Kundenservice Veranstaltungen: 02234-9894940
Kundenservice Bücher: 089-21837921
Aboservice Zeitschriften: 089-21837110

Adressdaten ohne Einwilligung: Kaufvertrag insgesamt nichtig

Das OLG erklärt den Verkauf von Adressdaten wegen fehlender Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für unwirksam und weist Ansprüche trotz vertragswidriger Nutzung durch Dritte für anstößige Werbe-E-Mails zurück.

Die Klägerin handelt mit Adressdaten. Sie nimmt den beklagten Insolvenzverwalter der vormals ebenfalls mit Adressdaten handelnden Schuldnerin auf Schadensersatz und Unterlassen in Anspruch. Der Geschäftsführer der Klägerin war zuvor Geschäftsführer der Schuldnerin. Er hatte am Tag der Insolvenzeröffnung vom Beklagten verschiedene Internet-Domains einschließlich der über diese generierten Adressen für 15.000 € gekauft. Die Daten befanden sich ursprünglich auf zwei Servern der Schuldnerin und wurden auf einem USB-Stick übergeben. Die Server selbst, auf denen die Daten weiterhin rekonstruierbar lagen, wurden vom Beklagten an eine ebenfalls mit Adressen handelnde dritte Firma verkauft. Diese nutzte nach dem Vortrag der Klägerin rund eine Million Adressen, um Werbe-E-Mails für die Internetseite sexpage.de zu versenden.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte vor dem OLG Erfolg. Der Klägerin, so das OLG, stünden keinerlei vertragliche Ansprüche zu. Der Kaufvertrag sei vielmehr insgesamt nichtig, da die Adressinhaber in den Verkauf ihrer Daten nicht wirksam eingewilligt hätten. Der Vertrag verstoße gegen die Vorgaben des BDSG. Die Nutzung sogenannter personenbezogener Daten sei nur zulässig, wenn der Betroffene einwillige oder das so genannte Listenprivileg eingreife. „Name, Postanschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse einer Person“ stellten „klassische“ personenbezogene Daten dar. Auch der einmalige Verkauf derartiger Daten - wie hier - unterfalle dem Adresshandel im Sinne von § 28 Abs. 3 S. 1 BDSG dar. Das so genannte Listenprivileg nach § 28 Abs. 3 S. 2 BDSG greife nicht, da es sich nicht um „zusammengefasste Daten von Angehörigen einer bestimmten Personengruppe“ handele.

Eine Einwilligung nach dem BDSG sei, betont das OLG, „nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht, der auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie (...) auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung“ hingewiesen wird. Sie müsse grundsätzlich schriftlich abgegeben werden. Außerdem sei sie „besonders hervorzuheben“, wenn sie - wie hier - zusammen mit anderen Erklärungen erteilt werde. Nach dem von der Klägerin selbst vorgetragenen Wortlaut der Einwilligungserklärung seien jedoch weder die betroffenen Daten noch Kategorien etwaiger Datenempfänger oder der Nutzungszweck - Adresshandel - konkret genug bezeichnet worden. Es fehle zudem die erforderliche Hervorhebung.

Der Vertrag verpflichte die Parteien darüber hinaus „systematisch“ zu einem unlauteren wettbewerbswidrigen Verhalten, so dass auch deshalb von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen sei. Die Zusendung von Werbe-E-Mails ohne Einwilligung stelle eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig; die Klägerin kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.
 
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 24.01.2018, Az. 13 U 165/16