin aufgrund einer falschen Negativauskunft der Beklagten. Die Klägerin wandte sich daraufhin telefonisch an die Beklagte und forderte die Zusendung einer Bonitätsauskunft an, welche die Beklagte mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 erteilte. Die Auskunft beinhaltete die bei der Beklagten gespeicherten persönlichen Daten der Klägerin sowie die Mitteilung, dass der Beklagten im Übrigen keine Informationen vorlägen.

Nachdem die Klägerin die Beklagte aufgefordert hatte, zu der zunächst erteilten falschen Negativauskunft Stellung zu nehmen, übersandte diese der Klägerin mit Schreiben vom 22. Dezember 2011 eine „Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz“. Neben den gespeicherten persönlichen Daten der Klägerin und allgemeinen Informationen zur Beklagten sowie zum Scoringverfahren enthielt diese die Auflistung von Anfragen Dritter und die in Bezug auf die Klägerin im November und Dezember 2011 übermittelten sowie ihre aktuellen Wahrscheinlichkeitswerte. Die aktuellen Wahrscheinlichkeitswerte waren nach verschiedenen branchenbezogenen Scores getrennt; bei den übermittelten Wahrscheinlichkeitswerten wurde der zugehörige Branchenscore ebenfalls angegeben. Die Darstellung aller Wahrscheinlichkeitswerte erfolgte dabei mit dem jeweiligen Scorewert, der Ratingstufe, der prozentualen Erfüllungswahrscheinlichkeit, der Auflistung verschiedener Datenarten sowie der Bedeutung insgesamt. Bei den Datenarten wurde jeweils dargestellt, ob sie verwendet oder nicht verwendet wurden. Im Fall der Verwendung erfolgte die Einordnung in eine von fünf näher bezeichneten Risikostufen. Die Gesamtbedeutung wurde ebenfalls in verschiedenen Risikokategorien verbalisiert. Nach Klageerhebung im Februar 2012 übersandte die Beklagte der Klägerin am 20. April 2012 eine neue „Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz“, die der vorangegangenen Übersicht insbesondere in der Darstellung der Wahrscheinlichkeitswerte entsprach.

Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten erteilte Auskunft genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, sie sei insbesondere nicht transparent. Für die Klägerin sei nicht hinreichend nachvollziehbar, wie einzelne Branchen-Scorewerte zustande gekommen seien. Diese stünden in Widerspruch zur hervorragenden Bonität der Klägerin. Die Beklagte sei insbesondere verpflichtet, die einzelnen Elemente, die in die Berechnung der Scores eingeflossen seien, offenzulegen. Sie müsse Angaben zu den Vergleichsgruppen machen, in die sie die Klägerin zur Berechnung der Scores eingeordnet habe.

Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung der von der Klägerin für die Bonitätsauskunft gezahlten Vergütung verurteilt und die auf Auskunftserteilung, Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie Korrektur der Scorewerte gerichtete Klage im Übrigen abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten hatten keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin lediglich die Ansprüche auf Auskunft und auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten weiter.

Aus den Gründen:

II. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

1. Allerdings hat ein durch eine Bonitätsauskunft der Beklagten Betroffener wie die Klägerin einen Anspruch auf Auskunft darüber, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten in die den Kunden der Beklagten mitgeteilten Wahrscheinlichkeitswerte eingeflossen sind.

a) § 34 Abs. 4 BDSG fand seine heute gültige Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2254). Ziel des Gesetzes war es insbesondere, die Regelungen für die Tätigkeit von Auskunfteien, deren gestiegener und weiter steigender Bedeutung und dem vermehrten Einsatz von Scoringverfahren anzupassen. Durch eine Erweiterung der Informations- und Auskunftsrechte der Betroffenen sollte die Transparenz der Verfahren verbessert und mehr Rechtssicherheit sowohl für die Betroffenen als auch für die Unternehmen geschaffen werden. Insbesondere sollte den Betroffenen zukünftig ersichtlich sein, aufgrund bzw. mit Hilfe welcher zu ihrer Person gespeicherten Daten eine sie betreffende Entscheidung zustande gekommen ist, damit sie fehlerhafte Daten korrigieren oder Missverständnisse aufklären und ihre Interessen sachgerecht gegenüber einem Sachbearbeiter vertreten können (vgl. BT-Drucks. 16/10529, S. 9). Mit § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BDSG nF, wonach der Betroffene einen Auskunftsanspruch über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Datenarten hat, sollte diesem die Möglichkeit gegeben bzw. erleichtert werden, falsche Daten zu korrigieren oder den für ihn errechneten Wahrscheinlichkeitswert zu widerlegen. Weiter wollte der Gesetzgeber es ermöglichen, einzelne Datenfelder eines Datensatzes zusammenzufassen, wobei entscheidend sein sollte, dass der Betroffene nachvollziehen kann, welche Merkmale in das konkrete Berechnungsergebnis eingeflossen sind (BT-Drucks. 16/10529, S. 17 f.).

