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Bericht : Highlights aus dem Data-Agenda Datenschutz Podcast : aus der RDV 5/2022, Seite 284 bis 286

„Der Bundesgerichtshof muss die vorrangige Zuständigkeit des EuGH beachten.“

Lesezeit 1 Min.

Data Agenda Datenschutz Podcast 6 mit Dr. Peter Allgayer, Richter am Bundesgerichtshof.

Datenschutzrecht beschäftigt zunehmend nationale Zivilgerichte bis hin zum Bundesgerichtshof. Dort geht es vor allem auch um die Reichweite der DS-GVO in Abgrenzung zum nationalen Recht. Dr. Peter Allgayer, Richter am zuständigen VI. Zivilsenat des BGH hat in RDV 5/2021[1]über aktuelle Entwicklungen zum Datenschutzrecht am BGH berichtet. Ab 2023 wird der Bundesrichter regelmäßig in Heft 1 der RDV über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Datenschutzrecht schreiben.

Begleitend dazu hat Peter Allgayer im Data Agenda Datenschutzpodcast 6 mit RDV-Herausgeber Rolf Schwartmann ein Gespräch über das Datenschutzrecht in der Rechtsprechung des BGH geführt. Ab 2023 ist ein Data Agenda Podcast ist jeweils in der zweiten Jahreshälfte ein Podcast mit Dr. Allgayer geplant. In diesem Experten-Talk diskutiert Professor Schwartmann regelmäßig mit Gästen aus Wirtschaft, Politik, Justiz oder Verwaltung.

Im Podcast 6[2] warf Allgayer einen Blick auf die Geschäftsverteilung des BGH, in dessen Zuständigkeit auch zivilrechtliche Ansprüche aus der DS-GVO fallen. Umfasst sind etwa Auskünfte eines Versicherungsnehmers gegen seine Versicherung[3] oder solche gegenüber einem Suchmaschinenbetreiber[4] oder die mittlerweile beim dem EuGH vorgelegten Schadensersatzansprüche nach Art. 82 DS-GVO.[5] Jenseits dieser originär datenschutzrechtlichen Ansprüche befasse den BGH aber auch die Frage, ob Vorschriften der DS-GVO zivilrechtliche Ansprüche ausschließen oder modifizieren. Das sei in der Grundlagenentscheidung zum digitalen Erbe thematisiert worden, die anlässlich eines geltend gemachten Anspruchs von Erben auf Zugang zu dem Benutzerkonto eines sozialen Netzwerks und der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte erging.[6] DS-GVO-Fragen dürften künftig auch in kartellrechtlichen Verfahren eine Rolle spielen.[7] Hier sieht er mögliche Aufgaben auf den Kartellsenat mit Blick auf § 19 a GWB zukommen.

Die BGH-Richter beschäftigt aber auch das Alltagsgeschäft der Datenschutzpraxis, vor allem mit Blick auf Schadenersatzansprüche nach Art. 82 DS-GVO. Die Breite der diskutieren Themen ist hier denkbar groß. Von der Frage des Rechtsmissbrauchs, über die Geringfügigkeitsgrenze bis hin zu der Frage nach Bemessungskriterien kommt mit sehr unterschiedlichen Ansätzen gegenwärtig vieles auf den Prüfstand. Allgayer sortiert das am Beispiel des Kammerbeschlusses des BVerfG zur Entscheidung des AG Goslar ein, bei der es um die Frage ging, ob eine fehlgeleitete Werbemail mit Zweifeln an deren Einwilligung einen Anspruch auf Schadensersatz bis zu 500 € auslösen kann.[8] Die Aufhebung und Zurückweisung an das Amtsgericht ist für ihn nicht überraschend und rechtlich richtig. Die Entscheidung will er aber dennoch nicht überbewertet wissen. Künftig werde es häufig um Fragen gehen, die von den nationalen Gerichten nicht ohne vorherige Vorlage an den EuGH entschieden werden können. Jedes oberste deutsche Fachgericht als „Sandwichgericht“ zwischen EuGH, EGMR und BVerfG müsse seine europarechtlich determinierte Zuständigkeit als gesetzlicher Richter achten.

(Lucia Burkhardt, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht)

[1] Allgayer Die Datenschutzgrundverordnung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, RDV 2021, 243 ff.

[2] Abrufbar unter: https://dataagenda.de/folge-6-von-der-risikoorientierung-bis-zu-einem-rechtsrahmen-fuer-kuenstliche-intelligenz-datenschutz-in-europa-zukunftsoffengestalten/

[3]BGH, Urteil vom 15.06.2021 – ZR VI 576/19.

[4] BGH, Urteil v. 03.05.2022 – VI ZR 832/20.

[5] BGH, Urteil v. 22.02.2022 – VI ZR 1175/20.

[6] BGH, Urteil vom 12.07.2018 – III ZR 183/17.

[7] Dazu Data Agenda Podcast 4 mit Jürgen Kühling, Drei Jahre DS-GVO – Licht und Schatten, abrufbar unter: https://dataagenda.de/dreijahre-ds-gvo-licht-und-schatten/.

[8] BVerfG, Beschl. v. 14.01.2021 – 1 BvR 2853/19.