Abo

Editorial : Die neue Welt des Personalwesen : aus der RDV 3/2018, Seite 125 bis 126

Prof. Peter Gola
Lesezeit 2 Min.

„Arbeiten 4.0“ ist die die Beschäftigten betreffende Ergänzung der Diskussion über die Digitalisierung der Wirtschaft, die in Deutschland vor allem unter der Überschrift „Industrie 4.0“ geführt wird (vgl. BMAS: Weißbuch „Arbeiten 4.0“, 2017). Betrachtet man die fortschreitende Digitalisierung des HR-Managements und die damit sich fortentwickelnden digitalen Möglichkeiten der Mitarbeiterbeobachtung und -steuerung (Krause, BMAS-Forschungsbericht 482 „Digitalisierung und Beschäftigtendatenschutz“, 2016) wird man auch bei dieser Thematik (vgl. Editorial Heft 4/2017) mit sich ständig selbstvermehrenden anglizistischen Begrifflichkeiten konfrontiert. Unabhängig von der im Detail unterschiedlichen Definitionen der Begriffe sollen „Human Resource Intelligence“ bzw. „HR-Analytics-Verfahren“ aus der ständig wachsenden Masse automatisierter Beschäftigtendaten Informationen über den “human capital value“ des Unternehmens bereitstellen und speziell im Bereich „Human Resource Controllings“ die Planung, Bewertung und Steuerung des Personals optimieren. Die Analyseprogramme sollen durch die Auswertung von – ggf. bislang nicht zugänglichen oder nicht genutzten – Datenbasen hierzu hinreichend zuverlässige Erfahrungssätze gewinnen. Der inzwischen fast schon „historische“ Begriff des „Data Warehouses“ und dessen mit dem Begriff des „Dataminings“ bezeichnete Auswertung beschrieben in den vergangenen Jahren die Situation. Seit geraumer Zeit beherrscht der Begriff der „Big Data“ die Diskussion, wobei der Unterschied grundsätzlich darin besteht, dass im „Data Warehouse“ Unternehmensdaten strukturiert gesammelt, geordnet und zur Auswertungen zur Verfügung gestellt werden. Ein Teil des die Beschäftigten betreffenden „Big Data“-Bestandes sind bei der Nutzung der digitalen Kooperationssysteme und innerbetrieblichen „sozialen Netzwerke“ anfallende Aktions- und Interaktionsdaten, die Arbeitnehmer in ihren Beziehungen zueinander, d.h. ihren innerbetrieblichen „sozialen Graphen“ widerspiegeln (vgl. Holler/Wedde, Die vermessene Belegschaft – Mining the Enterprise Social Graph; Hans Böckler-Stiftung, Mitbestimmungspraxis. Nr. 10 (2018)). Ermittelbar ist, wer in der Belegschaft angesehen und einflussreich oder eher peripher ist, und wo sich Gruppen und Clans gebildet haben.

Mehr und mehr werden aus den von den Beschäftigten bereitgestellten oder bei ihrer Arbeit anfallenden Daten mit Hilfe sich mit „künstlicher Intelligenz“ ständig optimierender „Algorithmen“ als wahrscheinlich vermutete „Persönlichkeitsprofile“ und das ggf. zukünftige Verhalten des Beschäftigten „erscort“. So startet ggf. der Bewerbungsprozess mit der Nutzung von vom Arbeitgeber angebotenen Chatbots, d.h. computergesteuerter Dialogsoftware, mit der sich der Bewerber über das Unternehmen und die angebotenen Arbeitsbedingungen unterhält, wobei nachfolgend in Auswertung von vorstrukturierten und in Bild und Ton aufgezeichneten Videobewerberinterviews Bewerberauswahlentscheidungen automatisiert getroffen werden (Gola, RDV 1/2018, 24). Compliancepflichten bedingen internal investigations und mehr oder weniger freiwillige Whisteleblowerpflichten. Bleibt die Frage nach dem Schutz der Betroffenen. Der neue § 26 BDSG kann nicht die Antwort sein.

Prof. Peter Gola

Prof. Peter Gola Mitherausgeber und federführender Schriftleiter der Fachzeitschrift RDV sowie Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V., Bonn