Die Regelungen des § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG nF, die verlangen, dass dem Betroffenen das Zustandekommen und die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitswerte einzelfallbezogen und nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form dargelegt werden müssen, sollten wiederum sicherstellen, dass die Darlegung der der Wahrscheinlichkeitsberechnung zugrunde liegenden Sachverhalte in einer für Laien verständlichen Form erfolgt. Zugleich wollte der Gesetzgeber verhindern, dass die Unternehmen die Scoreformel, an deren Geheimhaltung er ihnen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse zubilligte, offenbaren müssen. Das Ergebnis sollte aber für den Betroffenen soweit nachvollziehbar sein, dass er seine Rechte sachgerecht ausüben, mögliche Fehler in der Berechnungsgrundlage aufdecken und Abweichungen von den automatisiert gewonnenen typischen Bewertungen des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts gegenüber der für eine Entscheidung verantwortlichen Stelle darlegen kann (BT-Drucks. 16/10529, a.a.O.).

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf u.a. das Ziel verfolgt, § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BDSG nF dahingehend zu ändern, dass über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Daten in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung für das im Einzelfall berechnete Ergebnis Auskunft zu erteilen ist. Damit sollte der Schutz des Betroffenen und die Nachvollziehbarkeit des errechneten Gesamtwerts erhöht werden (BT-Drucks. 16/10529, S. 28 f.). Diese Vorschläge, die nicht in die endgültige Gesetzesfassung übernommen wurden, lehnte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung mit dem Argument ab, dass die vorgeschlagene Gesetzesformulierung dem Betroffenen die Einordnung seines Scorewerts in den allgemeinen Rahmen ermögliche (BT-Drucks. 16/10581, S. 5).

b) Aus der Gesetzgebungsgeschichte folgt daher, dass der Gesetzgeber auf der einen Seite dem Betroffenen ausreichende Informationen darüber an die Hand geben wollte, welche – ihn betreffenden – Sachverhalte Grundlage der Wahrscheinlichkeitsberechnungen waren, insbesondere um falsche Daten korrigieren zu können und von der statistischen Betrachtung abweichende Umstände gegenüber den – etwa über eine Kreditvergabe – entscheidenden Stellen darlegen zu können. Auf der anderen Seite sollte die Scoreformel als Geschäftsgeheimnis der Auskunfteien geschützt werden. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Gesetzesnovelle, die einerseits dem Betroffenen zusätzliche Auskunftsrechte zur Erhöhung der Transparenz geben und andererseits die schutzwürdigen Interessen der Auskunfteien berücksichtigen wollte.

c) Daraus folgt, dass dem Betroffenen jedenfalls nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG diejenigen personenbezogenen Daten mitgeteilt werden müssen, die von Relevanz für den jeweils ermittelten Wahrscheinlichkeitswert sind, also in die Wahrscheinlichkeitsberechnung konkret eingeflossen sind.

aa) Offen bleiben kann die im Schrifttum umstrittene Frage, ob schon § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BDSG trotz einer möglichen Zusammenfassung von Datenfeldern zu Datenarten eine Erkennbarkeit der einzelnen in das Berechnungsergebnis eingeflossenen Daten verlangt (so Meents/Hinzpeter in Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 34 Rn. 33; Schmidt-Wudy in Wolff/Brink, Datenschutzrecht, § 34 BDSG Rn. 70) oder ob danach eine bloße Auskunft über Datenarten ohne weitergehende Präzisierung ausreichend ist (so Plath/Kamlah, BDSG, § 34 Rn. 39; Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, § 34 BDSG Rn. 69 (Stand: April 2010); Schaffland/Wiltfang, BDSG, § 34 Rn. 5a (Stand: Dezember 2012); Heinemann/Wäßle, MMR 2010, 600, 602; Abel, RDV 2009, 147, 150; Gürtler/Kriese, RDV 2010, 47, 53; LG Wiesbaden, ZD 2012, 283).

