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LfD BW kritisiert geplante Ausweitung der Videoüberwachung

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 BDSG-E sollen nicht-öffentliche Stellen Videomaterial verarbeiten dürfen, wenn es zum Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen erforderlich ist, die sich in öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen oder Einrichtungen und Fahrzeugen des öffentlichen Personenverkehrs aufhalten. Die Vorschrift ist vor dem Hintergrund einer terroristischen Bedrohungslage entstanden, die nicht hinwegdiskutiert werden soll. Es stellt sich jedoch die Frage nach der Geeignetheit der Videoüberwachung zur Gefahrenabwehr, da terroristische Akteure regelmäßig die Öffentlichkeit suchen und sie nicht meiden.

Den jüngsten Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt haben auch die Sicherheitsbehörden zum Anlass genommen, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Ob die von Bundesinnenminister de Maizière jetzt mit Nachdruck geforderte Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum hierfür allerdings ein geeignetes Mittel ist, wird jedoch von den Datenschutz-Aufsichtsbehörden bezweifelt. So kritisiert der Landesbeauftragte für den Datenschutz Baden-Württemberg, Dr. Stefan Brink,  "dass die Gleichung ‚mehr Videoüberwachung führt zu mehr Sicherheit‘ aus verschiedenen Gründen nicht aufgeht".

Ein merklicher Sicherheitsgewinn lasse sich allenfalls durch sogenanntes Monitoring, also durch eingriffsbereite Videoüberwachung erzielen, bei der eine ständige Auswertung der Videobilder erfolgt und unmittelbar in erkannte Gefahrenlagen eingegriffen werden kann. Mit dem Aufstellen von Videokameras alleine lassen sich zwar Erfolge bei der Aufklärung und gewisse Abschreckungseffekte erzielen. Zu einer Verhinderung von Gefahrenlagen und Straftaten führt dies allerdings nicht, gerade auch nicht bei terroristisch motivierter Kriminalität“, so Brink weiter. Wegen des ganz erheblichen Personalaufwands für das Monitoring nähmen selbst die Sicherheitsbehörden in der Praxis regelmäßig Abstand von dieser Überwachungsmethode. Auch Private würden diesen Aufwand wohl kaum betreiben. Damit reduziere sich jedoch der behauptete Sicherheitsgewinn des Kameraeinsatzes ganz erheblich. Durch das bloße Aufstellen von Kameras, die lediglich „unbesehen“ aufzeichneten, würden zwar enorme Mengen an Überwachungsdaten produziert, diese jedoch seltenst ausgewertet.

Ähnlich kritisch äußerte sich unlängst Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch, hessischer Datenschutzbeauftragter zum Ausbau der Videoüberwachung. "Die meisten Terroranschläge werden durch Videos nur dokumentiert, aber nicht verhindert", so Prof. Ronellenfitsch. Die Aufzeichnung von Anschlägen habe sogar noch einen negativen Effekt: „Wenn das dann in den Nachrichten gebracht wird, dann wird das auch noch für Reklamezwecke von den Terroristen verwendet“, gab Ronellenfitsch zu bedenken.  Das sei staatlich finanziertes Propagandamaterial für Terroristen.

 

(Foto: © Alexander Kataytsev/Fotolia.com)