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Editorial : Koalitionsvertrag mit realistischen Ankündigungen? : aus der RDV 6/2021 Seite 303

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Im Koalitionsvertrag werden SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz zur Rechtsklarheit für Arbeitgeber und Beschäftigte angekündigt. Wieder einmal. Eine solche Ankündigung gab schon in den Koalitionsvereinbarungen seit den 80er Jahren. Diese wurden jedoch nie umgesetzt. Das BAG hat in seiner unter betrieblichen Datenschützern legendären Entscheidung vom 11.11.1997 auf die Notwendigkeit eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes zur Regelung der Kontrolle des Betriebsrates hingewiesen, um Kontrolllücken im Unternehmen zu verhindern. Diese Kontrolllücke ist nach 24 Jahren durch § 79a BetrVG gesetzlich geschlossen werden. Er unterstellt durch eine Erweiterung der Verschwiegenheitsverpflichtung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten dessen Kontrollrecht bei der Mitarbeitervertretung. Damit ist aber ein entscheidender Handlungsdruck für ein eigenes Beschäftigtendatenschutz genommen. Es bleiben die umstrittenen Themen wie das Zusammenwirken von Complianceanforderungen und Beschäftigtendatenschutz oder der Einsatz von KI im Beschäftigungsverhältnis. Ob diese tatsächlich auch zu einer gesetzgeberischen Detaillösung geführt werden kann, bleibt angesichts der diametralen Positionen von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften sehr zweifelhaft.

Die Koalitionäre setzen sich auch für eine bessere Kohärenz des Datenschutzes ein. Dazu soll die europäische Zusammenarbeit verbessert und der Datenschutzkonferenz im Bundesdatenschutzgesetz rechtlich verbindliche Beschlüsse ermöglicht werden. Die Kohärenz ist in der Auslegung des Datenschutzrechts für eine rechtssichere und verbindliche Datenschutzpraxis ein wichtiges Anliegen für die Datenschutzpraxis. Unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe der Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder sollten künftig vermieden werden. Dazu kann die geplante rechtliche Verbindlichkeit der Beschlüsse der Datenschutzkonferenz einen Beitrag leisten. Gleichzeitig ist die verbesserte Kohärenz auf deutscher Seite auch bedeutsam für die Zusammenarbeit der Aussichtsbehörden im Europäischen Datenschutzausschuss. Positiv bewertet werden kann, was nicht Gegenstand einer Ankündigung im Koalitionsvertrag ist. Das bewährte Instrument der betrieblichen Selbstkontrolle durch betriebliche Datenschutzbeauftragte steht nicht im Zusammenhang mit einem Bürokratieabbau. Hierzu besteht auch keine Veranlassung. So führt der Evaluationsbericht des Bundesinnenministeriums zu dem Ergebnis, dass Datenschutzbeauftragte eine wichtige Rolle als Ansprechpartner für Aufsichtsbehörden und bei der wirksamen operativen Umsetzung des Datenschutzrechts übernehmen. Eine weitere Anhebung der Bestellungspflichtgrenze könne zu Problemen und Umsetzungsdefiziten bei Vereinen und kleineren und mittleren Unternehmen führen, während der Entlastungseffekt vielfach nicht wahrgenommen werde. Dem ist nur zuzustimmen.

RA Andreas Jaspers
Rechtsanwalt Andreas Jaspers ist
Geschäftsführer der Gesellschaft
für Datenschutz und Datensicherheit
e.V. (GDD).