bb) Jedenfalls folgt eine Auskunftsverpflichtung über die in die Wahrscheinlichkeitswerte eingegangenen Einzeldaten aus der Pflicht der Auskunftei, über das Zustandekommen dieser Werte insbesondere nachvollziehbar und einzelfallbezogen Auskunft zu erteilen (§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG). Denn dem Betroffenen soll – nicht zuletzt nach dem Willen des Gesetzgebers – die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, die in das Scoringergebnis eingeflossenen Lebenssachverhalte, also die Datengrundlage, nachzuvollziehen (vgl. Meents/Hinzpeter in Taeger/Gabel, a.a.O. Rn. 32 f.; Simitis/Dix, BDSG, 7. Aufl., § 34 Rn. 33) und gegenüber der über eine Kreditvergabe entscheidenden Stelle bestimmte Abweichungen – etwa in der Kredithistorie – plausibel durch bei ihm vorliegende atypische Lebenssachverhalte erklären zu können (vgl. Plath/ Kamlah, a.a.O. Rn. 43). Dies ist ihm aber nur dann möglich, wenn für ihn über die Darstellung bloßer Datenarten hinaus auch erkennbar ist, welches konkrete Datum die Scoreberechnung beeinflusst hat. Auch die weitergehenden, auf Daten und nicht auf Datenarten bezogenen Ansprüche des Betroffenen nach § 35 BDSG sprechen dafür, die Auskunftspflicht nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG auf die konkreten in die Berechnung eingeflossenen Daten des Betroffenen zu erstrecken. Eine etwaige Auskunft über gespeicherte Daten nach § 34 Abs. 1 BDSG ändert hieran nichts, steht doch – auch nach dem gesetzgeberischen Willen – im Zentrum des Interesses des Betroffenen, gerade die für einen (negativen) Scoringwert relevanten Daten zu korrigieren oder im Gespräch mit einem Sachbearbeiter bestimmte Abweichungen zu erläutern. Schließlich spricht für eine Mitteilungspflicht über die für die Wahrscheinlichkeitsberechnung verwendeten Daten des Betroffenen nicht zuletzt die gebotene richtlinienkonforme Auslegung (vgl. Schmidt-Wudy, a.a.O. Rn. 7; allgemein hierzu etwa BGH, Urteil vom 9. April 2002 – XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 252 f.; jeweils m.w.N.) des Auskunftsanspruchs nach § 34 Abs. 4 BDSG. Gemäß Art. 12 Buchst. a 2. Spiegelstrich der EG-Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. EG L 281 S. 31) garantieren die Mitgliedstaaten jeder betroffenen Person das Recht, vom für die Verarbeitung Verantwortlichen eine Mitteilung in verständlicher Form über die Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zu erhalten. Eine Einschränkung auf bloße Datenkategorien findet sich hier nicht. Vielmehr soll jede Person ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden, den Gegenstand einer Verarbeitung bildenden Daten haben, damit sie sich insbesondere von der Richtigkeit dieser Daten und der Zulässigkeit ihrer Verarbeitung überzeugen kann (Erwägungsgrund 41 der EG-Datenschutzrichtlinie).

2. Die nach den vorstehenden Ausführungen gebotene Auskunft über die konkret in die Wahrscheinlichkeitswerte eingeflossenen Daten der Klägerin hat die Beklagte erteilt. Ihr wurden alle bei der Beklagten zu ihrer Person gespeicherten Daten übermittelt. Ferner wurde sie über die in den letzten zwölf Monaten an Dritte übermittelten und die aktuell berechneten Wahrscheinlichkeitswerte sowie über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Datenarten informiert. Die Einzelheiten wurden in einem Merkblatt erläutert. All das wird, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

3. Einen über die erteilten Auskünfte hinausgehenden Auskunftsanspruch der Klägerin hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Die von ihr beanspruchten konkreten Angaben zu Vergleichsgruppen zählen nicht zu den Elementen des Scoringverfahrens, über die nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG Auskunft zu erteilen ist. Gleiches gilt für die Gewichtung der in den Scorewert eingeflossenen Merkmale.

a) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob derartige Informationen noch von der Auskunftspflicht über das Zustandekommen der Wahrscheinlichkeitswerte im Sinne des § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG umfasst werden. Weitgehende Einigkeit besteht allerdings darüber, dass die sog. Scoreformel, also die abstrakte Methode der Scorewertberechnung, entsprechend dem gesetzgeberischen Willen nicht mitzuteilen ist (vgl. OLG Nürnberg, ZD 2013, 26, 27; Schmidt-Wudy, a.a.O. Rn. 71; Bergmann/Möhrle/Herb, a.a.O.; Heinemann/ Wäßle, MMR 2010, 600, 602; Metz, VuR 2009, 403, 406; Gürtler/Kriese, RDV 2010, 47, 53 f.; Pauly/Ritzer, WM 2010, 8, 12; tendenziell auch Simitis/Dix, a.a.O.).

Teilweise wird jedoch die Auffassung vertreten, dass seitens des Verpflichteten Auskunft über die Gewichtung der in die Wahrscheinlichkeitsberechnung eingeflossenen Faktoren (Simitis/Dix, a.a.O.; Abel, DSB 6+7/2008, 8, 13 f.; vgl. auch Metz, a.a.O.) und, sofern eine Berechnung mit Hilfe von Vergleichsgruppen vorgenommen wird, auch über die Identität der Vergleichsgruppe und die Gründe, aus denen der Betroffene der Vergleichsgruppe zugeordnet wurde, zu geben ist (Schaffland/ Wiltfang, a.a.O. Rn. 7a (Stand: November 2013); Schmidt-Wudy, a.a.O.; Gärtner, ZD 2012, 76). Das Landgericht Berlin (WM 2012, 1626, 1627) verlangt darüber hinaus die Mitteilung der von der Auskunftei zur Bewertung des Zahlungsverhaltens einer Vergleichsgruppe geführten Daten. Eine solch detaillierte Auskunftspflicht wird von der Gegenauffassung verneint (OLG Nürnberg, a.a.O.; Heinemann/Wäßle, MMR 2010, 600, 602 f.; Plath/ Kamlah, BDSG, § 34 Rn. 43; vgl. zur Gewichtung auch Giesswein, Die Verfassungsmäßigkeit des Scoringverfahrens der Schufa, S. 92 f.). Vielmehr soll eine allgemeine Beschreibung des Zustandekommens des Scorewerts genügen (Gürtler/Kriese, a.a.O.; vgl. auch OLG Nürnberg, a.a.O.). Die Nachvollziehbarkeit des Zustandekommens bedeutet demnach nicht dessen Nachrechenbarkeit und Überprüfbarkeit der Berechnung, sondern insbesondere die schlüssige Erkenntnismöglichkeit, welche Faktoren die ausgewiesene Bewertung beeinflusst haben (OLG Nürnberg, a.a.O.; Heinemann/Wäßle, a.a.O.).

b) Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen.

aa) Dem Auskunftsanspruch des § 34 Abs. 4 BDSG liegt die gesetzgeberische Intention zugrunde, trotz der Schaffung einer größeren Transparenz bei Scoringverfahren Geschäftsgeheimnisse der Auskunfteien, namentlich die sog. Scoreformel, zu schützen. Die Erstellung dieser auch als Scorecard bezeichneten Rechenformel basiert insbesondere auf der Analyse von Datenbeständen durch Ermittlung allgemeiner Korrelationen und Signifikanzen. Die Algorithmen der Scorecard enthalten die relevanten und signifikanten Merkmale aus der Analyse sowie deren Gewichtung und Verhältnis zueinander. Erst in einem nächsten Schritt wird aus dieser Rechenformel mit einer Anzahl von Variablen durch das Einsetzen von personenbezogenen Daten des Betroffenen in die Variablen ein personenbezogener Scorewert errechnet (vgl. zum Ganzen von Lewinski in Wolff/Brink, a.a.O., § 28b BDSG, Rn. 25 f.; Beckhusen, Der Datenumgang innerhalb des Kreditinformationssystems der SCHUFA, S. 220 ff.; insbesondere zur Bildung von Vergleichsgruppen Möller/Florax, MMR 2002, 806, 807). Zu den nach dem gesetzgeberischen Willen als Geschäftsgeheimnis geschützten Inhalten der Scoreformel zählen damit die im ersten Schritt in die Scoreformel eingeflossenen allgemeinen Rechengrößen, wie etwa die herangezogenen statistischen Werte, die Gewichtung einzelner Berechnungselemente bei der Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts und die Bildung etwaiger Vergleichsgruppen als Grundlage der Scorekarten. Das ist angesichts der aufwändigen Entwicklung des Scores, die spezielles Fachwissen voraussetzt, auch nachvollziehbar und folgerichtig. Zudem hängt von dem jeweiligen Verfahren die Aussagekraft der Prognose und damit die Wettbewerbsfähigkeit sowie der Marktwert des Produkts und der Auskunftei selbst ab (vgl. Hoeren, RDV 2007, 93, 94; Taeger, K&R 2008, 513, 516; Abel, DSB 6+7/2008, 8, 14; Koch, MMR 1998, 458, 462).

bb) Dem steht nicht entgegen, dass § 34 BDSG in den Absätzen 2 und 4 im Gegensatz zu dessen Absätzen 1 und 3 keine Ausnahmevorschrift im Hinblick auf Geschäftsgeheimnisse enthält (so aber Schaffland/Wiltfang, a.a.O.; LG Berlin, a.a.O.; Gärtner, a.a.O.). Denn der Gesetzgeber wollte mit der Formulierung des § 34 Abs. 4 BDSG gerade gewährleisten, dass Geschäftsgeheimnisse wie die Scoreformel nicht zu offenbaren sind (so auch Hoeren, VuR 2009, 363, 368). Darauf liefe das von der Klägerin geltend gemachte Auskunftsverlangen aber hinaus.

cc) Die Auskunftsverpflichtung soll vielmehr dazu dienen, dass der Betroffene den in die Bewertung eingeflossenen Lebenssachverhalt erkennen und darauf reagieren kann. Hierzu bedarf es keiner Angaben zu Vergleichsgruppen und zur Gewichtung einzelner Elemente (vgl. LG Wiesbaden, a.a.O., 283 f.). Das gesetzgeberische Ziel eines transparenten Verfahrens wird demgegenüber gerade dadurch erreicht, dass für den Betroffenen ersichtlich ist, welche konkreten Umstände als Berechnungsgrundlage in die Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts eingeflossen sind. Insoweit kann er nachfolgend seinen Standpunkt geltend machen, diesbezügliche Fehler aufdecken und individuelle Besonderheiten erklären. Durch die vom Gesetz geforderte Einzelfallbezogenheit der Auskunft wird deshalb klargestellt, dass nicht die abstrakten Elemente der Scorecard in ihren Details wie Vergleichsgruppen und Gewichtungen, sondern die personenbezogenen Daten des Betroffenen und der Umstand ihres Einflusses auf das konkrete Berechnungsergebnis zu offenbaren sind. Eine Auskunft über die zugrunde liegende Scoreformel und ihre einzelnen Elemente folgt hieraus nicht.

dd) Eine darüber hinausgehende Auskunft würde zudem nicht dazu beitragen, die weitergehende Geltendmachung von Rechten nach § 35 BDSG zu ermöglichen, da sich diese nur auf personenbezogene Daten beziehen. Auf eine Änderung des Scorewerts selbst besteht bei Zugrundelegung zutreffender Ausgangstatsachen ohnehin kein Anspruch (vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2011 – VI ZR 120/10, VersR 2011, 632 Rn. 8 ff.).

ee) Gegen einen aus § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG folgenden Auskunftsanspruch des Betroffenen hinsichtlich der Gewichtung der in das Scoreergebnis eingeflossenen Merkmale spricht außerdem entscheidend, dass der Gesetzgeber die vom Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagene Änderung, eine Auskunftspflicht über die Reihenfolge der Gewichtung der Daten des Betroffenen im Rahmen der Berechnung vorzusehen, nicht umgesetzt, sondern ausdrücklich eine allgemeine Einordnung als ausreichend erachtet hat. Damit hat er sich aber erst recht gegen die konkrete Mitteilung der Gewichtung der einzelnen Merkmale entschieden.

ff) Richtig ist, dass der Betroffene mangels Mitteilung der Vergleichsgruppen die Zuordnung zu diesen Gruppen nicht überprüfen kann (so LG Berlin, a.a.O.; Gärtner, a.a.O.). Diese Einschränkung beruht aber letztlich auf der gesetzgeberischen Intention, einen Ausgleich zwischen Transparenzerfordernissen und dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen herzustellen und deshalb den Betroffenen in erster Linie durch Mitteilung der in die Berechnung eingeflossenen personenbezogenen Daten, nicht aber durch die Offenlegung von Details des Berechnungsverfahrens zu schützen. Für einen darauf gerichteten datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch ist daher kein Raum.

c) Aus der EG-Datenschutzrichtlinie folgt kein weitergehender Auskunftsanspruch. Die ersten beiden Spiegelstriche von Art. 12 Buchst. a EG-Datenschutzrichtlinie sichern dem Betroffenen lediglich Informationen über die Verarbeitung ihn betreffender Daten an sich sowie über Zweckbestimmungen der Verarbeitungen, über Daten bzw. Datenkategorien, die Gegenstand der Verarbeitung sind, über die Datenherkunft und Empfänger bzw. Empfängerkategorien der Daten. Dem Schutz der Privatsphäre soll daher insbesondere durch Auskunft über die Basisdaten des Betroffenen Rechnung getragen werden (vgl. EuGH, EuZW 2009, 546 Rn. 49 f. – Rijkeboer). Ein Recht auf Auskunftserteilung über konkrete Elemente eines Scoringverfahrens enthält die Richtlinie nicht. Im Gegenteil sieht ihr Erwägungsgrund 41 ausdrücklich vor, dass das Auskunftsrecht das Geschäftsgeheimnis nicht berühren und dieser Umstand nur nicht dazu führen darf, dass der betroffenen Person jegliche Auskunft verweigert wird.

Auch aus Art. 12 Buchst. a 3. Spiegelstrich EG-Datenschutzrichtlinie folgt zumindest im vorliegenden Fall nichts anderes. Diese Regelung sieht eine Auskunft über den logischen Aufbau der automatisierten Verarbeitung nur dann zwingend vor, wenn eine automatisierte Einzelentscheidung im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EG-Datenschutzrichtlinie vorliegt. Diese Vorschrift wiederum differenziert zweifelsfrei zwischen der automatisierten Verarbeitung von Daten zum Zweck der Bewertung einzelner Aspekte einer Person wie deren Kreditwürdigkeit einerseits und der aufgrund dieser Verarbeitung erfolgenden Entscheidung andererseits (vgl. zur deutschen Umsetzungsvorschrift des § 6a BDSG BT-Drucks. 14/4329, S. 37; BT-Drucks. 14/5793, S. 65; Wolber, CR 2003, 623, 625). Das Vorliegen einer automatisierten Verarbeitung stellt somit alleine noch keine automatisierte Entscheidung, sondern eine der Entscheidung vorausgehende Datenauswertung dar (ebenso Hoeren, RDV 2007, 93, 98; Wolber, CR 2003, 623, 625 f.; Helfrich, Kreditscoring und Scorewertbildung der SCHUFA, S. 233; Becker, Datenschutzrechtliche Fragen des SCHUFA-Auskunftsverfahrens, S. 484; Beckhusen, a.a.O., S. 264; Giesswein, a.a.O., S. 67; vgl. auch Plath/Kamlah, BDSG, § 6a Rn. 11; Kamlah, MMR 1999, 395, 403). Von einer automatisierten Einzelentscheidung kann im Falle des Scorings nur dann ausgegangen werden, wenn die für die Entscheidung verantwortliche Stelle eine rechtliche Folgen für den Betroffenen nach sich ziehende oder ihn erhebliche beeinträchtigende Entscheidung ausschließlich aufgrund eines Score-Ergebnisses ohne weitere inhaltliche Prüfung trifft, nicht aber, wenn die mittels automatisierter Datenverarbeitung gewonnenen Erkenntnisse lediglich Grundlage für eine von einem Menschen noch zu treffende abschließende Entscheidung sind (vgl. Dammann/Simitis, EG-Datenschutzrichtlinie, Art. 15 Rn. 3; Brühann in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, A 30, Art. 15 Rn. 7 (Stand: Mai 1999); Gounalakis/Mand, CR 1997, 497, 499; zum nationalen Recht BT-Drucks. 16/10529, S. 13; Schaffland/Wiltfang, a.a.O., § 6a Rn. 6 (Stand: Juli 2013); Bergmann/Möhrle/Herb, a.a.O., § 6a BDSG Rn. 6 (Stand: August 2009); Simitis/Scholz, a.a.O., § 6a Rn. 19; Plath/Kamlah, a.a.O. Rn. 12 f.; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 6a Rn. 6; Abel, RDV 2006, 108, 112 f.; ders., DSB 9/2006, 12, 15; Koch, MMR 1998, 458, 459 f.; Franzen, DB 2001, 1867, 1872; Klein, BKR 2003, 488, 489; Weichert, DuD 2006, 399, 402; Mackenthun, WM 2004, 1713, 1716; Beckhusen, a.a.O., S. 266 f.). Das Vorliegen oder auch nur Drohen einer rechtliche Folgen für die Klägerin nach sich ziehenden oder sie erheblich beeinträchtigenden Entscheidung aufgrund der streitgegenständlichen Scorewerte ist im vorliegenden Fall aber nicht festgestellt. Die Frage der Reichweite des Auskunftsanspruchs über den logischen Aufbau der automatisierten Verarbeitung kann daher mangels Vorliegens einer automatisierten Einzelentscheidung dahinstehen.

Entscheidungsanmerkung zu BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13

Der Bundesgerichtshof stellte in seiner Entscheidung vom 28.01.2014 fest, dass der Auskunftsanspruch gegen die Auskunftei SCHUFA gem. § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BDSG sowohl die gespeicherten personenbezogenen Daten als auch diejenigen, die vorliegend in den Wahrscheinlichkeitswert eingeflossenen sind, umfasst[1]. Kein Gegenstand des Auskunftsanspruchs sind hingegen die „allgemeinen Rechengrößen“ der Berechnungsmethode und die „Gewichtung einzelner Berechnungselemente“ ebenso wie Angaben zur Bildung der Vergleichsgruppen[2]. Die Reichweite des Anspruchs aus § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BDSG war bereits zuvor Gegenstand von Gerichtsentscheidungen[3]. Somit fügt sich die Entscheidung dabei in die allgemeine Diskussion hinsichtlich des Datenschutzes und des Schutzes des Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes ein. Der Schutz der Privatsphäre unterliegt dabei einem Wandel, vom bereichsspezifischen Schutz, wie etwa in Art. 13 GG und Art. 10 GG vor staatlichen Eingriffen[4], hin zum Schutz der „Persönlichkeit und ihre[r] Privatheit[5]“. Gegenwärtig finden Beeinträchtigungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nicht mehr durch den Staat, sondern zwischen Privatrechtssubjekten untereinander statt[6].

Auch vorliegend war die Reichweite des Anspruchs aus § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BDSG hinsichtlich der Formel der privaten Auskunftei SCHUFA streitgegenständlich, wobei unbestritten ist, „dass nicht die abstrakte Scoreformel offenbart werden muss[7]“. Streitig allerdings ist, inwiefern konkrete Angaben „der dabei berücksichtigten Datenarten und ihrer Gewichtung[8] “ beauskunftet werden müssen, insbesondere inwieweit „Angaben zur Vergleichsgruppe zu machen[9]“ sind. Der Bundesgerichtshof geht bei seiner Urteilsbegründung auf den Streitstand ein, wobei er sich der restriktiven Ansicht anschließt.

Ausgangspunkt der Argumentation des Bundesgerichtshofes bildet dabei der gesetzgeberische Wille, welcher dem Geschäftsgeheimnis der Auskunfteien in Form der Scoreformel als statistisch-mathematisches Rechenverfahren[10], „ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse zubilligte[11]“. Zur Begründung verweist der Bundesgerichtshof dabei auf die Entstehungsgeschichte, wonach trotz eines derartigen Anratens des Bundesrates, „die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Daten in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung für das im Einzelfall berechnete Ergebnis[12]“ darlegen zu müssen, dies nicht in die Regelung eingeflossen ist. Ferner seien die Auskunftsansprüche zwar aus Gründen der Transparenz sowie aus Gründen der Rechtssicherheit[13] sowohl für den Auskunftbegehrenden als auch für die betroffenen Unternehmen unerlässlich, ferner aber auch notwendig, um „falsche Daten zu korrigieren oder den für ihn errechneten Wahrscheinlichkeitswert zu widerlegen[14]“. Damit bestünden die Auskunftsrechte vielmehr als Vorstufe, welche dann durch die Ausübung der Betroffenenrechten aus § 35 BDSG flankiert würden[15]. Folglich sei ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Scoreformel nicht vielversprechend, da ohnehin kein Löschungs-/Änderungsanspruch nach § 35 BDSG damit korrespondiere[16]. Ferner genüge dies dafür, „dass der Betroffene den in die Bewertung eingeflossenen Lebenssacheverhalt erkennen und darauf reagieren kann[17]“.

Den Ursprung des Streitstands bildet somit die Frage nach dem Schutz des Betriebs-/Geschäftsgeheimnisses, mithin ob der „Auskunftsanspruch der Betroffenen dort zu begrenzen [ist], wo Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenkundig gemacht würden[18]“. Das Betriebs-/und Geschäftsgeheimnis ist verfassungsrechtlich durch die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG geschützt[19]. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird der Begriff definiert als „alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge[20], wonach Betriebsgeheimnisse technische Kenntnisse, das Geschäftsgeheimnis hingegen kaufmännische Erkenntnisse umfasst[21].

Dieses Geheimhaltungsinteresse kollidiert mit dem Auskunftsbegehren des Betroffenen, welches ebenfalls verfassungsrechtlich, als „Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts[22]“ nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, determiniert ist. Fraglich ist nun das Ergebnis der Abwägung von Art. 12 GG mit Art. 2 GG Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG welches als Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die „Befugnis des Einzelnen (…), grds. selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönl. Daten zu bestimmen[23]“, schützt. Bei privaten Auskunfteien handelt es sich um Privatrechtssubjekte, denen gegenüber allerdings auch im Wege der sog. mittelbaren Drittwirkung der Schutz von Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG entgegengehalten werden kann[24]. Somit muss bei der Auslegung des § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BDSG das Allgemeine Persönlichkeitsrecht berücksichtigt werden.

Dabei ist zu beachten, dass die gesetzliche Regelung in § 34 Abs. 1 S. 4 BDSG ausdrücklich eine Einschränkung des Auskunftsanspruchs in Fällen der Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen vorsieht[25]. Diese gesetzliche Vorbewertung in Form des überwiegenden Interesses der Geheimhaltung der Scoreformel ist anzuerkennen, da durch die Scoreverfahren eine „Objektivierung und Beschleunigung der Kreditwürdigkeitsprüfung[26]“ gewährleistet, mithin deren Verwendung für die Kreditwirtschaft unerlässlich ist.

Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob die „abstrakten Elemente (…) in ihren Details wie [etwa] Vergleichsgruppen[27]“ beauskunftet werden müssen. Bei diesen Gruppen handelt es sich um „Mittelwerte, wie sich Personen mit ähnlichen Merkmalen wie der Betroffene in der Vergangenheit verhalten haben[28]

Unter dem Vorbehalt, dass der Betroffene die Aufnahme in den Datenbestand der Auskunfteien nicht zu verantworten hat, ist mit Blick auf das sog. Verursacherprinzip, welches davon ausgeht, dass „Verantwortung die Folge der Verursachereigenschaft ist[29]“, ein Vorrang des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts festzustellen. Ohne Veranlassung seitens des Betroffenen liegt in Fällen der Gruppenbildung ein viel tieferer Eingriff vor. Der in § 3a BDSG normierte Grundsatz der Datensparsamkeit, wonach „die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten begrenzt und ggf. ganz vermieden werden [soll][30]“, läuft dem auch zuwider. Hervorzuheben ist ferner, dass der Betroffene auf die „Vergleichsmerkmale und deren Gewichtung (…) nach Bildung des Scores kaum korrigierend einwirken kann[31]“. Auch das Argument des Bundesgerichtshofes, wonach der Auskunftsanspruch die Möglichkeit geben soll, dass die „Betroffenen den in die Bewertung eingeflossenen Lebenssachverhalt erkennen und darauf reagieren[32]“ können, greift im Rahmen der Vergleichsgruppen gerade nicht, da diese nicht auf vergangenes Verhalten zurückzuführen sind, sondern sich darauf beziehen, „wie sich Personen mit ähnlichen Merkmalen wie der Betroffene in der Vergangenheit verhalten haben[33]“, mithin keine Möglichkeit besteht, der Eingruppierung unter eine Vergleichsgruppe auszuweichen.

Betrachtet man den Fall des Bundesgerichtshofs, so wurde vorliegend zunächst eine falsche Negativauskunft erteilt[34]. Im Gegensatz zu veranlassten Daten ist bei der Gruppenbildung ein erhöhtes Risiko der Unrichtigkeit nicht auszuschließen. Ferner wird ausdrücklich vertreten, dass sich die Auskunftei auf ein „entgegenstehendes Geschäftsgeheimnis (…) dann nicht berufen [kann], wenn die Auskunft unrichtig war[35]“; folglich ein falsches Vorgehen seitens der Auskunfteien zu offenbaren ist.

Ferner ist die Möglichkeit, kreditfinanzierte Verträge abzuschließen, Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Betätigung[36] und Lebensgestaltung des „homo oeconomicus[37]“, was unter die Allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG zu fassen ist, mithin durch einen schlechten Wahrscheinlichkeitswert[38] über das künftige Zahlungsverhalten vereitelt wird.

Zusammenfassend ist im Rahmen der Vergleichsgruppen eine Abwägung zu Gunsten des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorzunehmen. Dabei ist eine Je-desto-Betrachtung als Maßstabsgewinnung zielführend, mithin: Je weniger der Betroffene durch Änderung seines Verhaltens oder durch Geltendmachung der Rechte des § 35 BDSG der Speicherung entgegentreten kann, umso geringer ist das Betriebsgeheimnis der Auskunfteien zu bewerten. Eine Auseinandersetzung mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist der Bundesgerichtshof schuldig geblieben.

Daniel Joos, Tübingen

[1] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 1

[2] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 1.

[3] LG Berlin, Urteil vom 1. November 2011 (6 O 479/10) in WM 2012, 1626 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 30. Oktober 2012 (3 U 2362/11) in ZD 2013, 26 ff.; LG Wiesbaden, Urteil vom 1.12.2011 (8 O 100/11) in ZD 2012, 283, ff.; AG Gießen, Urteil vom 11.10.2012 (47 C 206/12); LG Gießen, Urteil vom 6. März 2013 (1 S 301/12).

[4] Nettesheim, VVDStRL 70 (2011), 7 (21).

[5] Nettesheim, VVDStRL 70 (2011), 7 (19).

[6] Dreier in Dreier GG Kommentar 3. Aufl. 2013 Art. 2 I Rn. 89.

[7] Schmidt-Wudy in Wolff/Brink Datenschutzrecht in Bund und Ländern – Grundlagen – Bereichsspezifischer Datenschutz – BDSG § 34 Rn. 71

[8] Taeger, K&R 2008, 513 (516).

[9] LG Berlin, Urteil vom 1. November 2011 (6 O 479/10) in WM 2012,1626 (1627).

[10] Mackenthun in Taeger/Gabel Kommentar zum BDSG § 28b Rn. 6.

[11] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 7.

[12] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 7 mit Verweis auf: BT-Drucks. 16/10529, S. 28 f.

[13] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 6.

[14] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 7.

[15] Vgl. zum Ganzen: Meents in Taeger/Gabel Kommentar zum BDSG § 34 Rn. 1.

[16] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 14.

[17] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 13.

[18] Taeger, K&R 2008, 513 (517).

[19] Jarass in Jarass/Pieroth GG Kommentar 12. Aufl. 2012 Art. 12 Rn. 10.

[20] BVerfG, 1 BvR 2087-03 vom 14.3.2006, Abs.-Nr. (1–166) Abs. 87.

[21] BVerfG, 1 BvR 2087-03 vom 14.3.2006, Abs.-Nr. (1–166) Abs. 87.

[22] Koch MMR 1998, 458 (462).

[23] Schmidt in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 14. Aufl. 2014 Art. 2 Rn. 45.

[24] Kannengießer in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf GG Kommentar 12. Aufl. 2011 Art. 2 Rn. 67.

[25] Dix in Simitis BDSG § 34 Rn. 25 7. Aufl. 2011; vgl zum Ganzen: Taeger, K&R 2008, 513 (515).

[26] Koch MMR 1998, 458 (458).

[27] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 14.

[28] Möller MMR 2002, 806 (807).

[29] Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht Teil I §1 S. 26, Schriften zum Öffentlichen Recht Band 737.

[30] Gola/Schomerus BDSG Kommentar 11. Aufl. 2012 § 3a Rn. 4.

[31] Möller MMR 2002, 806 (807).

[32] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 13.

[33] Möller MMR 2002, 806 (807).

[34] BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13, S. 3

[35] Gola/Schomerus BDSG Kommentar § 34 Rn. 16a 11. Aufl. München 2012.

[36] Di Fabio in Maunz/Dürig, GG-Kommentar 69. Ergänzungslieferung 2013 Art. 2 Rn. 77.

[37] Brenner in Merten/Papier Handbuch der Grundrechte V 2013, Deutschland Einzelgrundrechte II , § 115 Rn. 17.

[38] Vgl. zu den Scorewerten: Kamlah in Plath Kommentar zum BDSG sowie den Datenschutzbestimmungen von TMG und TKG § 34 Rn. 33.